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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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örtlichen Behörden«, erklärten mir die Fachleute. Die staatlichen Behörden sollen warten, bis die Behörden vor Ort sie um Hilfe bitten, und in Washington soll man warten, bis der Bundesstaat um Hilfe bittet. »Unfug«, sagte ich. So konnte es passieren, dass Tausende von Menschen in New Orleans auf den Dächern ihrer Häuser Zuflucht suchen mussten. Das wird es hier nicht geben! Ich hatte da eine ganz einfache Regel: Wenn es etwas gibt, das Sie tun müssen, dann tun Sie es sofort ! Und wenn das so nicht im Handbuch steht, werfen Sie das Handbuch aus dem Fenster.
    Sobald mein Team versammelt war, flogen wir an diesem 22. Oktober nach San Diego. Wir konnten den grauen Qualm der Brände schon aus hundertfünfzig Kilometern Entfernung sehen. Am Nachmittag würde ich mit einem Hubschrauber die Feuerwehrstützpunkte und die Flammen mit eigenen Augen sehen. Doch zunächst einmal war es das Wichtigste, vor die Öffentlichkeit zu treten. Ich traf Bürgermeister Sanders und andere Vertreter der Behörden vor dem Qualcomm-Stadion, und wir machten uns zusammen auf den Weg. Zunächst sprachen wir mit den Evakuierten, den Notfallhelfern und zahlreichen Freiwilligen, und dann redeten wir mit den Medien. Glücklicherweise hatte mein Vorgänger Gray Davis mir gezeigt, wie man sich in einer solchen Situation verhält. In der Zeit zwischen der Wahl und meinem Amtsantritt hatte er mich nach dem Ausbruch eines schweren, aber weitaus kleineren Brandes angerufen. Er fragte mich, ob ich ihn begleiten wollte, als er sich mit Feuerwehrleuten traf, die Leute zu Hause besuchten, mit betroffenen Familien sprach und eine Erklärung für die Medien abgab. Ich hatte beobachtet, wie er Informationen einholte, wie er den Feuerwehrleuten für ihren Einsatz dankte, ohne sie unnötig lange in ihrer Arbeit zu behindern, und wie er ihnen Frühstück brachte, als sie von der Nachtschicht zurückkamen. Er ging von Haus zu Haus, tröstete Opfer und fragte sie, ob der Staat irgendetwas tun könne. Er machte den Menschen wirklich Mut.
    Jetzt in San Diego hielten wir in regelmäßigen Abständen Pressekonferenzen ab, damit die Leute merkten, dass alle Informationen offen auf dem Tisch lagen. Wir erklärten alles Schritt für Schritt. Wir sagten etwa: »Wir haben Windstärken von bis zu hundert Stundenkilometern, und die Flammen können sich in kürzester Zeit kilometerweit ausbreiten. Aber wir werden das unter Kontrolle bringen.« Wir machten deutlich, dass die Helfer auf Bundes-, Staats- und lokaler Ebene zusammenarbeiteten, aber wir räumten auch Fehler sofort ein. Die Devise war: »Keinen Mist erzählen!« Es war großartig, jemanden wie Bettenhausen an seiner Seite zu haben. Er verfügte über große Erfahrung und versprühte überall Optimismus. Er wich nicht von meiner Seite und hielt den Kontakt zu den Brandmeistern und den Verantwortlichen vor Ort. Was sie zu berichten hatten, war oft wenig erfreulich, aber ihre Stimmen drückten nie Panik aus. Mit fester Stimme sagten sie: »Governor, wir haben hier ein großes Problem. Wir haben noch einmal fünfzig Häuser verloren. Drei Feuerwehrmänner sind verletzt, und wir positionieren unsere Leute neu. Wir evakuieren auch dieses Gebiet, die Highway Patrol und der Sheriff sind beteiligt, um die Straßen zu sperren und die Häuser zu schützen …« Wir hielten die Verbindung zu den Kommandanten und fragten immer wieder, was sie noch brauchten, und wir nutzten ihre Informationen für unsere regelmäßigen Stellungnahmen vor den Medien.
    Irgendwann hörten wir, dass der Wind gedreht hatte und ein Pflegeheim in ein provisorisches Auffanglager an der Pferderennbahn Del Mar umquartiert werden sollte. Del Mar war darauf eingerichtet, Pferden Schutz vor den Flammen zu bieten, aber nicht Menschen. Es war schon Abend, doch mein Instinkt sagte mir, dass ich mir das selbst ansehen sollte und dass die Situation für ältere Menschen besonders gefährlich sein konnte.
    Die Sonne ging gerade unter, als wir dort ankamen. Fast dreihundert alte, pflegebedürftige, zum Teil kranke Menschen waren evakuiert worden. Es war ein erschütternder Anblick: Viele saßen in Rollstühlen mit Infusionsständern daneben, andere lehnten sich an die Wände, saßen und lagen auf Matten auf dem kalten Beton. Ein paar von ihnen weinten, die meisten aber waren ganz ruhig. Ich hatte das Gefühl, durch eine Leichenhalle zu gehen. Einem alten Mann legte ich eine Decke über und faltete eine Jacke als Kissen unter dem Kopf einer Frau. Keiner

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