Topkapi
wer der wirkliche Hausherr war. Fischer erntete von dem ankommenden Gast nur ein kurzes Begrüßungsnicken. Harper bekam ein Lächeln und ein »Ah, mein lieber Karl«. Sie schüttelten sich mit einer geschäftsmäßigen Herzlichkeit die Hände, und dann zogen sich Harper, Miller und Miss Lipp ins Haus zurück. Fischer mußte Hamul sagen, wohin Millers Gepäck geschafft werden sollte, und mir mußte er zeigen, wohin der Wagen sollte und wo ich schlief.
Hinter der Villa war ein von einer Mauer umzäunter Pferdestall. Ein Teil des Stalles war in eine Garage umgewandelt worden, in der zwei Wagen Platz hatten. Die Garage stand leer bis auf eine Lambretta.
»Die Lambretta gehört dem Koch«, sagte Fischer; »passen Sie auf, daß er aus dem Wagen kein Benzin stiehlt.«
Ich folgte ihm über den Hof zum Hintereingang der Villa.
Im Inneren konnte ich nur einen kurzen Blick auf das glänzende Parkett eines Korridors werfen, ehe er mich über eine enge Treppe hinauf in den obersten Stock führte. Der Dachboden war aufgeteilt in sechs kleine Verschläge mit rohen Bretterböden, Zwischenwänden aus rohen Brettern und einem einzigen Oberlicht im Dach für alle sechs. Die sanitären Anlagen beständen aus einem irdenen Becken mit einem in die Wand eingelassenen Wasserhahn neben der Treppe. Es war drückend heiß unter dem niederen Dach, und alles war voller Staub und Spinnweben. Zwei der Verschläge sahen aus, als seien sie vor nicht allzu langer Zeit gefegt worden. In beiden stand eine eiserne Bettstelle mit einer Matratze und grauen Decken, und in einem noch ein zerbeulter Lederkoffer. Fischer führte mich in den anderen.
»Hier werden Sie schlafen«, sagte er. »Der Koch schläft nebenan. Sie werden mit ihm zusammen in der Küche essen.«
»Wo ist die Toilette?«
»In den Ställen hinter dem Hof gibt es ein Pissoir.«
»Und das Bad?«
Er deutete auf das Becken. Er ließ sich sein Vergnügen etwas zu sehr anmerken. Ich vermutete, daß diese prächtige Idee von ihm stammte und daß Harper wahrscheinlich nichts davon wußte. Ohne ein abgeschlossenes Zimmer, wenigstens nachts, konnte ich weder das Radio benützen noch einen Bericht schreiben.
Ich hatte meine Tasche auf den Boden gestellt, weil mir der Arm weh tat. Jetzt nahm ich sie wieder hoch und ging zur Treppe.
»Wohin gehen Sie?«
»Hier werde ich nicht schlafen.«
»Und warum nicht? Wenn es für den Koch gut genug ist, ist es auch für den Chauffeur gut genug. Was haben Sie erwartet – die königliche Suite?«
»Ich kann mir immer noch ein Hotelzimmer in Sariyer nehmen – oder Sie sich einen anderen Chauffeur.«
Ich hatte das Gefühl, daß ich das ruhig sagen konnte. Wenn er merkte, daß ich bluffte, konnte ich immer noch einen Rückzieher machen; aber es kam mir eher so vor, daß er bluffte. Schon allein die Tatsache, daß er sich mit mir auf eine Diskussion einließ, war ein Zeichen von Schwäche.
Er funkelte mich einen Augenblick an, dann ging er zur Treppe.
»Fahren Sie den Wagen in die Garage«, sagte er. »Wir werden später entscheiden, was mit Ihnen zu geschehen hat.«
Ich ging hinter ihm die Treppen hinunter. Am Fuß der Treppe wandte er sich nach links ins Haus. Ich ging auf den Hof, ließ meine Tasche in der Garage und ging zum Wagen zurück. Nachher ging ich ins Haus und machte mich auf die Suche nach der Küche.
Der Korridor, den ich vom Hintereingang aus gesehen hatte, erstreckte sich über die ganze Länge des Hauses. Eine Treppe führte zu dem Stockwerk mit den Schlafzimmern, auf der rechten Korridorseite waren mehrere Türen, durch die das Personal wahrscheinlich die verschiedenen Empfangsräume vorn erreichen konnte. Ein starker Knoblauchgeruch lag in der Luft. Ich ging dem Geruch nach.
Die Küche war ein großer Raum mit Steinfußboden. An der rückwärtigen Wand stand ein alter Kohlenherd, über dem drei altersschwarze Rauchfänge hingen, und in der Mitte stand ein schwerer Holztisch mit Bänken. Der Tisch war über und über bedeckt mit Küchenabfallen und Flaschen, und die Oberfläche war völlig zerhauen von jahrelangem Gebrauch als Hackstock. Leere Fleischerhaken hingen von den Deckenbalken. Auf einem Bock stand ein Faß und daneben ein nicht sehr vertrauenerweckender Kühlschrank aus Zinkblech. Ein Durchgang an der Seite gab den Blick auf eine Art Spülküche frei. Ein kleiner Mann in einem schmutzigen blauen Baumwollkittel stand am Herd und rührte in einem eisernen Topf herum. Das war Geven, der Koch. Als ich hereinkam, blickte
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