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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Maulwurfsmenschen begegnet, aber es gab Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Tunneln, die ich noch nicht erkundet hatte, und ich hatte es auch nicht vor. Für mich gab es nur ein Ziel, wenn ich in diese finstere, gruselige Welt eintauchte: an der Mauer vorbei und so schnell wie möglich wieder ans Tageslicht zu kommen.
    Zum Glück kannte ich diesen Tunnelabschnitt gut, und nicht überall war es stockfinster. Durch einige Gitter und Abflüsse sickerte Sonnenlicht herein, kleine, bunte Streifen in einer ansonsten grauen Welt. Es gab auch Stellen, an denen ich ohne das Feuerzeug nicht weiterkam, aber ich kannte sie inzwischen und wusste, wo ich langgehen musste, also war das nicht weiter schlimm.
    Schließlich quetschte ich mich wieder durch eine Betonröhre und landete in einem weiteren von Unkraut überwucherten Graben, wobei ich fast auf dem Bauch kriechen musste, um aus dem Rohr herauszukommen. Manchmal hatte es eben auch Vorteile, so extrem dünn zu sein. Nachdem ich mir das eklige, lauwarme Wasser aus den Klamotten gewrungen hatte, stand ich auf und sah mich um.
    Hinter einigen eingestürzten Dächern konnte ich jenseits der kahlen Todeszone die Äußere Mauer erkennen. In all ihrer finsteren, tödlichen Pracht ragte sie in der Ferne auf. Aus irgendeinem Grund sah sie von dieser Seite aus immer merkwürdig aus. Die Sonne stand nun zwischen den Türmen der Inneren Stadt und ließ ihre verspiegelten Fassaden funkeln. Mir blieben immer noch ein paar Stunden für die Jagd, aber ich würde mich ranhalten müssen.
    Vor mir lagen die ehemaligen Vororte wie ein grünlich-grauer Teppich, im weichen Licht des Nachmittags schienen sie regelrecht auf mich zu warten. Ich kletterte aus dem Graben und tauchte in die Überreste einer vergangenen Zivilisation ein.
    Die Ruinen auszuplündern war nicht einfach. Angeblich gab es früher einmal riesige Läden, in denen sich massenweise Lebensmittel stapelten, dazu Kleidung und jede Menge andere Dinge. Sie waren gigantisch und an ihren weitläufigen Parkplätzen auch leicht zu erkennen. Aber es lohnte sich nicht, nach ihnen Ausschau zu halten, denn sie waren als Erstes ausgeräumt worden, als alles den Bach runterging. Heute, fast sechzig Jahre nach der Epidemie gab es dort nur noch eingestürzte Wände und leere Regale. Dasselbe galt für kleine Lebensmittelläden und Tankstellen. Nichts mehr übrig. Ich hatte früher viele Stunden darauf verschwendet, diese Gebäude zu durchsuchen, war aber jedes Mal mit leeren Händen zurückgekehrt, sodass ich mir die Mühe inzwischen sparte.
    Aber die normalen Wohnviertel, die verfallenen Häuser, die sich entlang der löchrigen Straßen aufreihten, das war eine andere Sache. Denn wie ich schon früh gelernt habe, zeigt die Menschheit einen sehr interessanten Charakterzug: Wir horten gerne. Nennt es hamstern, nennt es Paranoia, nennt es Vorbereitung für den schlimmsten aller Fälle – es war ziemlich wahrscheinlich, dass in den Kellern und Schränken dieser Häuser noch Einiges an Lebensmitteln verborgen war. Man musste nur herausfinden, wo.
    Vorsichtig schlich ich über die quietschenden Dielen meines fünften oder sechsten Hoffnungsträgers: ein zweistöckiges Haus mit einem verbogenen Drahtzaun, dessen Fenster schon lange kaputt waren und dessen Veranda und Fassade fast völlig von Efeu und anderen Ranken verschlungen wurden. Das Dach und ein Teil des Obergeschosses waren eingestürzt, sodass bleiche Sonnenstrahlen zwischen den modrigen Stützbalken tanzten. Schimmel, Staub und Pflanzenduft lagen in der Luft. Das Haus schien regelrecht den Atem anzuhalten, als ich eintrat.
    Zuerst suchte ich in der Küche, wühlte in den Schränken, zog Schubladen auf und überprüfte sogar den uralten Kühlschrank in der Ecke. Nichts. Nichts außer ein paar verrosteten Gabeln, einer leeren Konservendose und einem angeschlagenen Becher. Das kannte ich alles schon. Im ersten Schlafzimmer waren die Schränke völlig leer, die Kommode war umgestürzt und ein großer, ovaler Spiegel lag zerbrochen auf dem Boden. Kissen und Laken waren vom Bett gerissen worden und auf einer Seite der Matratze war ein verdächtig aussehender dunkler Fleck zurückgeblieben. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, was das sein konnte. Über so etwas macht man sich besser keine Gedanken. Man geht einfach weiter.
    Im zweiten Schlafzimmer, das nicht ganz so stark verwüstet war wie das erste, stand eine alte, mit dicken Spinnweben überzogene Wiege. Um ja nicht hinzusehen, schlich

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