Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
trotzdem nicht klappen wird?
Ein Mann in einer grünen OP -Kluft kommt zum Empfang und unterhält sich kurz mit der Schwester. Beide werfen einen Blick in unsere Richtung, bevor sich der Mann uns nähert. Er wirkt noch verlegener und unsicherer als wir. Er komplimentiert uns in eine Ecke des Raums, vermutlich ein Versuch, die Illusion von Vertraulichkeit zu erzeugen. Falls das eine sein soll, dann ist das eine ziemlich beschissene, da wir nach wie vor für jeden im Raum gut sichtbar sind. Erst jetzt starren alle zu uns herüber. Und warum sollten sie das auch nicht tun? Wir wirken höchst verdächtig, wie wir uns in der Ecke in dem großen Raum so zusammenkauern. Ich fühle mich, als wäre ich an einem Drogengeschäft beteiligt.
Der Mann stellt sich als Laborassistent vor. »Ich muss Ihre Identität bestätigen«, sagt er flüsternd zu Chris.
Chris erwidert flüsternd seinen Namen, seine Adresse und sein Geburtsdatum.
»Stammt diese Probe von Ihnen selbst?«, flüstert der Laborassistent.
»Meinen Sie damit, ob ich dabei Hilfe hatte?«, fragt Chris mit einem spitzbübischen Ausdruck im Gesicht.
Der Mann wird verlegen. »Ich … ich … ich meine«, stammelt er, »ist das Ihre Probe? Wir müssen uns vergewissern, dass das Sperma von Ihnen stammt und nicht von einem anderen.«
Chris bestätigt, dass es sein eigenes Sperma ist, der Laborassistent nickt und bedankt sich.
»Gern geschehen«, erwidert Chris, ohne länger zu flüstern, und fügt mit einem breiten Lächeln hinzu: »Die Freude ist ganz auf meiner Seite! Ich habe mein ganzes Leben lang für diesen Tag geübt.«
Chris wird noch von anderen Leuten gefragt, ob das Sperma wirklich von ihm persönlich sei. Alle sprechen mit gedämpfter und ernster Stimme. Das verwirrt mich, und schließlich sage ich zu der Krankenschwester: »Hier scheinen alle ein bisschen nervös zu sein.« Sie lacht und erwidert, in einer Kinderwunschklinik zu arbeiten sei, wie auf rohen Eiern zu gehen. Regelmäßig würden Patienten die Beherrschung verlieren und ihre Wut am Personal auslassen. Sie erklärt weiter, viele Männer hätten damit zu kämpfen, dass fremde Menschen über ihr Sperma diskutierten und damit herumhantierten, während die Frauen derart unter Hormonen stünden, dass man nicht einschätzen könne, wozu sie fähig seien.
22
Der Osterhase trägt Crocs
M ehr Fragen und mehr Formulare. Alles ist verschwommen, bis ich mich im Operationssaal wiederfinde, wo ich verlegen mein hässliches blaues OP -Hemd hinten zuhalte. Der Raum ist kalt und unpersönlich und voll mit medizinischem Personal. Ich versuche, nicht auf das OP -Besteck zu blicken, das auf einem Tablett ausgebreitet liegt, und konzentriere mich stattdessen auf die Schuhe der Ärzte und Schwestern. Ich bemerke, dass alle Crocs anhaben.
»Wo ist Dr. Lucy?«, frage ich.
Ein maskierter Mann erklärt mir, dass er mir heute meine Eizellen entnehmen wird. »Nennen Sie mich einfach den Osterhasen«, sagt er.
Er sieht irgendwie jung aus, zu jung für meinen Geschmack. »Haben Sie das schon einmal gemacht?«, frage ich.
»Nein, aber ich habe schon viele Mandeln entfernt.«
Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere, bis ich im Aufwachraum zu mir komme und erfahre, dass sechs Eizellen entnommen wurden.
»Gut gemacht, Häschen«, sagt Chris und gibt mir einen Kuss. Ich bin begeistert. Ich weiß, dass ein paar davon, oder sogar alle, vom jetzigen Zeitpunkt bis zum Transfer absterben können, aber es kommt mir wie ein Wunder vor, dass ich überhaupt Eizellen produziert habe.
Später an diesem Tag, als ich mich zu Hause ausruhe, ruft die Krankenschwester an und teilt mir mit, dass eine Eizelle abgestorben sei und bei den übrigen fünf die Befruchtung geklappt habe. »Aber«, warnt sie, »es ist noch zu früh, um sich zu freuen.«
Dr. Lucy hat mich darüber aufgeklärt, dass meine befruchteten Eizellen länger kultiviert werden, damit sie das Blastozystenstadium erreichen. Normalerweise bleiben die Eizellen zwei Tage in den Petrischalen, bis sie vierzellige Embryonen gebildet haben. Da die Qualität meiner Eizellen schlecht ist, werden sie fünf Tage im Brutschrank kultiviert, bis sie zu Blastozysten herangereift sind, die viel mehr Zellen aufweisen. Schlechte Embryonen überleben die ersten fünf Tage nämlich nicht, während die stärksten sich bis zum Blastozystenstadium entwickeln und die besten Chancen haben, sich in der Gebärmutter einzunisten. Es macht keinen Sinn, nach zwei Tagen einen unterentwickelten
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