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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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hatte.
    Nachdem Charv und Ragma mich auf meinen ausdrücklichen Wunsch im Schutze der Dunkelheit fünfzig Meilen von der Stadt entfernt abgesetzt hatten, war ich per Anhalter kurz nach Mittemacht bereits in meiner Nachbarschaft gewesen. Und das war auch gut so.
    Da ist eine Seitenstraße, die als Sackgasse in die Straße, in der ich wohne, einmündet. Mein Wohnhaus liegt ihr direkt gegenüber. Wenn man diese Straße entlanggeht, kann man die Fenster meines Apartments ausgezeichnet sehen. Meine Augen blickten daher natürlich auch suchend in diese Richtung. Sie waren finster, wie sie es nachts auch sein sollten. Dunkel. Blank.
    Aber dann, ein halbe Minute später, als ich mich bereits der Ecke näherte, sah ich ein kurzes, helles Aufflackern. Danach wieder Schwärze.
    Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre mir das entgangen, wahrscheinlich hätte ich überhaupt nicht darauf geachtet. Es hätte ja leicht eine Spiegelung sein können, eine Reflektion. Und doch …
    Ja. Da ich nun schon mehrmals übertölpelt worden war und noch immer die Schmerzen spürte, wäre es eine Dummheit gewesen, nicht besonders auf der Hut zu sein. Weder dumm noch leichtsinnig sein, das sagte ich mir in diesem Augenblick und wandte mich nach rechts.
    Ich umkreiste mehrere Blocks im Quadrat, bis ich schließlich wieder von hinten an mein Haus gelangte. Es gab auch einen Hintereingang, doch den mied ich, statt dessen ging ich an eine Stelle, wo ich von der Regenrinne aus zu einem Sims und von dort zur Feuertreppe gelangen konnte, was ich auch tat.
    Schon kurze Zeit später war ich auf dem Dach und ging darauf entlang. Weiter ging es, die Dachrinne hinab, bis zu der Stelle, wo ich damals gestanden hatte, als ich mit Paul Byler gesprochen hatte. Von dort beugte ich mich seitlich hinüber und spähte in mein Schlafzimmerfenster. Zu dunkel, um etwas mit Bestimmtheit sagen zu können. Aber es war ja auch das andere Fenster gewesen, durch das ich das kurze Aufflackern gesehen hatte, wahrscheinlich das Anzünden einer Zigarette.
    Ich legte meine Fingerspitzen an die Scheibe, drückte fest zu und schob dann die ganze Hand nach oben. Das Fenster glitt lautlos aufwärts, der Lohn meines Geschicks. Da ich nur wenig Schlaf benötigte und zudem ganz verrückt nach meinen nächtlichen Ausflügen war, hatte ich die Dielen des Bodens immer dick eingewachst, damit ich meinen Zimmergefährten nicht störte.
    Ich ließ meine Schuhe unter dem Fenster stehen und trat ein, bereit zu einer sofortigen Flucht.
    Ich wartete eine Minute, leise durch den Mund atmend. Nur die Ruhe. Eine weitere Minute …
    Ein Knirschen von meinem schweren Sessel drang an mein Ohr, ein Geräusch, das immer dann auftritt, wenn jemand die Beine übereinanderschlägt.
    Also befand eine Person sich rechts vom Tisch, in der Nähe des Fensters.
    „Ist noch Kaffee in dem Ding hier?“ fragte eine barsche Stimme leise.
    „Ich glaube schon“, antwortete jemand.
    „Dann gieß ein.“
    Das Geräusch einer Thermosflasche, die aufgeschraubt wird. Gluckern. Ein paar klirrende, polternde Laute. Ein gemurmeltes „Danke“. Der andere stand also direkt am Tisch.
    Ich wagte kaum zu atmen.
    Schlürfen. Seufzen. Das Schaben eines Streichholzes. Stille.
    Dann: „Wäre es nicht lustig, wenn er sich selbst in den Tod gestürzt hätte?“
    Ein Schnauben.
    „Yeah. Aber verdammt unwahrscheinlich.“
    „Woher willst du das denn wissen?“
    „Der stinkt doch vor Glück, der Bursche. Solchen komischen Käuzen hilft das Glück immer.“
    „Das stimmt. Ich wünsche, er würde sich beeilen und heimkommen.“
    „Dasselbe gilt auch für mich.“
    Der im Sessel stand auf und trat ans Fenster. Nach einer langen Zeit seufzte er. „Wie lange noch, wie lange noch, o Gott?“
    „Es wird das Warten wert sein.“
    „Das will ich nicht abstreiten. Aber je früher wir ihn bekommen, desto besser.“
    „Natürlich. Darauf trinke ich.“
    „Hört, hört! Was hast du denn da?“
    „Einen Schluck Brandy.“
    „Den hast du schon die ganze Zeit, und da läßt du mich diese schwarze Brühe trinken?“
    „Du hast nach Kaffee gefragt. Außerdem habe ich die Flasche erst vor kurzem entdeckt.“
    „Gib her.“
    „Hier ist noch ein Glas. Seien wir sparsam. Das ist ausgezeichnete Ware.“
    „Schenk ein.“
    Ich hörte, wie der Korken von meiner Weihnachtsflasche gezogen wurde. Danach folgte ein leises Klirren.
    „Da, nimm.“
    „Riecht gut.“
    „Nicht wahr?“
    „Auf die Königin!“
    Scharren von Füßen. Ein leises Pling

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