Total Recall
Nazi, sondern provozierte gern und wollte Dino nur schockieren. Den Rest der Produktionszeit kaufte er in zwielichtigen Antiquitätengeschäften immer wieder kleine Bleifiguren von Mussolini, Hitler, Stalin und Franco, die er Dino anschließend auf den Tisch stellte.
Als Nächstes schickte mir Dino seinen Firmenanwalt, der den Vertrag mit mir neu aushandeln sollte. Der Anwalt hieß Sidewater, und mein Agent Larry gab ihm den Spitznamen »Sidewinder« (Klapperschlange). »Dino will Ihnen keine fünf Prozent geben, wie es im Vertrag steht«, verkündete er. »Er will ihnen gar keine Prozente geben.«
»Behalten Sie Ihre Prozente«, sagte ich. »Ich feilsche nicht mit Ihnen.«
Er sah mich mit offenem Mund an. »Gar keine?« Er war völlig von den Socken. Er hatte wohl eine hitzige Diskussion erwartet. Immerhin: Jeder Prozentpunkt kann sich, wenn der Film Erfolg hat, zu vielen Tausend Dollar summieren.
»Den ganzen Anteil«, sagte ich. »Behalten Sie ihn.« Die kannst du dir an den Hut stecken, dachte ich mir, denn dafür mache ich den Film schließlich nicht. Ich betrachtete die Sache realistisch: Dino hatte das Geld, und ich brauchte den Film für meine Karriere. Es hatte keinen Sinn, sich zu streiten, denn es ging hier nur um Angebot und Nachfrage. Außerdem war ich überzeugt, dass sich eines fernen Tages das Blatt noch wenden würde und Dino zahlen musste.
Wie ich schnell merkte, war John Milius ein Mann der dramatischen Gesten. Er war ein bärenstarker Kerl mit schwarzen Locken und Bart, der Zigarren rauchte und eine Harley-Davidson fuhr. Er hatte ein Faible für Geschichte, besonders für Kriegsgeschichte, und verfügte über ein enzyklopädisches Wissen über Schlachten und Waffen von den Ägyptern, Griechen und Römern bis zum heutigen Tag. Er wusste alles über die Wikinger, die Mongolen, die Piraten aller Zeitalter, die Samurai und die Ritter und Langbogenschützen des Mittelalters. Er kannte sich mit der Munition im Zweiten Weltkrieg aus und wusste, was für eine Waffe Hitler bei sich getragen hatte. Und das alles brauchte er nicht zu recherchieren, sondern er hatte es abrufbereit im Kopf.
Er bezeichnete sich gern als Zen-Faschisten und prahlte damit, rechts der Republikaner zu stehen. In der Stadt hielt ihn manch einer für verrückt. Aber er war so ein ausgezeichneter Drehbuchschreiber, dass ihn sogar liberal Gesinnte um Hilfe baten, etwa Warren Beatty mit Reds . Keiner konnte besser Macho-Texte schreiben als John Milius. In Der weiße Hai erzählt Captain Quint vom Untergang der USS Indianapolis im Zweiten Weltkrieg. Das Schiff sank, nachdem es die Hiroshima-Bombe geliefert hatte, und ein Großteil der Mannschaft wurde von Haien aufgefressen. Dieser Monolog stammte von Milius. Er endete mit den Worten: »1100 Männer gingen ins Wasser, 316 Männer kamen raus, der Rest war für die Haie, geschehen am 29. Juni 1945. Na, wenigstens hatten wir vorher die Bombe geliefert.« Milius schrieb auch die zum Kult gewordenen Worte, die Robert Duvall in Apocalypse Now spricht: »Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen. Riecht nach … Sieg.« Und natürlich meine Lieblingsstelle in Conan der Barbar , als der Barbar gefragt wird: »Was ist für einen Mann das Schönste im Leben?«, und er antwortet: »Zu kämpfen mit dem Feind, ihn zu verfolgen und zu vernichten und sich zu erfreuen am Geschrei der Weiber.«
Ich war gern mit Milius zusammen, der so hemmungslos Macho-Fantasien pflegte und dem Teddy-Roosevelt-Ideal nachhing. Mir gefiel es, in seine Welt einzutauchen. Aber ich konnte sie jederzeit wieder verlassen. In der einen Minute spielte ich als Schauspieler meine Rolle, in der nächsten lag ich wieder als Arnold am Strand. Ich war Geschäftsmann oder Bodybuilding-Meister und dann wieder Romeo, egal was. Milius hingegen saß in seiner Welt fest. Das gehörte zu seinem Charme. In seinem Büro hatte er immer Schusswaffen, Schwerter und Messer liegen. Er gab gern mit seinen Purdeys an, britischen Schusswaffen, die einzeln angefertigt und mit einer speziellen Gravur versehen werden. Die Herstellung einer Waffe dauert Monate und kostet Zehntausende von Dollars. Milius gönnte sich nach jedem Spielfilm eine neue Purdey.
Sein enormes Wissen teilte er gern jedem mit, den es interessierte. Er schnappte sich ein Schwert und sagte: »Fühl mal dieses Schwert. Spür das Gewicht. Das war der Unterschied zwischen dem britischen und dem französischen Schwert. Das französische war leichter …«, und dann redete er
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