Tore der Zeit: Roman (German Edition)
wieder vergessen. Im Brustharnisch des Dämonenkönigs klaffte ein kraterförmiges Loch. Blut sprudelte über den scharfkantigen Rand – hellrotes, scheinbar menschliches Blut. Es sickerte rund um Beliars Knie auf den Boden und bildete eine Lache.
»Für Cezlav.« Vadym stand auf der Tribüne. Sein rechter Arm war ausgestreckt wie bei einem Duell, doch der Revolver zitterte unkontrolliert. Tränen glitzerten in seinen Augen.
»Das war für meinen Freund Cezlav«, stieß er hervor.
Lucian packte ihn am Handgelenk und drückte den Revolver zur Seite, sodass sie nicht länger in Ravennas Richtung zielte. »Es reicht«, stieß er hervor. Er war sichtlich geschockt. »Es reicht jetzt, Vadym. Es ist vorbei.«
Die Knie des russischen Magiers gaben nach. Er sackte auf die Zuschauerbank, vergrub das Gesicht in den Händen und fing an zu schluchzen.
Der schwarze Ritter rammte das Visier nach oben. Der Kameramann stöhnte auf, als er unter dem Helm den Showmaster erkannte.
»Du warst meine Lieblingskandidatin.« Beim Sprechen rann Beliar Blut aus den Mundwinkeln und sickerte in die metallene Halskrause. »Nie um eine Antwort verlegen. Immer auf Zack, auch wenn du mal nicht mehr weiterwusstest. Gerade das mochte ich an dir: Du bist eine Kämpferin, Ravenna. Und trotzdem hast du verloren.«
Vanessa schnaufte empört. »Sie geben also zu, dass das WizzQuizz manipuliert war?«
Beliars Grinsen wurde breiter. »Ich rede hier nicht vom Geld«, fuhr er fort. »Mit keiner Summe der Welt könnte man zurückkaufen, was ihr beide aufgegeben habt, du und dein Ritter. Eure Freunde. Eure Zugehörigkeit zur magischen Gemeinschaft der Sieben. Wie könnte ich je eure Gesichter vergessen, als Norani und Ramon den Montmago verließen! Das war …« Ein blutiger Hustenanfall unterbrach die Rede. Beliars Keuchen ging in hysterisches Lachen über. »Das war fantastisch! Allein dieser Anblick war die ganze Sache wert. Die Sieben sind geschlagen.«
Finster schritt Lucian den Mittelgang hinunter, fast so wie damals, als Cezlav ihn als Freiwilligen aufrief. Mit einer Drehung aus dem Handgelenk schwang er Cor empor.
»Nein«, sagte Ravenna schnell. »Tu das nicht. Es muss anders gehen.«
»Es ist aus!«, brüllte Beliar. »Vor mehr als siebenhundert Jahren existierte der letzte Hexenzirkel. Euch beiden verdanken die Sieben das Ende ihres Konvents! Euch beiden und einer weißen Feder. Seitdem hat sich alles verändert. Die Gesetze der Magie gelten nicht mehr, das alte Wissen ist in Vergessenheit geraten. Habt ihr das Chaos auf den Straßen nicht gesehen? Die Menge draußen vor dem Sendehaus will mich verfluchen. Soll sie! Der Fluch wird dreifach auf sie zurückfallen.«
»Schluss jetzt!«
Ravenna trat einen Schritt auf ihn zu und hob die Arme, die Handflächen nach vorn gerichtet. Sie brauchte keinen Bildschirm und keine Live-Übertragung, um zu spüren, dass draußen auf dem Boulevard Tausende von Magiern und Hexen ihre Geste nachahmten. Auf diesen Augenblick hatten die Menschen gewartet.
»Beliar Le Malin, einst Marquis vom Hœnkungsberg, heute Erfinder der größten Zauberershow der Welt, ich …« Banne dich, hatte sie sagen wollen. Sie kam nicht mehr dazu. Mit einer torkeligen Bewegung kam ihr Gegner auf die Füße.
Lucian stieß sie zur Seite und holte aus. Doch Beliar war schneller. Er taumelte an dem jungen Ritter vorbei und griff nach dem Flammenschwert, das kokelnd unter der Tribüne lag. Er packte es, richtete die gezackte Klinge gegen sich selbst und rammte sie beidhändig durch das Loch in seiner Brust.
Ravenna schrie auf. Rauch quoll aus den Ritzen der Rüstung. Beliars Augen schlossen sich, und ein feierlicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
»Edle Damen und Herren«, raunte er. » Das Spiel ist vorbei. Die Lichter gehen aus. Aber nur bis zum nächsten Duell. Denn solange noch ein Funken Magie in der Welt ist, wird die Jagd weitergehen.«
Er senkte den Kopf. Ein leuchtend schwarzes Licht umgab ihn, ging über in ein Funkeln. Langsam verblasste das Leuchten, und mit ihm verschwand Beliar. Zurück blieben verbrannte Fußspuren und eine Blutlache auf dem Boden.
Ravenna hatte total weiche Knie. Benommen ging sie zur Zuschauertribüne und setzte sich neben Vadym. Der Gestank von verschmortem Plastik verpestete die Luft. Sie hatte Kopfschmerzen.
»Hier. Trink das. Dann wird es besser.« Lucian hatte Wasser geholt. Er gab ihr einen Becher und reichte Vadym den zweiten.
»Beim nächsten Mal«, knurrte er den Russen an, »gibst
Weitere Kostenlose Bücher