Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
amerikanische Philosophin Jean Hampton hat einen Brief an den Observer geschrieben, in dem es heißt: »In meinem 35-jährigen Berufsleben habe ich geringfügig, Teilzeit und Vollzeit gearbeitet, aber als meine drei Kinder noch klein waren, hatte ich einen verdammten 24-Stunden-Job.«
Dabei fällt mir meine Freundin Sophie ein, die mir die E-Mail über ihre Erfahrungen als Mutter geschickt hat. Scheinbar ist das Schwierigste an der ganzen unbezahlten, monotonen, unbarmherzigen Plackerei, die sie leistet, indem sie sich um ihre Kinder, ihren Mann und den Haushalt kümmert, die fehlende Anerkennung. Die 55 Stunden und 48 Minuten Hausarbeit, die sie jede Woche verrichtet, werden nur dann registriert, wenn sie nicht erledigt werden.
Ich muss jedoch gestehen, dass ich früher auch einmal so dachte wie unser Freund Brad. Als ich anfing, nur noch Teilzeit zu arbeiten, fielen mir zum ersten Mal die ganzen Mütter auf, die tagsüber mit ihren Kinderwagen durch die Straßen spazierten, in den Parks und in den Cafés saßen. Ich weiß noch, dass ich damals dachte: Die haben es geschafft! Sie verplaudern den ganzen Tag, während ihre Männer arbeiten gehen und das Geld verdienen.
Das war, bevor ich begann, für meine Recherchen mit Müttern zu sprechen. Das war, bevor ich entdeckte, dass Mütter zu den isoliertesten Gruppen in unserer Gesellschaft zählen, und ihre Selbstachtung wurde von Leuten wie mir, die annahmen, dass sie den ganzen Tag Mittagspause machten, mit Füßen getreten. Mir war nicht bewusst, dass diese Mütter, die ich verurteilte, nur deshalb ständig Kaffee schlürften, weil sie seit fünf oder sechs Monaten nicht mehr als zwei Stunden am Stück geschlafen hatten, und dass ich wahrscheinlich ihre einzige Unterhaltung mit Erwachsenen beobachtete, die sie am Tag, vielleicht sogar in der ganzen Woche, führten.
Nach dem Kaffeeklatsch gehen Mütter nämlich alle wieder nach Hause und haben niemanden zum Reden, bis der Partner abends heimkommt. Und kommt der erst spät, sind sie wahrscheinlich ohnehin zu geschafft, um sich an einer vernünftigen Unterhaltung zu beteiligen. Diese Frauen kommen ursprünglich aus einer Welt, in der sie ausstempeln konnten und die Freiheit hatten zu tun, was sie wollten; und finden sich in einer Welt wieder, in der sie rund um die Uhr im Dienst sind – jeden Tag, jede Woche und jeden Monat. Es gibt keine Mittagspause, keinen Feierabend, kein Wochenende, keinen Urlaub, keine Krankheitstage. Und trotzdem glauben wir, dass Papi seinen Schlaf dringender braucht als Mami, weil er am nächsten Tag für seine schwere, wichtige Aufgabe fit sein muss.
Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie es ist, so hart und unermüdlich zu schuften, ohne jedwede Form der Anerkennung dafür zu bekommen. Wenn ich mal eine Nacht oder das Wochenende durcharbeiten muss, sorge ich dafür, dass alle es mitkriegen. Ich erwarte, für meine Bereitschaft gelobt zu werden. Ich bin mir sicher, es ist eine Charakterschwäche, aber mich beflügelt soziale Anerkennung. Ich lege großen Wert darauf, dass mein Chef es würdigt, wenn ich gute Arbeit leiste oder wenn ein Kunde sich dafür bedankt, dass ich ihm geholfen habe. Wenn ich hin und wieder Artikel für die Zeitung schreibe, bin ich ganz begeistert von den Leserkommentaren, die ich per Post oder E-Mail bekomme. Selbst wenn man mich hasst für das, was ich geschrieben habe, oder mich als »eingebildete Zicke« oder als eine »durchgeknallte Feministin« beschimpft, »die nicht mit dem Mangel an männlicher Aufmerksamkeit umgehen kann«, freue ich mich über den Umstand, dass ich eine Wirkung erzielt habe und dass meine Arbeit anerkannt wird. Wenn ich Mutter werden sollte, werde ich anscheinend gar kein Feedback erhalten.
Die Lektüre von Elternzeitschriften hilft nicht weiter. Ich lese einen Bericht, in dem eine Mutter von zwei Kleinkindern tapfer zugibt, dass sie es satthabe, Mutter zu sein. Sie sagt, dass die schwere Arbeit, ein Kind großzuziehen, selten außerhalb von Müttergruppen gewürdigt werde, und sie findet es entmutigend, dass ihre Arbeit nicht gesehen und nicht geachtet werde, und zwar gerade von den Leuten, die es besser wissen sollten.
»Wo ist meine Ermutigung und Unterstützung in dieser schwierigen Zeit?«, schreibt sie. »Oder, um es mit Begriffen der bezahlten Arbeit auszudrücken: Wo ist mein Jahresgespräch? Wo ist meine Bonuszahlung?«
Wir alle wiegen uns in dem Glauben, dass ›richtige‹ Arbeit, also die Sorte, die man im
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