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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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meinen gefühllosen Fuß angeknabbert? Hatte es ihm gefallen, gar geschmeckt?
    Augenblicke später wandte es sich wieder um und stapfte an meiner linken Seite wieder hoch, endlich konnte ich es besser sehen. Ich erblickte ein dümmlich dreinblickendes, scheinbar harmloses Beuteltier, das ich als Wombat identifizierte. Es war lediglich neugierig und hatte wahrscheinlich wenig Gelüste nach meinen Extremitäten. Ich seufzte und fühlte fast augenblicklich, wie die Spannung wieder von mir abfiel. Ich ließ den Burschen gerne an mir herumschnüffeln, so lange er Lust dazu hatte. Wenn man dem Tod ins Auge sieht, ist ein Wombat besser als überhaupt kein Gefährte.
    Ich dachte zurück an das Gewicht des untersetzten Mannes und an den Schmerz in meinem Arm, als er zu mir gesagt hatte: „Das einzige, was ich von Ihnen will, ist der Stein. Wo ist er?“ Er hatte seinen gestürzten Kameraden ignoriert und sich auf mich gesetzt.
    „Stein?“ sagte ich, wobei ich den Fehler machte, ein Fragezeichen hinzuzufügen.
    Der Druck um meinen Arm nahm zu.
    „Bylers Stein“, sagte er. „Sie wissen, welchen ich meine.“
    „Ja, richtig!“ stimmte ich zu. „Lassen Sie mich aufstehen, ja? Es ist kein Geheimnis, ich werde Ihnen alles Vorgefallene erzählen.“
    „Schießen Sie los“, sagte er und gab ein wenig nach.
    Also berichtete ich ihm von der Faksimile und wie wir daran gekommen waren. Ich erzählte ihm alles, was ich über dieses verdammte Ding wußte.
    Wie ich befürchtet hatte, glaubte er mir kein Wort. Noch schlimmer war, sein Partner kam wieder zu sich, während ich sprach. Auch er war der Meinung, daß ich log, und er sprach sich dafür aus, die Befragung fortzusetzen.
    Und das taten sie auch. An einem bestimmten Punkt. Viele schmerzhafte, elektrifizierte Minuten später, als sie gerade eine Pause machten, um ihre Knöchel zu massieren, sagte der Große zu dem Untersetzten: „Das hört sich verdammt genauso an wie das, was er Byler erzählt hat.“
    „Wie das, von dem Byler behauptet, er habe es ihm gesagt“, korrigierte der andere.
    „Wenn Sie schon mit Paul gesprochen haben“, sagte ich zu ihnen, „was kann ich Ihnen dann noch erzählen? Er schien Bescheid zu wissen, was vor sich ging – ich nicht –, und ich habe ihm schon alles berichtet, was ich über den Stein wußte. Exakt dasselbe habe ich eben auch Ihnen erzählt.“
    „Oh, das kann man wohl sagen, daß wir uns schon mit ihm unterhalten haben“, sagte der Große. „Er hat buchstäblich seine Eingeweide ausgespien.“
    „Aber ich glaubte ihm damals nicht“, sagte der Untersetzte. „Und heute glaube ich ihm noch viel weniger. Was machen Sie in dem Augenblick, als er Ihnen den Rücken kehrt? Sie packen Ihre Sachen und verschwinden in diese alte Wüste, wo Sie sofort anfangen, Löcher zu buddeln. Ich bin der Meinung, ihr beide habt unter einer Decke gesteckt und euch einfach eine Geschichte ausgedacht. Ich glaube, der Stein ist hier ganz in der Nähe, und Sie wissen verdammt gut, wie Sie ihn in die Finger bekommen können. Und genau das werden Sie uns erzählen. Sie können es auf die sanfte oder auf die brutale Tour haben. Treffen Sie Ihre Entscheidung.“
    „Ich habe Ihnen doch schon erzählt …“
    Die danach folgende Periode erwies sich nur wenig zufriedenstellend für alle Beteiligten. Sie bekamen nicht das, was sie wollten, und ich ebenfalls nicht. Am meisten fürchtete ich mich die ganze Zeit über vor Verstümmelungen. Von Schlägen kann ich mich wieder erholen. Wenn jemand dazu bereit ist, einen Finger abzuschneiden oder ein Auge auszustechen, dann kommt das Antworten oder Nichtantworten einer Situation, bei der es um Leben und Tod geht, schon sehr nahe. Wenn man das Ganze erst einmal angefangen hat, dann ist es eine irreversible Angelegenheit. Solange Widerstand existiert, muß der Fragende gut in Schuß sein und sein Bestes tun, denn einmal kommt der Punkt, wo der Tod für das Subjekt wünschenswerter wird als das Leben. Wenn dieser Punkt erreicht ist, dann kommt es zu einem Wettlauf zwischen Frager und Befragtem, bei dem der Tod beziehungsweise möglichst viele Informationen das Ziel sind. Auch wenn man sich nicht sicher ist, wie weit der Folterer gehen will, kann das Wissen, daß er so weit gehen könnte, sehr effektiv sein. Ich für meinen Fall wußte, wie weit sie gehen konnten, denn ich hatte ja von Bylers Fall gehört. Aber der schwerere Mann war wegen der Sache mit Paul nicht eben glücklich. Das konnte ich sehen. Wenn ich ebenfalls

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