Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
Selbstständigkeit und Verantwortung zu erziehen, damit sie für sich selbst sorgen können, statt zu erwarten, von ihnen im Alter gepflegt zu werden.«
Liz erzählt, sie habe gesehen, was ihre Freundinnen durchmachten, wenn sie ihre senilen und sterbenskranken Eltern pflegten, den Schmerz und die Qualen, die damit verbunden waren. »Ich glaube, viele alte Menschen versäumen es, im richtigen Moment Entscheidungen zu treffen, und die Verantwortung fällt dann auf die Kinder, die entscheiden müssen, wo die Eltern leben und wer sich um sie kümmert. Ich erwarte nicht, dass jemand mich pflegt, wenn ich alt bin.«
Liz plant, später ihr Haus zu verkaufen und in ein Altenwohnviertel zu ziehen. Sie hat einer ihrer Freundinnen eine Patientenverfügung gegeben und sie darum gebeten, auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten, falls keine Chance auf eine vollständige Genesung besteht. Ihre einzige Sorge ist, ob sie im Alter für die letzten Jahre ihres Lebens ausreichend finanziell abgesichert sein wird. Aber sie weist gleichzeitig darauf hin, dass Kinder auch nicht zwingend ein Schutz vor Altersarmut sind.
Ich frage Liz, ob sie Kinder haben würde, wenn sie die Zeit zurückdrehen könnte.
»Ich habe die richtige Entscheidung getroffen«, antwortet sie mit Nachdruck. »Obwohl ich auch schwere Zeiten erlebt habe, bin ich dankbar für das, was ich bis jetzt hatte. Ich mag mein Leben, wie es ist. Ich habe einen tollen Freundeskreis und regelmäßig Kontakt zu einem Großteil der Verwandtschaft. Ich organisiere Familientreffen. Ich kann nach Lust und Laune verreisen oder mich für einen Kurs einschreiben. Sicher, ich bin alleine, aber ich fühle mich nicht einsam. Nur hin und wieder vermisse ich jemanden, der in meiner Nähe ist und mit dem ich Zeit verbringen kann.«
Als ich mich von Liz verabschiede, muss ich an den Babyschalter denken: der, der sich in den Dreißigern umlegt und einen ganz wild auf Babys macht – der, mit dem ich mich momentan herumplage. Obwohl sich Liz ihr ganzes Leben lang sicher war, keine Kinder zu wollen, hatte auch sie mit dem Babyschalter zu kämpfen. Allerdings erkannte sie darin nicht ein Zeichen für die biologische Notwendigkeit, sich fortzupflanzen, sondern eher eine Krankheit, die sie sich eingefangen hatte und von der sie sich glücklicherweise erholte, ohne dass Narben zurückblieben. Ich finde die Vorstellung tröstlich, dass der Babyschalter genauso schnell und heftig, wie er sich anschaltet, auch wieder ausgeht.
Meine Bekannte Cathy hat eine ähnliche Geschichte erlebt. Cathy wünschte sich verzweifelt ein Baby und versuchte mithilfe von künstlicher Befruchtung jahrelang schwanger zu werden. Als sie immer mehr auf die vierzig zuging, fand sie sich schließlich damit ab, keine Kinder zu bekommen. Ich ging davon aus, dass sie von ihrer Kinderlosigkeit immer noch traumatisiert war und es immer bleiben würde. Tatsächlich hätte ich ihr nicht abgenommen, wenn sie mir gesagt hätte, dass sie sich nicht mehr nach einem Baby sehne und auch ohne Kinder glücklich sei. Trotzdem bin ich überrascht, als ich anrufe, um mal wieder mit ihr zu plaudern, und sie mir erzählt, sie habe die stressigste Woche ihres Lebens hinter sich. Ihre Periode sei ausgeblieben, ihre Brüste seien empfindlich gewesen, und ihr Bauch habe sich leicht geschwollen angefühlt. Es dämmerte ihr, dass das Unmögliche geschehen war – dass es tatsächlich sein konnte, dass sie schwanger war. Es war noch zu früh, um einen Test zu machen. Als Expertin für Sex nach Plan wusste sie natürlich, dass man nach der Empfängnis zehn Tage lang warten muss, bevor sich eine Schwangerschaft feststellen lässt.
Cathy ertrug eine sehr nervöse und sehr lange Woche, bis sie ihre Periode bekam. In dieser Zeit wurde ihr bewusst, dass sie eigentlich kein Kind mehr wollte. »Ich schwöre«, sagt sie, »ich wollte gar nicht schwanger werden. Ich war noch nie so erleichtert, als meine Tage kamen.«
Als Cathys Kinderwunsch die Welt der Hypothesen und der Was-wäre-wenn?-Überlegungen verließ und einem Wirklichkeitstest unterzogen wurde, stellte sich heraus, dass ihr Babyschalter zurückgesprungen und ihr Leben in der Zwischenzeit weitergegangen war. Cathy ist damit beschäftigt, ein Geschäft aufzubauen, sich fortzubilden und zu reisen. Der Platz in ihrem Leben, der, wie sie früher dachte, nur mit einem Kind gefüllt werden könne, wird heute von anderen Dingen besetzt.
Die Geschichten von Liz und Cathy trösten mich ein wenig.
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