Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
erklären?
Am nächsten Tag zeigt sich keine Änderung. Ich bekomme ein paar extra Spritzen, die außerdem extragroß und extrateuer sind und extragroße, extrateure Blutergüsse hinterlassen. Zwei Tage später ist die nächste Untersuchung, und die Lage hat sich nicht gebessert.
»Sieht nicht gut aus, oder?«, sage ich zu der Krankenschwester.
Sie entgegnet, dass es ihr nicht zustehe, meine Entwicklung zu kommentieren. Das muss sie auch gar nicht. Ihr ausweichender Blick sagt alles. Ich teile Chris meine Befürchtungen mit, worauf er optimistisch erwidert, dass die Schwester vielleicht nur über keine besonders gute Sozialkompetenz verfüge.
Ich bekomme eine weitere Injektion verordnet, sodass ich mir mittlerweile dreimal am Tag einen Schuss setzen muss. Nachdem ich im Kopf kurz überschlagen habe, wie viel Geld ich in meinen Körper pumpe, mache ich Chris darauf aufmerksam, dass eine Heroinsucht uns wahrscheinlich billiger kommen würde. Wir lachen darüber, aber es schwingt ein ernster Unterton mit. Die Extrakosten, die wir in unserer ursprünglichen Rechnung nicht berücksichtigt haben, steigen immer mehr. Wir haben unser Budget bereits um mehrere Tausend Dollar überzogen, und das ist erst unser erster Zyklus. Chris entgegnet, ich solle mir keine Sorgen machen, weil die Rechnung am Schluss aufgehen werde.
Nach einem Anruf von Sharon wage ich zu glauben, dass er vielleicht recht hat. Sharon ist schwanger! Zehn quälend langsame Tage nach ihrem Embryotransfer hat sie einen Bluttest gemacht. Vier noch quälend langsamere Stunden später rief die Krankenschwester an, um ihr zu sagen, dass sie schwanger sei.
»Ich kann nicht glauben, dass es so einfach war«, sagt Sharon. »Ein Glück, dass es direkt beim ersten Versuch geklappt hat, schließlich habe ich ja keine eingefrorenen Embryonen.«
In der Woche darauf hat mein Körper ein paar Eizellen heranreifen lassen, die groß genug für eine Entnahme sind. Jetzt ist Chris an der Reihe. Seit wir mit der Therapie begonnen haben, hat mich immer der Leistungsdruck gestört, der auf den Mann ausgeübt wird. Ich denke zwar immer noch, dass Männer den einfacheren Part haben, vergleicht man die ganzen Spritzen, Blutabnahmen und Ultraschalluntersuchungen damit, sich einen runterzuholen, aber nichtsdestotrotz erzeugt das Ejakulieren auf Kommando und nach Vorschrift einen gewissen Druck. Das Zeitfenster ist klein, in dem die entnommenen Eizellen mit den Spermien in Kontakt kommen müssen. Ist der Mann nicht fähig, rechtzeitig Sperma zu liefern, können die Eizellen nicht befruchtet werden, und der ganze Zyklus war umsonst. Nach den körperlichen und seelischen Anstrengungen der letzten paar Wochen ist die Vorstellung, den Zyklus abzubrechen, unerträglich.
Am Morgen vor meiner Eizellenentnahme bin ich ein Nervenbündel. Ich versuche, meine Nervosität vor Chris zu verbergen, weil ich nicht mehr Druck auf ihn ausüben will, als nötig ist. Da ich mit meiner Vorstellung kläglich scheitere, schickt Chris mich aus dem Schlafzimmer und kümmert sich um das Wesentliche. Kurz darauf sitzen wir im Wagen auf dem Weg in die Kinderwunschklinik, zwischen meinen Brüsten steckt ein Reagenzglas, um das Sperma warm zu halten.
Wir überreichen das kostbare Gut sofort der Empfangsschwester, als wir in der Klinik ankommen, und nehmen anschließend im Warteraum Platz. Wie verhält man sich bei der Übergabe einer Spermaprobe an Fremde der gesellschaftlichen Etikette angemessen? Ein schüchternes Murmeln scheint übertrieben prüde angesichts des Umstands, dass der einzige Grund, warum wir hier sind, die Befruchtung einer Eizelle ist. Aber es kommt mir auch falsch vor, zur Empfangstheke zu hüpfen und mit lauter Stimme zu verkünden: »Hi! Hier ist das Sperma!« Zum Glück hat das Klinikpersonal seine eigene Etikette entwickelt.
Das Wartezimmer ist voll mit nervös wirkenden Paaren und vermutlich alleinstehenden Frauen, von denen scheinbar viele ihre Mutter mitgebracht haben. Ich überschlage kurz, wie viel Geld die Klinik heute verdienen wird, und frage mich, ob wir gerade das Boot oder den Hausanbau des Chefarztes zahlen. Auf dem Tisch liegt ein Stapel Schwangerschaftszeitschriften, was ein bisschen voreilig wirkt, wenn nicht sogar rücksichtslos. Kann es etwas Unangemesseneres geben, als Bilder von glücklichen Schwangeren Leuten unter die Nase zu halten, die kurz davor stehen, sich einem operativen Eingriff zu unterziehen, um sich fortzupflanzen, mit dem Wissen, dass es bei vielen
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