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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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Unternehmen?« Franco kannte sich mit dem Mauern aus, ich mit Unternehmensführung. Gesagt, getan. Wir setzten eine Anzeige in die Zeitung: »Europäische Maurer. Experten für Marmor und Stein.« Sofort bekamen wir unseren ersten Auftrag: Wir sollten eine Mauer in einem Haus in Venice bauen, das früher einmal Rudolph Valentino gehört hatte.
    Franco und mir war aufgefallen, dass Amerikaner eine Schwäche für ausländische Namen und Bezeichnungen hatten: schwedische Massage, italienisches Design, chinesische Kräuter, deutscher Erfindergeist. Daher betonten wir bei uns das Europäische. Dass Franco Italiener war, war natürlich ein weiterer Pluspunkt. Man brauchte sich doch nur den Vatikan anzusehen! Die italienische Architektur war einfach unschlagbar. Ich merkte auch, dass Amerikaner gern ein bisschen handeln und das Gefühl haben möchten, sie hätten ein Sonderangebot herausgeholt, anders als die Deutschen, die ein Angebot meistens sofort akzeptieren. Franco und ich entwickelten eine spezielle Methode. Ich brachte ein Maßband mit und maß aus – in Metern und Zentimetern, was immer sehr europäisch wirkte. Dann zeigte ich Franco meine Berechnungen, und wir begannen, uns vor dem Kunden auf Deutsch zu streiten.
    Der Kunde fragte daraufhin: »Was ist los?«
    »Sie wissen ja, wie das mit den Italienern ist«, antwortete ich. »Ich verstehe nicht, warum er der Meinung ist, die Terrasse müsse 8000 Dollar kosten. Er will viel mehr Steine bestellen, als wir brauchen. Unter uns gesagt, ich denke, wir können Ihnen die Terrasse für 7000 Dollar bauen. Die überzähligen Backsteine können wir zurückbringen und bekommen dann die 1000 Dollar wieder.«
    Der Kunde fasste auf Anhieb Vertrauen zu mir. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie versuchen, mir einen guten Preis zu machen.«
    »Wir wollen ja schließlich konkurrenzfähig sein. Sie haben doch sicher auch andere Angebote eingeholt?«
    »Oh, ja, natürlich.«
    »Siehst du, Franco?«, sagte ich. Und dann stritten wir uns noch ein bisschen auf Deutsch, und der Kunde war glücklich über die 7000 Dollar.
    Die Arbeit als Maurer gefiel uns gut. Wir hatten das Gefühl, etwas zu erschaffen. Und wir hatten auch viel Spaß. Eine Frau hatte beispielsweise ein Angebot über 5000 Dollar für einen neuen Schornstein vorliegen. Allein für den Abbruch des alten waren 1000 Dollar veranschlagt. »1000 Dollar?«, fragte Franco. »Das schau ich mir mal an.« Er kletterte am Dach hinauf, legte sich mit dem Rücken auf die Schräge, stemmte die Beine gegen den Schornstein und drückte ihn wie beim Beinpressen einfach um. Die Steine hätten fast die Frau getroffen. Aber sie war überhaupt nicht böse auf uns, sondern sogar dankbar: »Oh, vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen! Das war ja richtig gefährlich. Der Schornstein hätte jemandem auf den Kopf fallen können.« Sie gab natürlich uns den Auftrag und überließ uns auch die alten Backsteine, die wir an einen anderen Kunden als »antik« verkauften.
    Bei wieder einem anderen Kunden sollten wir eine alte Mauer ums Haus abreißen und durch eine neue ersetzen. Wir dachten, dass wir uns durch das anstrengende Einreißen das Krafttraining an dem Tag sparen könnten. Also liehen wir uns die größten Vorschlaghämmer, die wir finden konnten. Ich schlug Franco einen Wettkampf vor: »Du fängst auf der Seite an und ich auf der anderen, mal sehen, wer zuerst in der Mitte ist.« Wir droschen wie die Wahnsinnigen auf die Mauer ein. Ich hätte gewonnen, aber dann flog ein Bruchstück gegen das Haus des Kunden und zertrümmerte ein altes Buntglasfenster. Damit war unser Profit natürlich dahin.
    Franco und ich waren noch nicht ein Jahr im Geschäft, als es im San Fernando Valley ein starkes Erdbeben gab. Terrassen hoben sich, Mauern bekamen Risse, Schornsteine stürzten ein. Für uns war das natürlich eine ideale Verdienstmöglichkeit. Sofort setzten wir eine Anzeige in die Los Angeles Times und waren danach vollauf beschäftigt. Als Aushilfen heuerten wir Bodybuilder direkt vom Strand an. Einmal mischten fünfzehn Leute für uns Zement und schleppten Steine. Ein lustiger Anblick, aber leider konnte man sich auf die Bodybuilder nicht verlassen. Sie waren es einfach nicht gewohnt, jeden Tag zu arbeiten. Wie Joe immer sagte, waren manche wirklich faule Hunde. Mit dem Geld, das wir verdienten, konnten wir uns bessere Autos leisten und Kurse am College belegen. Und wir konnten unser Geld investieren. Damals planten die

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