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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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erdrosselt. Frauen wurden zusammen mit ein paar schweren Steinen in Säcke geschnürt und in den Bosporus geworfen.«
    Das hatte nie seine Wirkung verfehlt.
    Sie sah mich groß an. »Was stimmt davon, Arthur?«
    »Jedes Wort.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Das sind historische Tatsachen, Miss Lipp.« Ich nahm einen neuen Anlauf. »Einer der Sultane bekam sogar einmal seinen ganzen Harem über und ließ alle Damen in den Bosporus werfen. Kurz danach sank ein Schiff bei der Serailspitze, und man schickte einen Taucher hinunter. Was er dort sah, brachte ihn beinahe um den Verstand. Alle diese beschwerten Säcke standen in einer Reihe auf dem Meeresgrund und schwankten in der Strömung hin und her.«
    »Welcher Sultan war das?«
    Ich dachte, ich könnte ruhig über den Daumen peilen.
    »Murad II.«
    »Es war Sultan Ibrahim«, sagte sie. »Nichts für ungut, Arthur, aber ich glaube, wir nehmen uns lieber einen Führer.«
    »Wie Sie wünschen, Miss Lipp.«
    Ich tat, als fände ich diesen Gedanken auch sehr gut, aber ich war ehrlich wütend. Wenn sie mich offen gefragt hätte, ob ich ein Geschichtsexperte sei, hätte ich ganz ehrlich nein gesagt. Die hinterhältige Art, in der sie mir ihre Falle gestellt hatte, mochte ich nicht.
    Wir gingen durch das Tor; ich bezahlte für uns beide und suchte einen englischsprechenden Führer aus. Er war ein trockener Pedant und setzte ihr alles noch einmal auseinander, was ich ihr bereits erklärt hatte; aber das schien ihr nichts auszumachen. Sie bombardierte ihn mit Fragen, daß man hätte glauben können, sie wolle ein Buch darüber schreiben. Das schmeichelte ihm natürlich. Er grinste wie ein Affe.
    Mich persönlich deprimiert das Serail. Die Bauwerke Griechenlands wirken immer irgendwie sauber, auch wenn es sich um Ruinen handelt, an denen nichts restauriert wurde. Das Serail ist schmutzig, schmierig und heruntergekommen. Selbst die Bäume und Büsche in den größeren Höfen sind vernachlässigt, und der sogenannte Tulpengarten ist nur ein struppiges Stückchen Dreck.
    Aber Miss Lipps Begeisterung nach hätten wir in Versailles sein können. Sie ließ nichts aus, besichtigte die Küchen, die Räume des Museums, die Sattelausstellung, diesen Kiosk, jenen Pavillon, lachte über die abgedroschensten Witze, die der Führer riß, und wanderte unermüdlich über das holprige Pflaster. Wenn ich gewußt hätte, was in ihrem Kopf vorging, wäre es natürlich etwas anderes gewesen; aber so langweilte ich mich. Schließlich verzichtete ich darauf, überallhin mitzutrotten.
    Ich freute mich schon auf eine Ruhepause beim Brunnentor, während sie die Textilausstellung vornahmen. Aber sie rief mich herüber.
    »Wie lange brauchen wir von hier zum Flughafen?«
    Ich war so überrascht, daß ich sie wohl etwas blöde angestarrt habe. »Zum Flughafen?«
    Sie setzte ein Himmel-hilf-Gesicht auf. »Ja, Arthur, zum Flughafen. Wo die Flugzeuge landen. Wie lange brauchen wir?«
    Der Führer, der nicht gefragt worden war, sagte: »Vierzig Minuten, Madame. «
    »Rechnen Sie lieber fünfundvierzig, Miss Lipp«, sagte ich und ignorierte ihn.
    Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Die Maschine landet um vier«, sagte sie. »Wir treffen uns in einer Stunde am Wagen, einverstanden?«
    »Wie Sie wünschen, Miss Lipp. Holen wir jemanden am Flughafen ab?«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Wenn ich die Fluggesellschaft und Flugnummer wüßte, könnte ich in Erfahrung bringen, ob das Flugzeug pünktlich eintrifft.«
    »Das könnten Sie tun, Arthur. Daran dachte ich nicht. Es ist eine Maschine der Air France aus Genf.« Sie lächelte mich wieder an wie die liebe Sonne, diese Hexe.
    Bei der Blauen Moschee war ein Restaurant, und als ich etwas zu essen bestellt hatte, rief ich Tufan an.
    Er hörte sich meinen Bericht ohne Kommentar an. »Sehr gut«, sagte er dann, »ich werde veranlassen, daß die Pässe der Passagiere aus Genf besonders notiert werden. Ist das alles?«
    »Nein.« Ich berichtete ihm von meiner Theorie über das Rauschgiftunternehmen, aber er unterbrach mich sofort.
    »Haben Sie Tatsachen?«
    »Es stimmt mit dem überein, was wir wissen.«
    »Jeder kann die Informationen, die wir haben, auszuwerten versuchen. Ich bin an Informationen, die wir nicht haben, interessiert. Ihre Aufgabe ist es, sie herbeizuschaffen. An etwas anderes sollten Sie überhaupt nicht denken.«
    »Trotzdem …«
    »Sie verschwenden Ihre Zeit, Simpson. Berichten Sie telefonisch oder wie verabredet, und vergessen Sie nicht Ihre

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