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Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)

Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)

Titel: Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasey Edwards
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darauf anstoßen, dass wir gerade ein Kind gezeugt haben. Wir begnügen uns stattdessen wieder einmal mit Gemüsesaft.

23
Einen verdammten Baum pflanzen

    N un bin ich an der Reihe, zehn Tage Warten zu überstehen. Im Einführungsgespräch wurde ich gewarnt, dass es mir wie die längsten zehn Tage meines Lebens vorkommen würde. Das war kein Witz. Nicht nur mir fällt das Warten schwer. Würde Chris eine Golfausrüstung besitzen und Golf nicht für den langweiligsten Sport der Welt halten, wäre er wahrscheinlich schon längst auf dem Green. Stattdessen verbringt er jede freie Minute vor dem Computer und bringt sich eine Programmiersprache bei. Ich spreche ihn auf sein neues Interesse am Codeknacken an, und er antwortet: »Die Programmiersprache ist logisch. Ich weiß, wenn ich das und das eingebe, erhalte ich das und das Ergebnis. Es ist eine Art Flucht in eine Welt der reinen, kristallklaren Ratio. Im Moment scheint mir das nämlich die einzige Gewissheit zu sein.«
    Am zweiten Tag meldet sich Sharon mit schrecklichen Neuigkeiten. Ihr Baby ist gestorben. Sie hatte vor ein paar Tagen eine Ultraschalluntersuchung, um die Herztöne zu checken, und dabei stellte sich heraus, dass ihr Fötus kleiner war, als er hätte sein sollen. Es ging zwar nur um einen Millimeter, aber offenbar ist das in diesem Stadium der Schwangerschaft viel. Dr. Lucy warnte Sharon, dass es nicht gut aussähe. Heute war Sharon wieder bei der Untersuchung, und Dr. Lucy stellte fest, dass das Herz des Embryos nicht mehr schlug.
    »Ich trage ein totes Kind in mir«, schluchzt Sharon in den Hörer. »Ich muss ein totes Kind zur Welt bringen!«
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Was soll man da noch sagen? In solchen Momenten lässt unsere Sprache uns im Stich. Ich sage ihr, dass es mir unendlich leidtue, während mir sofort bewusst wird, wie erbärmlich diese Floskel klingt, aber wie soll ich sonst reagieren? Als Sharon sich in ihrer Not an Cindy, die kesse IVF -Beraterin, wendet, schlägt ihr diese vor, ein Gedicht zu schreiben oder einen Baum zu pflanzen.
    Einen verdammten Baum pflanzen? Wieder eine völlig unzureichende Antwort. Cindy rät Sharon außerdem, sich darüber Gedanken zu machen, warum sie sich so verzweifelt ein Kind wünsche. Sie habe oft mit Frauen zu tun, die sich an die Hoffnung klammerten, ein Baby zu bekommen, um ihr Leben oder ihre Ehe in Ordnung zu bringen oder um nicht mehr arbeiten zu müssen.
    »Das übt einen enormen Druck auf jeden Zyklus und auch auf das Kind aus«, sagt Cindy. »Ein Kind wird Ihr Leben nicht reparieren. Sie müssen zuerst in Ihrem Leben aufräumen, bevor Sie bereit sind, sich um ein Kind zu kümmern.«
    Auch hier bin ich mir nicht sicher, ob das zu diesem Zeitpunkt der beste Rat für Sharon ist. Wie auch die Verzweiflung meiner Bekannten Danielle über ihre Unfruchtbarkeit nach der gescheiterten IVF -Therapie zeigt, sind Fehlgeburten ein Beispiel dafür, dass es kein gesellschaftliches Ritual gibt, das Frauen beim Umgang mit ihrer Trauer hilft. Es ist ein stummes und einsames Unglück. Die meisten wissen nichts davon, dass man einen Menschen in sich trug, und selbst wenn, denken sie nicht über Totgeburten nach. Bevor ich mit der Behandlung angefangen, bevor ich meine kleine Schildkröte gesehen habe, war ein Embryo für mich nur eine Ansammlung von Zellen und gehörte in dieselbe Kategorie wie Speichel oder Haare. Ich verband Embryonen nicht mit Leben. Aber jetzt schon. Auch wenn meine kleine Schildkröte nicht größer als ein Stecknadelkopf ist, ist sie bereits ein Mensch. Sie ist mein Baby.
    Und nun ist Sharons Baby tot, und wir haben ihr nur leere Worte und dämliche Gärtnertipps zu bieten.

24
Essig und Parmesan

    I ch will Essig«, sage ich zu Chris vier Tage nach dem Transfer. Sharons Leid beschäftigt mich immer noch sehr. Normalerweise will ich Schokolade, wenn ich traurig bin, aber heute ist mein Trostessen Essig.
    »Möchtest du Salz-und-Essig-Chips?«, fragt Chris.
    »Nein, ich will Essig«, erwidere ich und gehe mit Chris im Schlepptau schnurstracks in den nächsten Naturkostladen. Ich will Apfelcidre-Essig. Noch bevor ich bezahlt habe, schraube ich den Deckel ab und nehme einen Schluck. Chris und die Verkäuferin starren mich an.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie gut das schmeckt«, bemerke ich, während ich wieder einen Schluck nehme. »Meinst du, das bedeutet, ich bin schwanger?«, frage ich hoffnungsvoll.
    »Die haben gesagt, es ist noch zu früh, um das zu wissen, Häschen«,

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