Total Recall
gewonnen. Aber Joe wollte nicht, dass er die Rolle bekam, weil er hauptsächlich mit den anderen Bodybuilding-Verbänden zusammenarbeitete. Also rief er bei den Produzenten an und sagte ihnen, dass ich in Wien Shakespeare-Darsteller gewesen sei und sie deshalb mich anstelle von Dennis nehmen müssten. »Ich weiß, dass Tinerino den Mister-Universum-Wettbewerb gewonnen hat, aber Schwarzenegger hat den Titel dreimal gewonnen«, sagte er. »Sie bekommen den besten Bodybuilder der Welt. Schwarzenegger ist Ihr Mann. Er ist umwerfend. Seine Bühnenpräsenz ist einzigartig.«
Es gibt keine österreichischen Shakespeare-Darsteller. Ich wusste nicht einmal, was Joe meinte, aber er sagte ohnehin, er sei mein Manager, und ließ mich nicht mit den Produzenten sprechen. Er befürchtete, dass mein Englisch zu schlecht war, daher erklärte er, als mich die Produzenten treffen wollten: »Nein. Er ist zurzeit nicht da. Aber er kommt bald zurück.« Ich wäre vor Lachen fast zusammengebrochen. Als wir uns schließlich doch trafen, wies Joe mich an, so wenig wie möglich zu sagen. Und plötzlich hatte ich die Rolle. Joe war wirklich der geborene Verkäufer.
Nach dem Mister-Olympia-Wettkampf reisten Franco und ich nach London, wo ich erneut den NABBA-Titel des Mister Universum gewann und damit einen neuen Rekord als erster Bodybuilder aufstellte, der viermal Mister Universum wurde. Dann flogen wir zurück nach New York, wo ich den Herkules mimen sollte.
Hercules in New York war eine Low-Budget-Parodie auf die Sandalenfilme. Laut Film wird Herkules das Leben auf dem Olymp langweilig, weshalb er trotz des Verbots seines Vaters Zeus auf einem verirrten Blitzstrahl ins New York der Gegenwart reist. Er freundet sich mit einem armen Kerl namens Pretzie an, der einen Brezelstand im Central Park betreibt. Pretzie steht Herkules bei verschiedenen Abenteuern in der Großstadt zur Seite, etwa wenn er mit Gangstern aneinandergerät, mit einem Grizzlybären kämpft, mit dem Streitwagen über den Times Square fährt, in die Hölle hinabsteigt, im Automatenrestaurant zu Mittag isst und mit der hübschen Tochter eines Professors für Mythologie anbandelt. Gerade als sich Herkules an das Leben in der Stadt gewöhnt hat, verliert Zeus die Geduld und schickt andere Götter, um ihn zurückzuholen.
Herkules ins moderne New York zu versetzen war im Grunde keine schlechte Idee, und der Film war eigentlich ganz lustig, vor allem Arnold Stang, der Komiker, der Pretzie spielte. Er war sehr klein, und ich war sehr groß. Ich muss zugeben, dass mich mein erster Kontakt mit der Filmbranche ziemlich einschüchterte. Ich hatte immer gedacht, ich würde frühestens mit dreißig eine Rolle beim Film bekommen. Und jetzt stand ich da, zweiundzwanzig Jahre alt, hatte es nach Amerika geschafft und spielte Herkules. Wie viele Menschen können derart ihre Träume verwirklichen? »Du solltest dich freuen!«, sagte ich mir.
Aber gleichzeitig dachte ich: »Ich bin noch nicht so weit. Ich habe noch nicht einmal Schauspielunterricht genommen!«
Wenn ich schon ein bisschen Schauspielerfahrung gehabt hätte, wäre vieles besser gewesen. Die Produzenten besorgten mir einen Schauspielcoach und einen Dialogcoach, aber zwei Wochen Unterricht konnten meine schwachen Englischkenntnisse und meine mangelnde Erfahrung nicht wettmachen. Ich war der Sache nicht gewachsen. Ich hatte keine Ahnung, was man von mir erwartete. Ich verstand nicht einmal alle Sätze im Drehbuch.
Ernest Graves, der Darsteller des Zeus, war ein erfahrener Schauspieler, der schon in unzähligen Fernsehserien mitgewirkt hatte. Ich weiß noch, wie ich mitten in einer Szene in Gelächter ausbrach, als er plötzlich mit dieser imposanten Götterstimme sprach, die natürlich von ihm erwartet wurde, sich aber völlig von der Stimme unterschied, mit der er sich eben noch in der Maske mit mir unterhalten hatte. Er war richtig bei der Sache, und das fand ich komisch. Aber natürlich soll man am Set nicht lachen. Man sollte seinem Partner helfen und ihm wirklich abnehmen, was er sagt. Den anderen unterstützen, darum geht es. Selbst wenn man nicht im Bild ist, wenn die Kamera hinter einem steht, muss man in der Rolle bleiben und alles in die Figur hineinlegen, um den anderen, der gefilmt wird, zu Bestleistungen anzuspornen. Das ist sehr wichtig, aber ich war damals einfach noch völlig ahnungslos. Wenn ich etwas komisch fand, lachte ich los.
Am vorletzten Drehtag bekam ich endlich einen Eindruck davon, was Schauspielen
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