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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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schwerere Gewichte als ich!«
    »Ich muss mich um meine Familie kümmern«, antwortete er.
    Auf Druck von Gewerkschaften, Anwälten und Ärzten hatten die Abgeordneten die Regeln so weit gelockert, dass die Arbeitnehmer das System ausnutzen und praktisch jede Krankheit und Verletzung behandeln lassen und sich krankschreiben lassen konnten, bei vollem Lohn und ohne jede Deckelung oder Zuzahlung. Es lief auf eine kostenlose Gesundheitsfürsorge mit voller Lohnfortzahlung hinaus, die vom privaten Sektor bezahlt wurde. Durch dieses Hintertürchen hatten die Demokraten doch noch bekommen, was sie wollten. John Burton erklärte es mir einmal ganz ehrlich so: »Die Unfallversicherung ist unsere Form einer umfassenden Krankenversicherung.« Damit sagte er praktisch, dass das Gesetz gemacht worden war, um es zu missachten.
    In Sachen Unfallversicherung kannte ich mich gut aus, weil Warren Buffett im Versicherungsgeschäft war und mir schon lange, bevor ich mich um das Gouverneursamt bewarb, erklärt hatte, wie verkorkst die Situation in Kalifornien war. Ich ließ Freunde aus der Geschäftswelt eine Gesetzesvorlage für einen Volksentscheid schreiben, die dem ein Ende bereiten sollte. Diese Vorlage war weitaus radikaler als die parallele Neufassung des Gesetzes, die ich im Parlament unterstützte – sie nahm den Arbeitnehmern mehr weg. Genau das war meine Strategie. Wenn Arbeiter, Anwälte und Ärzte den Volksentscheid fürchteten, waren sie vielleicht bereit, bei einem Kompromiss im Parlament weiter zurückzustecken. Ich verkaufte die Vorlage für den Volksentscheid ziemlich aggressiv. Wann immer die Verhandlungen mit dem Parlament ins Stocken gerieten, reiste ich im Staat herum und half, Unterschriften für die Initiative zu sammeln.
    Die Öffentlichkeit fand das sehr unterhaltsam, und es wirkte. Die Demokraten und Arbeitnehmervertreter bekamen es mit der Angst zu tun, und sie trafen eine Vereinbarung mit dem Parlament, die den Arbeitgebern viel Geld bei den Versicherungsprämien sparte. Die Demokraten hassten es, mit einer Initiative unter Druck gesetzt zu werden, und verzögerten die Verhandlungen. Jedesmal, wenn ich ihnen einen neuen Stapel mit gesammelten Unterschriften zeigte, boten sie ein paar neue Reformen an. Einigen konnten wir uns schließlich, als ich eine Million Unterschriften und damit genug für einen Urnengang zusammenhatte. Der Hebel – die Drohung mit der Wählerinitiative – hatte funktioniert. Durch unsere Reform sanken die Premien im nächsten Jahr um sechsundsechzig Prozent. Insgesamt bekamen kalifornische Unternehmen in unseren ersten vier Jahren 70 Milliarden Dollar erstattet.
    Der Staatshaushalt sah jedoch noch immer miserabel aus. Und als ich dem Parlament einen 103 Milliarden Dollar schweren Vorschlag für das am 1. Juli beginnende Steuerjahr unterbreitete, blockierten sie es über einen Monat lang mit sinnlosen Verhandlungen, sodass der Haushaltsplan zu spät bewilligt wurde. Der 1. Juli verstrich, dann eine weitere Woche und noch eine. Dass genau dies nicht passieren würde, hatte ich den Wählern versprochen, und mir fiel plötzlich wieder ein, was mir die Ex-Gouverneure bei meiner Amtseinführung prophezeit hatten: Sie werden viele Sommer allein und schwitzend in Sacramento verbringen. Ihnen hatte das ganz offenbar nichts genützt, also griff ich auf meine tollen Umfragewerte zurück und ging an die Öffentlichkeit. In einer Rede vor einigen hundert Menschen in einem Einkaufszentrum in Südkalifornien sagte ich, dass unsere Parlamentarier Teil eines politischen Systems seien, das »nicht mehr ›in Form‹ ist. Es ist nicht mehr aktuell. Es hat den Kontakt zu den Menschen verloren. Und es hat ganz eindeutig die Kontrolle verloren. Wenn sie ehrlich wären, würden sie hier jetzt stehen und zu Ihnen sagen: ›Ich will nicht Sie repräsentieren. Ich will irgendwelche Sonderinteressen repräsentieren, die Gewerkschaften, die Strafverteidiger.‹ Aber dazu fehlt ihnen der Mut.«
    Nichts von dem bereue ich. Doch meine nächste Äußerung bereue ich. Ich fuhr fort: »Für mich sind das ›girlie men‹ – Weicheier. Sie sollten sich wieder an den Tisch setzen und den Haushalt verabschieden.«
    Natürlich stand der Satz mit den »girlie men« nicht im Redemanuskript. Er war eine meiner kleinen Improvisationen, die mein Team zu fürchten gelernt hatte. Die meisten Zuhörer verstanden die Anspielung. Der Begriff »girlie men« stammte aus der Comedy-Sendung Saturday Night Live , aus der

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