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Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Titel: Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna K.
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wenn die beiden lange geschieden waren, so war ihr Umgang gut genug, um sie das jetzt zu fragen.
    Ich habe den Mantel sogar zurück an den Ständer gehängt, bevor ich losging.
    Ich wusste nicht viel über Schlaganfälle. Ich wusste nicht, dass man so etwas mit fünfzig bekommen konnte. Ich wusste nur, dass es schlimm war. Und es war schlimm.
    Zehn Wochen lang konnte mein Vater nur liegen, fast nicht sprechen. Kein Gedanke, sein altes Leben wiederaufzunehmen. Und kein Gedanke für mich, jetzt Berlin zu verlassen, um durch die Karibik zu schippern.
    Auch wenn klar war, dass mein Vater nicht sterben würde – er würde auch nicht wieder gesund werden. Ein Gericht bestimmte mich sogar vorübergehend zu seinem Vormund.
    Mein Vater war bis vor dem Schlaganfall noch mit weit
größerer Ausdauer als ich durch die Kneipen und Bars der Stadt gezogen. Er arbeitete als selbständiger Fotograf und Kameramann und liebte es, auszugehen und Freunde zu treffen. Wie stolz war ich früher, wenn er eine Folge vom Sandmännchen gedreht hatte und sein Name im Abspann stand.
    Tagsüber arbeitete ich jetzt also im Bremer Hof, abends rannte ich in die Reha, um meinem Vater aus dem Tagesspiegel vorzulesen oder einfach nur, um bei ihm zu sitzen. Als er wieder in seine Wohnung ziehen konnte, war es schon September und die Schule würde bald anfangen. Die Betreuung meines Vaters würden wir uns teilen: ein bisschen meine Schwester aus der ersten Ehe meines Vaters, ein bisschen ich. Damit würde er vorerst klarkommen.
    Den Job im Bremer Hof behielt ich, für die Wochenenden. Vom BAföG und der erneuten Zuwendung meiner Mutter alleine hätte ich nicht leben können.
    Es war einer der ersten wirklich schönen Herbsttage, als ich wieder eingeschult wurde. Die Blätter waren bereits goldgelb und rot, die meisten hingen noch an den Ästen. In der S-Bahn standen die Berufspendler dicht gedrängt. Ich schielte hinaus, zwischen den Armen hindurch, die sich zum Festhalten reckten, um möglichst lange die bunten Blätter sehen zu können. Ich war ein bisschen aufgeregt und freute mich auf meinen ersten Schultag – ich konnte es kaum erwarten, mit dem Lernen loszulegen.
    Am erstaunlichsten fand ich es, wie schwer es mir fiel, neunzig Minuten lang auf einem Stuhl zu sitzen. Ich fühlte
mich wie ein Erstklässler, der das Stillsitzen lernen muss. Meine Mitschüler waren größtenteils so alt wie ich, also Mitte zwanzig, oder noch ein bisschen älter. Ins Hotel zurück wollten von fünfundzwanzig nur genau zwei: Das waren die beiden Jüngsten. Ihre Eltern hatten sie hierher geschickt, sie sollten hier auf eine Karriere in ihrem Familienhotel vorbereitet werden, das sie schließlich eines Tages mal übernehmen sollten. Alle anderen wollten das genaue Gegenteil von den beiden und damit das Gleiche wie ich: nicht rein ins Hotel, sondern möglichst schnell raus.
    Niemand will alt werden im Hotel. Noch nicht mal in der Hoteldirektion, auch diese Jobs sind nicht besonders gut bezahlt und für ein paar hundert Euro mehr arbeitet man endgültig rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, zweiundfünfzig Wochen im Jahr. Der Chef einer Kollegin formulierte es so: »Bevor ich morgens meiner Frau ›Guten Morgen‹ sage, rufe ich im Hotel an und frage, ob alles in Ordnung ist. Und nachdem ich ihr abends ›Gute Nacht‹ gesagt habe, rufe ich auch noch mal im Hotel an.« Er war stolz auf seinen Einsatz. Ich kenne Kollegen, die schlafen zu Hause in Hotelbettwäsche und essen von Hotelgeschirr.
    In der Schule versammelten sich die, die es nie so weit kommen lassen wollten.
    Dass darin ein gewisser Widerspruch steckte, eine Hotelfachschule zu besuchen, um aus der Hotellerie auszusteigen, kam mir erst nach einer Weile in den Sinn.
    Wenn unsere Lehrer uns sagten: »Ihr werdet strampeln müssen, wenn ihr woanders Karriere machen wollt. Ihr
werdet euch wundern. Niemand gibt euch einen guten Job, nur weil ihr hier wart«, dann dachte ich: Selbst wenn ihr recht habt, was ich bezweifle, und ich mit diesem Studium eigentlich ins Hotel zurück sollte, dann werde ich eben die Einzige sein, die von hier aus doch einen Sprung macht, einen viel größeren, als ihr mir zutraut. Haben nicht schon früher alle Lehrer damit gedroht, aus uns werde nichts, wenn wir nicht bald dieses oder jenes verstünden? Und dann wurde doch etwas aus uns. Zumindest aus einigen.
    Das erste Schuljahr war fast zu Ende, als ich Fabian wiedertraf. Ich kannte Fabian, seit ich sechs war, wir waren zusammen in der

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