Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
fragen, ob es die Gleichberechtigung tatsächlich gibt oder ob ich sie bislang mit einem Märchen verwechselt habe. Als ich etwas später eine Elternzeitschrift durchblättere, stoße ich auf ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die weibliche Revolution offenbar komplett vergessen haben. Der Beitrag beinhaltet einen praktischen Tipp, den eine Leserin zugeschickt hat: »Seit ich mit meinem Sohn zu Hause bin, habe ich begonnen, meinem Mann morgens Lunchpakete mitzugeben. So sparen wir nicht nur jede Woche zwischen dreißig und fünfzig Euro, mein Mann ernährt sich auch gesünder. Manchmal stecke ich heimlich Liebesbotschaften in seine Lunchbox.«
Ist das zu fassen? Höchstwahrscheinlich ist diese Mutter die halbe Nacht auf und kümmert sich um das Kind, während der Mann in Ruhe durchschläft. Und trotzdem betrachtet sie es als ihre Aufgabe, morgens aufzustehen und ihrem Mann ein Lunchpaket zu machen. Sollte Chris das jemals von mir verlangen, bin ich mir ziemlich sicher, dass auf meinen Zetteln in seiner Lunchbox keine Liebesbotschaften stünden.
Ich beschreibe meinen Schock und meine Bestürzung einer Kollegin, die erst vor Kurzem entbunden hat, und bin noch schockierter und bestürzter über ihre Reaktion. Sie sagt: »Nun, ist doch logisch. Männer sind nicht fähig, wie wir Frauen ein Kind zu versorgen. Es liegt einfach nicht in ihrer Natur. Ich würde keinem Mann mein Baby anvertrauen.«
Ich kann kaum glauben, was ich da höre. Haben alle angefangen, Drogen zu nehmen, und vergessen, mir welche anzubieten? Nur um jegliches Missverständnis auszuschließen, lassen Sie mich diesen Brüller wiederholen: Männer sind nicht fähig, ein Kind zu versorgen.
Wenn das wahr wäre, würde das bedeuten, dass der männliche Mensch, trotz seiner evolutionären Vorteile, tatsächlich weniger weit entwickelt ist als ein durchschnittlicher Königspinguin. Dieser teilt sich die Verantwortung, auf das Ei aufzupassen, mit der Mutter und übernimmt oft tagelang das Brüten, indem er das Ei auf seinen Füßen balanciert, während das Weibchen auf Fischjagd geht. Das Baby meiner Kollegin ist männlich, und ich frage mich automatisch, ob sie den Jungen zu einem Mann erzieht, der im Haushalt genauso nutzlos wie sein Vater ist, und somit das Grab für eine andere Frau in circa dreißig Jahren schaufelt. Unter diesen Umständen wären wir Frauen mit einem antarktischen Vogel besser bedient.
9
Nichts für den Lebenslauf
A ls wir abends mit unseren Freunden Brad und Simone zum Essen verabredet sind, beobachtet Chris, dass Simone ihr Weinglas nicht anrührt. Ich bemerke davon nichts, weil während des gesamten Abends ihr Glas in demselben Tempo wie die Gläser der anderen am Tisch immer wieder aufgefüllt wird. Chris nimmt außerdem zur Kenntnis, dass Simone einen völlig nüchternen Eindruck macht, während Brads Witze sich rapide verschlechtern.
»Da hat wohl jemand ein Geheimnis«, bemerkt Chris verschmitzt.
Brad blickt Simone mit einer Mischung aus Liebe, Stolz und Begeisterung an, und das Geheimnis ist keins mehr. »Ich werde Vater«, platzt er heraus.
»Es ist noch sehr früh«, sagt Simone vorsichtig. »Wir wollten es doch frühestens in sechs Wochen sagen!«
»Ja, aber das sind doch nur Chris und Kasey.« Brad sagt es auf eine Art, die in mir den Verdacht erweckt, dass er es auch nur seinem besten Kumpel, seinen Kollegen, seiner Fußballmannschaft und seinem Zahnarzt erzählt hat.
Nach den Trinksprüchen und dem Schulterklopfen kann ich nicht anders, als das Gespräch auf Brads und Simones Pläne zu lenken, was die Kindererziehung und die Hausarbeit betrifft. Simone wird eine einjährige Pause in ihrem Beruf als Office Managerin einlegen, während Brad als IT -Consultant weiterarbeitet. Als ich ihn frage, ob er auf all die schlaflosen Nächte vorbereitet sei, die ihn erwarten, antwortet er nüchtern: »Ich werde nachts bestimmt nicht aufstehen. Ich muss schließlich am nächsten Tag arbeiten.«
Ich beiße mir auf die Zunge, aber am liebsten würde ich sagen: »Und was, meinst du, wird Simone den ganzen Tag machen?«
Ich möchte nicht auf Brad eindreschen. Er ist ein guter Kerl. Aber in seiner Antwort schwingt mit, dass seine Arbeit nicht nur wichtiger ist, sondern dass er das, was Simone den ganzen Tag machen wird – nämlich ein Kind erziehen –, nicht einmal als Arbeit betrachtet.
Die meisten Mütter, mit denen ich gesprochen habe, sagten mir, dass sie in ihrem Leben noch nie so hart hätten schuften müssen. Die
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