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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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auf seinen Bierkasten stürzte.
    »Ey Alter, det is doch mal ‘ne vernünft’je Maßnahme«, riefen sie und köpften die Flaschen in atemberaubender Geschwindigkeit. Was Bentzsch am meisten verwunderte, war, dass sie es ohne Öffner taten, anscheinend mit den Händen … Er stand da, mit schiefem Lächeln, und ihm war anzusehen, dass er sich wie in absoluter Fremde fühlte, irgendwo ausgesetzt in den Regenwäldern Südamerikas zwischen wilden Eingeborenen.
    »Hier, Nachbar!« Irgendwer drückte ihm eine Flasche Bier in die Hand: »Ein edler Spender soll nich trocken bleiben.«
    »Oh, vielen Dank«, machte Bentzsch hilflos und hob seine Flasche. »Ja, zum Wohle, dann!« Er stieß mit den Punks an, trank und beschloss, einen Vorstoß zu wagen. »Also ich habe mir noch mal Gedanken gemacht über das, was ihr im Plenum gesagt habt. Und ihr habt völlig recht, Jungs! Ihr wollt und sollt die Häuser gemeinsam übernehmen!«
    »Ach!« Der würdevolle Irokese kam langsam die Treppe herunter. » KWV -Männchen macht neue Angebote?«
    »Heavy!« Bentzsch strahlte wie ein Versicherungsverkäufer. »Ich habe wirklich gute Neuigkeiten für euch.«
    »Lass hören, Alter!« Heavy Polzin nahm sich ein Bier und hockte sich auf die Treppe. »Aber fasel nicht rum, wir sind alle ziemlich scheiße drauf. Du hast ja gesehen, was mit der Sechzehn passiert ist.«
    »Furchtbar«, fand Bentzsch das, und seine Erschütterung war durchaus ehrlich. »Es soll sogar einen Toten gegeben haben?«
    »Das war Mord«, sagte Polzin düster. »Die Bullen ermitteln. Da will uns jemand mit aller Gewalt vertreiben.«
    »Sogenannte Alteigentümer aus dem Westen«, erwiderte Bentzsch und passte sich Polzins unheildräuender Stimmlage an: »Die sind zu allem fähig. Die warten nur auf den dritten Oktober, und dann geht’s rund. Dann gilt auch bei uns die harte Westberliner Linie. Dann wird hier brachial geräumt, verlasst euch drauf.«
    »Und?« Polzin trank unbeeindruckt von seinem Bier. »Was haste uns heute vorzuschlagen?«
    »Gemeinsame Übernahmeverträge!« Bentzsch sagte es wie »tolle Weihnachtsgeschenke« und setzte mit froher Miene hinzu: »So wie ihr es in eurem Plenum verlangt habt! Einer für alle, alle für einen. Damit seid ihr praktisch rechtlich unanfechtbar, und es gibt für jedes Grundstück nur ein Papier.«
    »Für die Sechzehn auch?«
    »Auch für die Sechzehn«, bekräftigte Bentzsch.
    »Und was sollen wir mit der Brandruine machen? Platt machen für ‘n Bolzplatz, oder was?«
    »Das wird sich zeigen«, sagte Bentzsch, »wichtig ist, dass erst mal der Druck vom Kessel genommen wird.« Er riss die Arme hoch und holte das Letzte aus sich raus: »Kinder«, rief er eindringlich, »die haben euch nebenan das Haus angesteckt! Weil sie euch raushaben wollen! Wenn ihr aber die Verträge unterschrieben habt, wird euch niemand mehr hier rauskokeln können! Wir hätten den Kapitalistenschweinen dann richtig eins auf die Nase gegeben, quasi …«, er lachte abgehackt, »… mit ‘nem Molli in Textform. Es ist eine Sicherheit für euch«, setzte er abschließend hinzu, »für die Zukunft und für uns als KWV .«
    »Quanta costa?« Polzin sah skeptisch auf.
    »Praktisch nichts«, versicherte Bentzsch, »die symbolische Mark pro Haus, da ihr die ja in Eigeninitiative wieder bewohnbar gemacht habt. Den Rest übernimmt der Sozialfonds, genauso wie die Betriebskosten. Ihr müsstet euch nur endlich entscheiden!« Bentzsch klang fast flehend. »Begreift doch, das ist ein einmaliges Angebot, wir sind doch auf eurer Seite, schon allein aus sozialer Verantwortung. Wir sind doch alle im Herbst nicht auf die Straße gegangen, um uns jetzt von Bonner Kapitalisten indoktrinieren zu lassen.« Er verfiel in ein leidenschaftliches Tremolo. »Die Revolution geht weiter! Mit diesen Verträgen wird die ›Autonome Republik Helmholtzplatz‹ weiterexistieren! Allen Widerständen zum Trotz! Wir werden hier beispielgebend ein Modell für unser vereintes, unser neues Deutschland sein!«
    Die Punks johlten und klatschten, und es wurde nicht ganz klar, ob der Applaus ironisch oder ernst gemeint war.
    »Plenum«, sagte Polzin schließlich. »Wir müssen das im Plenum diskutieren.«
    7    AUF DER FAHRT zurück um den Alexanderplatz herum und die Gruner- und Leipziger Straße hinunter, entwirft Hünerbein ein hoffungsvolles Bild.
    »Wirst sehen«, sagt er, »wir kommen nach Hause, und da sitzt sie schon und arbeitet brav das Versäumte aus der Schule nach.«
    Er stoppt

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