Torschlussmami: Eine Frau auf der Suche nach dem großen Babyglück (German Edition)
Minuten von der Hebamme befühlt und befingert zu werden verbessert meine Chancen, Schlaf zu finden, auch nicht gerade.
Sechs Stunden später werde ich gerade von Dr. Olivia und der Hebamme untersucht, als plötzlich die Maschinen zu piepen beginnen und die beiden Geburtshelferinnen ganz still werden. Eine zweite Hebamme kommt hereingestürmt, und die drei stellen sich ein Stück abseits und unterhalten sich in gedämpftem Ton. Irgendetwas stimmt nicht. Chris und ich wechseln einen besorgten Blick. In diesem Moment weiß ich, wie sich nackte Panik anfühlt. Ein paar Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen, verstreichen, und Dr. Olivia kündigt an, dass ich sofort für einen Notkaiserschnitt vorbereitet werde. Mein Kind steckt im Geburtskanal fest, und die Herztöne sind unregelmäßig. Ich weiß nicht, ob es an meiner Panik liegt oder bloß an der Erschöpfung, aber kaum werde ich in den OP gerollt, muss ich mich übergeben.
Chris sitzt neben mir und hält meine Hand. »Ich hoffe wirklich, sie hat keine Schlitzaugen oder eine dunkle Hautfarbe«, sage ich. Die Schwestern sehen mich verlegen an und halten mich wahrscheinlich für eine Rassistin, eine Schlampe oder womöglich beides. Ich habe nicht die Energie, meine Angst vor einer Embryo-Verwechslung zu erklären, obwohl das im Moment meine geringste Sorge ist. Ich will einfach nur, dass meiner Kleinen nichts passiert.
Ich spüre ein Ziehen und höre einen leisen Schrei. Es ist der süßeste Ton, den ich je gehört habe. Mein Baby ist draußen, und es lebt. Die kleine Violet Polly wird über den Sichtschutz gehalten. Ich würde gerne sagen, dass ich von einem Gefühl der Liebe überwältigt werde, aber dem ist nicht so. Das Einzige, was ich fühle, ist Brechreiz. Während Violet sauber gemacht und untersucht wird, bekomme ich ein Medikament gegen die Übelkeit, sodass ich, als sie mir gebracht wird, wenigstens in der Lage bin zu erkennen, dass ich auf mein Baby blicke, und beginne, das Ausmaß dieses Ereignisses zu begreifen.
Die nächsten Tage sind eine verschwommene Mischung aus Schlaflosigkeit und dem Versuch, den Dreh herauszubekommen, wie man richtig stillt. Pünktlich am dritten Tag meldet sich der Babyblues. Ich weiß, dass ich ihn habe, als die Krankenschwester Violet aus ihrem Bettchen nimmt und mir reicht. Meine erste Reaktion ist: »Nein, ich will nicht. Was soll ich damit?« Aber ich spreche den Gedanken nicht laut aus, sondern lege mir die Kleine stattdessen für einen weiteren quälenden Versuch, ihr Milch zu geben, an die Brust. Kurz danach gehe ich unter die Dusche, und dort kommen mir zum ersten Mal die Tränen. Ich weine, weil meine Wunde schmerzt, ich weine, weil mein Körper mit Wasser aufgeschwemmt ist und ich jetzt noch dicker bin als in der Schwangerschaft, ich weine, weil ich mich unzulänglich und überwältigt fühle, und ich weine einfach so. Chris ist klasse. Er sagt mir, es sei normal, was ich fühle, und ich müsse es einfach überstehen.
Ein paar Tage später gehen wir zu einer städtischen Informationsveranstaltung mit dem Titel Die ersten acht Wochen . Dort müssen wir uns den anderen Paaren vorstellen und über unser Geburtserlebnis sprechen. Ich weiß nicht, warum, aber als ich von meinem Kaiserschnitt erzähle, treten mir Tränen in die Augen. Auf der rationalen und intellektuellen Ebene ist es mir egal, dass Violet durch den Notausgang auf die Welt kam. Aber ich fühle mich seelisch verwundet. Mein ganzes Leben lang wurde mir gesagt, dass ich ein gebärfreudiges Becken habe, und mein ganzes Leben lang habe ich Querstreifen und A-förmige Kleider getragen, um es zu kaschieren. Nun hatte es seinen großen Moment, um zu glänzen, und ließ mich im Stich. Was macht es für einen Sinn, ein gebärfreudiges Becken zu haben, wenn man damit nicht gebären kann? Oder vielleicht ist der Kaiserschnitt wieder so eine Frauensache: Ich habe die Geburt nicht so hinbekommen, wie man sollte. Ich konnte nicht auf natürliche Weise schwanger werden, ich konnte nicht auf natürliche Weise gebären, und, wie ich rasch herausfinde, ich kann auch nicht auf natürliche Weise stillen.
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Brüste, Fläschchen und der Babyblues
I ch habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so als Versagerin gefühlt. Aufgrund des Blutverlusts durch den Kaiserschnitt und einer großen Dosis Antibiotika habe ich Mühe, Milch zu produzieren, was bedeutet, dass ich in den ersten sechs Wochen jeden Tag acht Stunden an der Milchpumpe hänge. Sich selbst zu melken wie
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