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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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Zeitpunkt ist jetzt da. Vielleicht hättest du dich sonst nie getraut.«
    Ich sagte dem Therapeuten: »Es stimmt.« Dann wandte ich mich Maria zu. »Es ist mein Kind«, sagte ich. »Es ist vor vierzehn Jahren passiert. Zuerst hatte ich keine Ahnung, aber jetzt weiß ich es schon seit einigen Jahren.« Ich erklärte ihr, wie leid mir das tat, wie falsch es war, dass es einzig und allein mein Fehler war. Ich ließ einfach alles raus.
    Ich hatte eine jener Dummheiten begangen, die ich, wie ich mir geschworen hatte, nie tun wollte. Mein ganzes Leben lang hatte ich nie ein Verhältnis mit Frauen, die für mich arbeiteten. Es passierte im Jahr 1996, als Maria und die Kinder im Urlaub waren und ich in der Stadt die Arbeiten zu Batman & Robin abschloss. Mildred arbeitete schon seit fünf Jahren in unserem Haushalt, und pötzlich waren wir allein im Gästehaus. Als Mildred im August ein Kind zur Welt brachte, nannte sie es Joseph und ließ keinen Zweifel daran, dass ihr Ehemann der Vater sei. Genau das wollte ich auch glauben – und glaubte es auch jahrelang.
    Joseph war oft bei uns zu Hause und spielte mit unseren Kindern. Die Ähnlichkeit jedoch fiel mir erst auf, als er schon in die Schule ging, ich Gouverneur war und Mildred die neuesten Fotos von ihm und ihren anderen Kindern herumzeigte. Er sah mir so ähnlich, dass er einfach mein Sohn sein musste. Mildred und ich sprachen nur ganz kurz darüber, aber von da an bezahlte ich seine Ausbildung und griff ihm und ihren anderen Kindern finanziell unter die Arme. Ihr Ehemann hatte sie ein paar Jahre nach Josephs Geburt verlassen, doch ihr Freund Alex hatte die Vaterrolle übernommen.
    Maria hatte mich viele Jahre zuvor schon einmal gefragt, ob Joseph mein Kind sei. Damals wusste ich nicht, dass ich sein Vater war, und leugnete es. Ich hatte jetzt das Gefühl, dass sie und Mildred, die inzwischen seit fast zwanzig Jahren bei uns arbeitete, sich ausgesprochen hatten. Jedenfalls schien Maria kaum etwas von dem, was ich zu sagen hatte, neu zu sein. Die Fakten lagen auf dem Tisch, und sie wollte Antworten.
    »Warum hast du es mir nicht früher gesagt?«, fragte sie.
    »Drei Gründe«, versuchte ich zu erklären. »Erstens wusste ich nicht, wie ich es dir sagen sollte. Es war mir so peinlich, und ich wollte dich nicht verletzen und unsere Ehe zerstören. Zweitens wusste ich nicht, wie ich es dir sagen und es trotzdem vertraulich halten konnte, denn du besprichst alles mit deiner Familie, und dann wissen es zu viele Menschen. Und drittens ist dieses Schweigen Teil meines Wesens. Ich behalte alles für mich, egal worum es geht. Ich bin nicht so erzogen worden, dass man über alles redet.« Das sagte ich zu dem Therapeuten, der mich nicht so gut kannte.
    Ich hätte noch zehn weitere Gründe anführen können, und sie hätten alle genauso banal geklungen. Tatsache war, dass ich im Leben aller Beteiligten Schaden angerichtet hatte und dass ich es Maria schon längst hätte beichten müssen. Doch statt das Richtige zu tun, hatte ich die Wahrheit irgendwo in meinem Kopf abgelegt, wo ich mich nicht jeden Tag damit beschäftigen musste.
    Normalerweise versuche ich mich zu verteidigen. Aber diesmal ging das nicht. Ich bemühte mich, so kooperativ wie möglich zu sein. Ich erklärte, dass ich es vermasselt hatte, dass sie bitte nicht glauben dürfe, es hätte irgendetwas mit ihr zu tun. »Ich habe es verbockt. Du bist die perfekte Ehefrau. Es ist nicht, weil irgendetwas falsch lief oder weil du eine Woche nicht zu Hause warst oder so etwas. Vergiss das alles. Du siehst fantastisch aus, du bist sexy, ich finde dich heute ebenso anziehend wie bei unserem ersten Date.«
    Maria entschied, dass wir uns trennen müssten. Ich konnte ihr das nicht verübeln. Ich hatte sie nicht nur in Bezug auf das Kind betrogen, Mildred hatte auch noch all die Jahre weiter in unserem Haus gearbeitet. Maria beschloss, dass sie selbst aus unserem gemeinsamen Haus ausziehen würde. Wir verabredeten, dass wir ein Arrangement finden würden, das die Kinder nicht total aus der Bahn warf. Auch wenn unsere Zukunft als Ehepaar unsicher war, wussten wir doch beide, dass wir weiterhin Eltern waren und alle Entscheidungen in Bezug auf unsere Familie zusammen treffen würden.
    Unsere Ehekrise machte ein für Maria sowieso schon schwieriges Jahr noch schlimmer. Sie trauerte noch immer um ihre Mutter, die fünfzehn Monate zuvor gestorben war. Sarge, inzwischen fünfundneunzig Jahre alt, war von seiner Alzheimer-Krankheit

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