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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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gespannt, wie mein in Amerika gestählter Körper bei den Kampfrichtern und Fans ankommen würde. Der Wettbewerb lief besser, als ich je gedacht hatte. In einem der stärksten Teilnehmerfelder ließ ich alle anderen weit hinter mir. Tausende Sets an Joe Golds Geräten hatten dazu beigetragen, meine Muskeln so zu definieren, dass weder die großen noch die kleiner gewachsenen Bodybuilder eine ernsthafte Konkurrenz darstellten. Und außerdem hatte ich noch eine schöne kalifornische Sonnenbräune!
    Der Sieg gab mir solchen Auftrieb, dass ich doch mit dem Gedanken spielte, beim Mister Olympia anzutreten. Womöglich hatte ich meine Fortschritte unterschätzt? Wenn ich Sergio schlagen würde, wäre ich der König!
    Am Morgen des Wettbewerbs reiste Sergio in seiner typischen auffälligen Aufmachung an: einem maßgeschneiderten karierten Anzug mit Weste, dunkler Krawatte, schwarzen Lederschuhen, einem Bowler auf dem Kopf und jeder Menge Goldschmuck. Wir zogen uns gegenseitig auf, während wir uns die Vorrunden zum Mister-America-Wettbewerb ansahen. »Hey, Monster, bist du in Form?«, fragte ich.
    »Hallo, Kleiner, heute Abend wirst du was zu sehen bekommen, das kann ich dir sagen«, erwiderte Sergio. »Du wirst deinen Augen nicht trauen. Niemand wird seinen Augen trauen.«
    Am Abend wärmten wir uns im Backstage-Bereich auf. Sergio war bekannt für sein langes Aufpumpen, wobei er einen Metzgerkittel trug, um seine Muskeln vor den Konkurrenten zu verbergen. Als wir schließlich auf die Bühne mussten, legte er den Kittel ab und ging vor mir her. Natürlich wusste er, dass ich ihn genau mustern würde. Ganz lässig hob er eine Schulter und präsentierte dabei den größten Latissimus, den ich je gesehen hatte. Groß wie ein Riesenrochen! Mit der anderen Schulter verfuhr er genauso. Sein Rücken war so gigantisch, dass ich den Eindruck hatte, er würde das Licht der Halle abdunkeln. Ein überaus effektiver Psychotrick. Ich wusste sofort, dass ich gegen ihn verlieren würde.
    Wir zeigten unsere Posen, zuerst ich, dann Sergio. Bei uns beiden brüllten und trampelten die Zuschauer vor Begeisterung. Dann erklärten die Richter, dass sie sich nicht entscheiden könnten, und holten uns zum parallelen Posedown nach vorn. Jemand rief: »Los!«, aber eine Minute lang rührte sich keiner von uns, als ob wir den anderen herausfordern wollten, anzufangen. Schließlich lächelte ich und zeigte meine erste Doppel-Bizeps-Pose, eine meiner besten. Das Publikum tobte. Sergio antwortete mit seiner bekannten Victory-Pose, bei der er beide Arme V-förmig nach oben streckte. Die Zuschauer drehten förmlich durch und skandierten: »Sergio! Sergio!« Ich zeigte eine Brust-Pose, die er aufzugreifen schien, aber dann überlegte er noch einmal und zeigte die Most-Muscular-Pose. Erneuter Jubel für Sergio. Ich zeigte meine beste Pose, mein Markenzeichen – die Dreiviertelrückenpose –, aber das reichte nicht. Sergio war mir einfach immer noch ein gutes Stück voraus.
    Ich lächelte und zeigte weiter meine Posen. Ich hatte bereits geschafft, was ich mir vorgenommen hatte, und war deutlich besser als im Vorjahr. Ich hatte alle anderen außer ihm geschlagen. Ich konnte mir sagen: »Du warst sehr gut, Arnold, und Sergios Tage sind gezählt.« Aber einstweilen war er eindeutig der Champion, und als sich die Richter für ihn entschieden, gratulierte ich ihm und umarmte ihn auf der Bühne. Er hatte den Ruhm voll und ganz verdient. Ich war deutlich jünger und würde bald die Nummer eins sein, und dann würde ich im Mittelpunkt stehen. Aber vorerst war er an der Reihe. Er war der Bessere.
    Im Herbst nahm Joe Weider die zweite Phase meines amerikanischen Traums in Angriff: Er brachte mich beim Film unter. Als Joe hörte, dass ein paar Produzenten einen Bodybuilder als Hauptrolle für einen Film brauchten, empfahl er mich.
    Mit Hercules in New York wurde für mich ein typischer Hollywood-Traum wahr. Man stellt sich immer vor, man ist gerade in Amerika eingetroffen, schlendert durch die Straßen, und plötzlich schießt ein Unbekannter auf einen zu und ruft: »Sie sind es! Sie sind die ideale Besetzung!« Man hört solche Geschichten immer wieder – ob sie stimmen, weiß man allerdings nicht.
    Tatsächlich war die Rolle bereits Dennis Tinerino angeboten worden, dem Mister America von 1967, den ich beim Wettbewerb um den Titel des Mister Universum geschlagen hatte. Dennis war ein echter Champion. 1968 hatte er den Mister-Universum-Titel bei den Amateuren

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