Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
einstellen musste, wie konnte ein fortpflanzungsfähiges Paar es da wagen, das System noch mehr zu verlangsamen, wenn es doch in der Lage war, auf die einfache Art ein Kind zu bekommen? Wendy und Dan ließen ihre Namen schließlich von der Liste streichen. Mittlerweile haben sie drei leibliche Kinder.
Als Chris ein paar Stunden später zur Tür hereinkommt, sitze ich auf der Couch und blättere in einer Brautmodenzeitschrift für Schwangere, während ich eine Tafel Schokolade futtere. Ich erzähle Chris von Emmas Vorschlag, ein Brautkleid kaufen zu gehen. Chris tut das, was er immer tut, wenn er keine Antwort parat hat. Er kocht mir einen Tee.
Kurz darauf bringt er mir eine dampfende Tasse English Breakfast Tea und setzt sich neben mich auf die Couch. Obwohl ich seine Antwort bereits kenne, bringe ich das Thema ›künstliche Befruchtung‹ erneut zur Sprache, in der Hoffnung, dass die Monate des fruchtlosen Herumpoppens einen Meinungswandel bei ihm bewirkt haben. Haben sie nicht. Chris glaubt immer noch fest daran, dass wir auf die altmodische Art ein Kind zeugen können.
Dr. Lucy sieht das anders. Ich habe nach meinem operativen Eingriff für eine Routineuntersuchung einen Termin bei ihr, um zu sehen, ob die Endometriose wieder wuchert. Sie tut es, und das verringert meine Chancen, schwanger zu werden, noch mehr als zuvor. Dr. Lucy sagt, wenn wir schon keine IVF machen, soll ich wenigstens fruchtbarkeitsfördernde Medikamente nehmen. Diese bewirken, dass der Körper in einem Monat gleich mehrere Eizellen heranreifen lässt statt dem einen üblichen Standardei. Wenn sich in den Eileitern mehr Eizellen tummeln, erhöht das die Chance, dass die Spermien eines davon erwischen.
Lucy weiß, wie sie mit meinen Erwartungen umgehen muss, denn sie weist mich vorsichtig darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich schwanger werde, nach wie vor sehr klein ist. Meine Eizellen werden immer zweitklassig sein, und meine Eileiter sind teilweise immer noch blockiert. Als ich nach den Nebenwirkungen der Medikamente frage, antwortet sie: »Zwillinge, vielleicht Drillinge, vielleicht sogar Vierlinge.« Sie sagt es ganz beiläufig, als wäre es keine große Sache, aber für mich wäre es eine immens große Sache, gleich zwei oder drei oder vier Babys auf einmal zu haben. Ich bin selbst Zwilling, und meine Mutter hat mir öfter gesagt, als ich zählen kann, dass es die härteste Erfahrung ihres Lebens gewesen sei, Zwillinge zu haben, was zusätzlich durch die Tatsache erschwert wurde, dass sie bereits einen Zweijährigen hatte, um den sie sich ebenso kümmern musste. Sie sagte, in der Anfangszeit habe sie nicht einmal aus dem Haus gehen können. Nie. Sie war so beschäftigt, dass die Tasse Tee, die mein Vater ihr machte, bevor er zur Arbeit ging, immer noch unangerührt auf der Anrichte stand, wenn er abends zurückkam. Offenbar hat es Jahre gedauert, bis sie nachts wieder durchschlafen konnte.
Da ich mir nicht sicher bin, ob ich das Zeug dazu habe, ein Kind zu versorgen, macht mir die Vorstellung, mehrere Kinder zu versorgen, eine Höllenangst. Die anderen Nebenwirkungen der Medikamente sind verglichen mit dem Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft harmlos: Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Überempfindlichkeit. Im Grunde ist es eine Generalprobe für die Wechseljahre.
Dr. Lucy verschreibt mir außerdem ein Medikament, das die Qualität meiner Eizellen verbessern soll. Eine Nebenwirkung davon ist Übelkeit, was dann die Generalprobe für die Schwangerschaft ist.
Ich nehme das Rezept von Dr. Lucy an mich, aber ich bin unschlüssig, ob ich es tatsächlich einlösen soll. Bevor ich etwas mache, was dazu führen könnte, dass ich Vierlinge bekomme, scheint es nur fair zu sein, mit Chris darüber zu sprechen. Wir kommen gemeinsam zu dem Schluss, dass das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft zu hoch ist, also einigen wir uns darauf, dass ich nur das Medikament für die Eizellenqualität einnehme, aber die Hormontabletten im Schrank lasse.
Als ich in der Apotheke bin und mein Rezept einlöse, überkommt mich wieder das Gefühl der Unzulänglichkeit. Tatsächlich schlägt es wie eine Welle über mir zusammen, die mich nach unten reißt. Ich weiß, es ist nicht rational, und ich weiß auch, es ist nicht hilfreich, aber Rationalität unterliegt nun einmal den Emotionen. Diese Tabletten sind ein Symbol für mein größtes Versagen, größer noch als damals in der Schule, als ich beim Geländelauf die Letzte war, größer als
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