Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
Marjorie empfangen. Ich weiß nicht, ob das ihr richtiger Name ist, aber er passt zu ihr. Jede Frau mit einem perfekt gemeißelten grauen Pagenkopf in einem fliederfarbenen Twinset, grauen Hosen und vernünftigen zinnfarbenen Schuhen sollte Marjorie heißen.
Marjorie entpuppt sich als Gemeindehelferin. Sie erklärt, dass sie für die Durchführung des Tests zuständig sei. Es handelt sich um einen Multiple-Choice-Fragebogen, den wir in getrennten Räumen ausfüllen werden und der anschließend zur Auswertung an die Zentrale geschickt wird. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir eine Art unberechenbaren Liebescomputer oder eine Strickrunde aus Frauen im mittleren Alter vorstellen soll, die unsere Antworten analysieren. Wie auch immer, ich bin jedenfalls misstrauisch. Marjorie macht uns anschließend mit Schwester Catherine bekannt, einer streng aussehenden Nonne, die mit uns die Ergebnisse besprechen wird.
Als ich mir meinen Stift schnappe, um mit dem Test anzufangen, erklärt Marjorie mir, dass es keine richtigen oder falschen Antworten gebe und dass ich einfach nur ehrlich zu antworten brauche. Was für ein Bullshit. (Oh, Mist, darf ich in einer Kirche überhaupt ›Bullshit‹ sagen, wenn auch nur stumm zu mir selbst?) Auch Anwerber und Personalvertreter sagen bei Einstellungstests immer den Es-gibt-keine-richtigen-oder-falschen-Antworten-Spruch, obwohl jeder weiß, dass manche Antworten richtig genug sind, um den Job zu bekommen, und andere falsch genug, dass die Bewerbung im Mülleimer landet. Ich frage mich, ob die Katholikentests genauso funktionieren.
Ich weiß nicht, was ich von dem Test erwartet habe, aber ich wundere mich über Fragen wie: »Macht es Sie nervös, dass Ihr zukünftiger Ehemann Sie nackt sehen wird?« Heilige Scheiße! Erwartet die Kirche tatsächlich, dass die Leute keinen Sex vor der Ehe haben? Oh nein, ich habe ›Scheiße‹ gesagt. Und um alles noch schlimmer zu machen, habe ich das Wort ›heilige‹ davorgesetzt. Ist das Frevel? Habe ich mir gerade einen weiteren Minuspunkt eingehandelt, weil ich gedanklich Schimpfwörter benutzt habe, oder ergibt ›Scheiße‹ zusammen mit ›Bullshit‹ einen einzigen dicken Minuspunkt?
Es gibt ein paar weitere Fragen wie jene über das Sich-nackt-Zeigen, die eindeutig beweisen, dass die Kirche den Bezug zur Gesellschaft verloren hat. Allerdings muss ich zugeben, dass ein Großteil der Fragen relevant und praxisnah ist und zum Nachdenken anregt. Es gibt Fragen über meine Wertvorstellungen, meinen Umgang mit Geld, meinen Umgang mit Konflikten: Themen, über die man sprechen sollte, bevor man heiratet.
Dann komme ich zu den Fragen über Kinder, und mein Mut verlässt mich. Ich lese die Frage »Wie reagieren Sie, wenn Ihr Mann zeugungsunfähig ist?« und denke an Chris, der in einem anderen Raum sitzt und die Frage beantwortet, wie er reagiert, wenn seine Frau unfruchtbar ist. Als das Thema ›Kinderkriegen‹ zwischen uns zum ersten Mal aufkam, sagte Chris, dass er mir zuliebe auf Kinder verzichten würde. Aber mein Kinderwunsch ist in den letzten paar Monaten unheimlich stark geworden. Seiner ist sicher im selben Ausmaß gewachsen. Wer könnte ihm einen Vorwurf daraus machen, wenn ihm eine fruchtbare Frau lieber wäre? Ich habe gelesen, dass in manchen Kulturen Unfruchtbarkeit als Grund für eine Scheidung ausreicht beziehungsweise dass eine Ehe erst dann formell bestätigt ist, wenn das Baby das Kleinkindalter erreicht hat. Was macht es für einen Sinn, eine Beziehung fortzuführen, wenn daraus kein gesundes Kind hervorgeht?
Ich glaube nicht an Seelenverwandtschaft, und ich glaube ganz sicher nicht, dass die Liebe alles besiegt. Vielmehr glaube ich, dass es von sehr konkreten und praktischen Faktoren abhängt, ob eine Beziehung funktioniert oder scheitert. Mehr als alles andere glaube ich, dass beide Partner in einer Beziehung auf gleicher Wellenlänge sein müssen. Sie müssen dieselben Dinge wollen oder zumindest Dinge, die sich miteinander vertragen. Kinder sind etwas, bei dem man keine Kompromisse schließen beziehungsweise die man nicht durch etwas anderes ersetzen kann. Es beunruhigt mich, dass die Gesamtsumme meiner restlichen Eigenschaften nicht genug sein könnte, um meine Unfruchtbarkeit zu kompensieren.
Ich spreche Chris darauf an, sobald wir die Kirche verlassen haben. Es muss unbedingt heraus, denn wenn ihm Kinder wichtiger sind als ich, dann muss ich das wissen, und vor allem ich muss es jetzt wissen.
»Erinnerst du dich an die
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