Total Recall
Beziehung zu den Abgeordneten allerdings war jetzt gespannt. Das ging zum Teil auch darauf zurück, dass ihre und meine Beliebtheitswerte in einem krassen Gegensatz standen. Als ich gezeigt hatte, dass ich etwas bewegen konnte, stiegen meine Werte auf mehr als siebzig Prozent, während die des Parlaments irgendwo zwischen zwanzig und dreißig Prozent lagen. Ich wurde als »Gouvernator« gefeiert, nicht nur in Kalifornien, sondern auch in den nationalen und internationalen Medien. Im Präsidentenwahljahr spekulierten die Journalisten darüber, ob ich irgendwann als Präsidentschaftskandidat antreten würde, obwohl dazu eine Verfassungsänderung nötig war, die niemand wirklich erwartete. Meine Umfragewerte blieben das ganze Jahr über hoch, bis über die Wahl im November hinaus, als Kaliforniens Wähler mich bei allen Gesetzesinitiativen unterstützten, zu denen ich Stellung bezogen hatte. In der umstrittensten Gesetzesvorlage ging es darum, Klagen gegen Unternehmen und die wegweisende Stammzellen-Initiative zu stoppen, in die wir 3 Milliarden Dollar für innovative Forschung gesteckt hatten, nachdem die Bush-Regierung die Finanzierung durch den Bund zurückgeschraubt hatte. Außerdem schossen wir zwei Initiativen ab, die den ohnehin schon unverschämten Privilegien der Indianer-Casinos noch weitere hinzufügen wollten.
Ich machte Furore, und mein Ansehen stieg. Man bat mich sogar, Präsident Bush im Wahlkampf um die zweite Amtszeit zu helfen. Man lud mich ein, auf dem Parteitag der Republikaner zur besten Sendezeit als einer der drei Hauptredner zu sprechen. Dabei spielte es keine Rolle, dass ich in den meisten Fragen weitaus gemäßigtere Positionen vertrat als die Bush-Regierung, die immer weiter nach rechts gerückt war. Wichtig war für sie, dass ich Aufmerksamkeit erregen würde.
Also stand ich am Abend des 31. August auf dem Podium im Madison Square Garden. Dort war ich zuletzt vor dreißig Jahren aufgetreten, als ich Sieger wurde im Kampf um den Mister-Olympia-Titel im Bodybuilding. Damals allerdings stand ich vor viertausend Fans im Felt Forum, und diesmal waren es fünfzehntausend jubelnde Delegierte in der Hauptarena zur besten Sendezeit im landesweit augestrahlten Fernsehen. Maria, die in früheren Jahren als NBC-Korrespondentin über solche Parteitage berichtet hatte, saß diesmal mit den Kindern neben Bush senior und seiner Ehefrau. Jedesmal wenn die Kameras die Reaktion von George Bush einfingen, sah man sie lächeln. Ich war gerührt von dem Teamgeist, den sie an diesem Abend zeigte.
Mein Herz schlug bis zum Hals, aber die jubelnde Menge erinnerte mich an den Sieg als Mister Olympia, und das beruhigte mich ein bisschen. Als ich zu reden begann und hörte, wie die Menschen reagierten, hatte ich wirklich das Gefühl, dass mein Auftritt jetzt einiges mit dem Posing damals gemein hatte. Die Menschen folgten gebannt meinen Ausführungen.
Auf diesen Auftritt hatte ich mich intensiver vorbereitet als auf jeden anderen zuvor. Die Rede war immer wieder überarbeitet worden, und ich hatte sie mehrere Dutzend Mal geprobt. Es war ein echter Höhepunkt in meinem Leben. »Sich vorzustellen, dass ein schmächtiger kleiner Junge aus Österreich irgendwann einmal Gouverneur des Staates Kalifornien werden und dann hier im Madison Square Garden stehen und im Namen des Präsidenten der Vereinigten Staaten sprechen kann – das ist der Traum eines jeden Einwanderers«, erklärte ich den Delegierten.
Mir persönlich gefiel der Abschnitt am besten, wo es hieß: »Man weiß, dass man Republikaner ist, wenn …« Und dann folgte eine Liste mit Ansichten wie: »Wenn man daran glaubt, dass die Regierung dem Volk dienen sollte«. »Wenn man daran glaubt, dass jeder Mensch als Individuum behandelt werden sollte«. »Wenn man daran glaubt, dass unser Bildungssystem für die Zukunft unserer Kinder verantwortlich ist«. Das waren einige meiner Kriterien. Ich schloss mit einem Appell, George W. Bush für eine weitere Amtszeit ins Weiße Haus zu bringen, und ließ den ganzen Parteitag skandieren: »Four more years! Four more years.« Die Rede erntete stürmischen Applaus.
Eunice und Sarge, die sie im Fernsehen verfolgt hatten, kamen am nächsten Morgen zum Frühstück zu Maria und mir ins Hotel. Eunice hatte ihre helle Freude an meiner Wenn-Liste gehabt. »So, wie du es dargestellt hast, bin selbst ich eine Republikanerin!«, witzelte sie.
Zu Hause in Kalifornien versuchten meine politischen Gegner auch wegen meiner
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