Tortenschlacht
ihm in einer Mischung aus Trost und spöttischer Zuneigung über den Rücken. »Armer Kerl.«
»Warum?« In Siggis Augen schimmern jetzt Tränen. »Was hab ich falsch gemacht?«
»Wollen wir das wirklich wieder aufwärmen?« Monika schüttelt den Kopf. »Was vergangen ist, ist vergangen. Wir sollten in die Zukunft schauen.«
Ja, macht mal, denke ich und stelle mein Glas ab. »Also, ich gehe dann wieder.«
»Was, schon?« Monika sieht mich fragend an. »Du hast noch nicht mal deinen Wein getrunken!«
»Nichts für ungut, ihr zwei«, erkläre ich, »aber ich will bei eurer Zukunftsplanung nicht stören.«
»Er ist eifersüchtig«, höhnt Siggi bitter, »nicht zu glauben, aber wahr: Der Kerl hat meine Familie zerstört, und jetzt ist er auch noch eifersüchtig!«
»Dieter hat unsere Familie nicht zerstört«, widerspricht Monika scharf, »das warst ganz allein du selbst, Siggi, sieh das endlich ein.«
»Ohne mich hättest du Moni doch damals gar nicht kennengelernt«, spotte ich, »und unsere Tochter nicht versorgen können.«
»Schon gut …« Siggi atmet tief durch und hält sein Weinglas mit beiden Händen umklammert, dass die Fingergelenke weiß hervortreten. Vermutlich stellt er sich vor, das Glas wäre mein Hals und er könne mich so erwürgen. »Schon gut«, wiederholt er langsam und setzt sich wieder. »Ich gebe mich geschlagen.«
»Fein.« Ich will zur Tür. »Dann kann ich ja gehen.«
»Du bleibst hier!« Monika zerrt mich entschieden am Arm zurück. »Verdammt noch mal, reiß dich zusammen und setz dich!« Sie deutet auf die Couch.
»Neben den?« Niemals! Ich setze mich nicht neben Siggi, sondern in den Schaukelstuhl.
»Meine Güte, ihr benehmt euch wie Kinder«, ruft Monika vorwurfsvoll und setzt sich kopfschüttelnd neben ihren Exgatten, was mir auch nicht gefällt.
»Wir sollten aufhören, uns das Leben schwer zu machen«, lässt sich Siggi vernehmen, »Monika braucht uns beide.«
»Erzähl du mir nicht«, unterbricht sie ihn barsch, »was ich brauche!«
»Mit Siggi kann es keine Zukunft geben«, erkläre ich und gieße mir Wein nach. »Der ist ein Auslaufmodell.«
»Das sehe ich völlig anders«, meint Siggi.
»Ruhe!« Monika ist außer sich. »Ihr benehmt euch wie zwei Chauvinisten, ist euch das eigentlich klar?«
»Wir sind Chauvinisten«, grinst Siggi und zwinkert mir verschwörerisch zu.
Idiot, denke ich.
»Herrgott, ihr gehört beide zu meinem Leben.« Monika sieht uns abwechselnd an. »Und es ist mir wirklich nicht leichtgefallen, das zu akzeptieren. Deshalb bin ich in Görlitz geblieben, obwohl mich meine Tochter dafür gehasst hat und zu Dieter gezogen ist.« Auch sie schenkt sich Wein nach. »Aber jetzt bin ich hier. In Berlin.« Sie lächelt versöhnlich. »Bei meinen kindischen Männern. Und bei meiner Tochter.«
»Sollen wir eine Kommune aufmachen?«, frage ich genervt. Gott, was will sie bloß von uns?
»Das Wichtigste ist Melanie.« Siggi setzt seine Besorgter-Vater-Miene auf. »Da tragen wir schließlich alle die Verantwortung. Und wenn das Mädchen Drogenprobleme hat, könnte das mit unserer verworrenen Familiensituation zusammenhängen.«
Hört, hört! Siggi der Kinderpsychologe. Vom Schnüffler zu Professor Freud. Ein echter Verwandlungskünstler.
»Zu deiner Beruhigung«, sage ich, »Melanie ist nicht drogenabhängig.«
»Vom Drogenkonsum zur Drogensucht«, doziert Siggi, »ist es bekanntlich nur ein kleiner Schritt.«
»Mann, wir haben doch alle mal gekifft«, rufe ich und bin so Melanies Argumentation ziemlich nah.
»Ich nicht«, sagt Dieter.
»Ich auch nicht«, sagt Monika.
Beide sehen mich fragend an.
»Was jetzt?« Spinnen die? »Bin ich jetzt der Süchtige hier, oder was?«
»Aber nein, Dieter.« Siggi legt die Stirn in bekümmerte Falten. »Ich fürchte nur, dass du das Problem auf die allzu leichte Schulter nimmst.«
»Ich war in der Rauschgiftfahndung, Siggi. Und ich bin der Letzte, der die Gefährlichkeit von Drogen unterschätzt!«
»Dieter, das behauptet auch keiner.« Monika macht ein Gesicht wie eine Krankenschwester. »Aber könnte es nicht sein, dass du mit der Erziehung unserer Tochter etwas überfordert bist?«
»Könnte es sein, dass ihr beide ziemlich einen an der Waffel habt?« Das ist, ich gebe es zu, nicht sonderlich konstruktiv, aber allmählich beginne ich, mir Sorgen über den weiteren Verlauf des Gesprächs zu machen. »Was wollt ihr? Melanie wieder in eure Obhut nehmen?« Wütend springe ich auf. »Bitte, gern geschehen!
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