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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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überredete ich anfangs die Autoren von Joes Zeitschriften, mir beim Abfassen von Standardbriefen zu helfen, die ich dann verschickte. Und so kam ich auf die Idee, Broschüren zu verkaufen.
    Anders als in Europa gab es in Amerika nicht unzählige Hindernisse, wenn man ein Unternehmen gründen wollte. Ich musste nur aufs Rathaus und 3,75 Dollar für einen Gewerbeschein bezahlen. Außerdem musste ich ein Postfach mieten, wo die Bestellungen eingingen. Danach stand noch ein Termin beim Board of Equalization, einer Art Industrie- und Handelskammer, und beim Finanzamt an. Ich wurde gefragt, wie viel ich meiner Einschätzung nach einnehmen würde. Ich erklärte, dass ich mir 1000 Dollar im Monat erhoffte. Also sollte ich 320 Dollar für die ersten geschätzten Einnahmen zahlen. Ich wurde nicht lange belehrt, sondern sehr freundlich, nett und zuvorkommend behandelt. Als Franco und ich unser kleines Bauunternehmen gründeten, war es genauso. Kopfschüttelnd verließen wir das Finanzamt, und Franco sagte: »Deshalb nennt man die USA also das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.« Wir waren absolut glücklich.
    Meine Broschüren enthielten im Grunde die Artikel, die ich für Joe verfasst hatte und die ich nun mit Hilfe seiner Autoren und Fotografen noch ein bisschen ausschmückte und mit zusätzlichen Bildern versah. Wir machten Broschüren zum Thema Arme, Brust, Rücken, Waden und Oberschenkel, zur Frage, wie man den Körper symmetrisch aufbaut und wie man Masse gewinnt, zu den Posen und so weiter. Es gab zehn verschiedene Heftchen. Man konnte sie als Set für 15 oder 20 Dollar bestellen oder einzeln für 1 oder 2 Dollar das Stück. Die Leute baten auch um Fotos, daher ließ ich ein Album mit meinen Lieblingsbildern drucken. Joe Weider war natürlich eine Größe im Versandhandel, doch seine Bodybuilder betrachtete er nicht als Konkurrenz. Ich überredete ihn, kostenlose Anzeigen für meine Broschüren in seinen Zeitschriften abzudrucken. »Du kannst mich natürlich auch dafür bezahlen, dass du mich in deiner Werbung einsetzt«, sagte ich, »aber mir wäre es lieber, wenn du mir diese Chance gibst.« Ich dachte mir, dass Joe zustimmen würde, weil er sich nur ungern von Bargeld trennte. Er war tatsächlich einverstanden und zeigte sich sehr großzügig: Ich bekam eine ganze Seite, und er stellte mir sogar eine Doppelseite in Aussicht, wenn meine Idee einschlagen sollte.
    Viele Bodybuilder scheiterten im Versandhandel, weil sie zwar das Geld annahmen, es aber nicht auf die Reihe brachten, ihre Produkte zu versenden. Laut Gesetz mussten die Bestellungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums bearbeitet und verschickt werden. Wenn beim Postamt Beschwerden eingingen, wurde das Postfach gesperrt und damit war die Geschäftsgrundlage dahin. Man konnte sogar ins Gefängnis kommen. Ich dagegen arbeitete total effizient. Ich entfernte die Türen an meinem Einbauschrank im Schlafzimmer und ließ mir von einem Freund Regale und eine kleine Schreibtischplatte einbauen. Jede Broschüre hatte ein eigenes, nummeriertes Fach, außerdem gab es Fächer für die eingehende Post, für Schecks, Briefumschläge und bearbeitete Bestellungen, die zum Postamt mussten.
    Meine Broschüren waren ein Erfolg. Schon bald ergänzte ich das Angebot um einen Gewichthebergürtel und andere Produkte und listete alles in einer doppelseitigen Anzeige auf. Dadurch bekam ich noch mehr Kunden. Das Geschäft lief so gut, dass ich eine Sekretärin einstellen konnte, die sich um die Post kümmerte.
    Vor der Veröffentlichung zeigte ich jede Anzeige noch einmal Joe, weil er einfach ein Verkaufsgenie war. Er nahm meine Sätze Wort für Wort auseinander. »Warum schreibst du nicht ›Sofortige Lieferung‹?«, fragte er. »Schreib das rein! Die Leute wollen wissen, dass du zuverlässig bist. Außerdem solltest du sagen, dass die Broschüre nur in limitierter Auflage zu haben ist. Die Leute lieben limitierte Auflagen!«
    Mir gefiel es sehr, ein amerikanischer Unternehmer zu sein. Mit dem Versandhandel machte ich das, was Charles Atlas getan hatte!
    Schon bald gründete ich ein weiteres Unternehmen, dieses Mal zusammen mit Franco. Er wollte auf dem Bau arbeiten, weil er das schon in Italien und Deutschland getan hatte und die Leute bestimmt gern zwei so starke Kerle wie uns anstellen würden. Aber als wir bei der Gewerkschaft anfragten, erfuhren wir, dass die Aufnahme Monate dauern könnte.
    Also sagte ich zu Franco: »Warum gründen wir nicht unser eigenes

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