Total Recall
wollte ich weiter meine Schauspielkarriere verfolgen. Wenn das Leute wie Charles nicht begriffenn, musste ich es ihnen eben erklären.
Einen Monat nach meiner Rückkehr aus Alabama gaben meine Freunde in Jack Nicholsons Haus eine Party zu meinem neunundzwanzigsten Geburtstag. Organisiert wurde sie von Helen Kallianiotes, die sich um Jacks Haus kümmerte und eine kleine Rolle in Stay Hungry gespielt hatte. Sie war Tänzerin und verstand das harte Training und die Hingabe, die beim Bodybuilding erforderlich waren. In Birmingham war sie mir eine gute Freundin gewesen, hatte mir beim Textlernen geholfen und mir die Austernbars gezeigt. Als ich später Bodybuilding für Frauen schrieb, wandte ich mich zunächst an sie, um mehr über die Einstellung von Frauen zum Training zu erfahren.
Die Party war ein voller Erfolg. Neben den Hollywood-Stars kamen auch meine Freunde vom Venice Beach, sodass wir eine bunte Mischung aus Schauspielern, Bodybuildern, Gewichthebern, Karatesportlern und Schriftstellern sowie Gästen aus New York beisammenhatten. Insgesamt waren etwa zweihundert Leute gekommen. Ich war wie im siebten Himmel, weil ich viele neue Bekanntschaften schließen konnte.
Nach den Dreharbeiten zu Stay Hungry lernte ich Nicholson, Beatty und die restliche Truppe vom Mulholland Drive ein bisschen besser kennen. Dank ihrer Filme wie Chinatown , Zeuge einer Verschwörung (The Parallax View) und Shampoo zählten sie zu den angesagtesten Schauspielern, waren auf den Titelseiten der Zeitschriften und gingen in die schicksten Nachtklubs. Sie waren immer zusammen. Im Winter reiste der ganze Haufen zum Skifahren nach Gstaad. Ich war nicht so eng mit ihnen befreundet, dass ich ständig mit ihnen gefeiert hätte, aber ich bekam hautnah mit, wie Stars auf diesem Niveau lebten und arbeiteten, was ihnen gefiel und wie sie reisten. Mich spornte das an. In ein paar Jahren wollte ich auch dort sein, wo sie jetzt waren.
Jack Nicholson war ein lässiger und umgänglicher Typ. Er lief immer mit zerzausten Haaren und im Hawaiihemd herum, dazu trug er eine kurze oder lange Hose und Sonnenbrille. Er besaß einen superteuren Mercedes, einen kastanienbraunen Mercedes 600 Pullman mit Ledersitzen und Edelholzausstattung. Doch nicht Jack fuhr den Wagen, sondern die Frau, die seine Feste organisierte und sein Haus und das von Marlon Brando hütete, wenn die beiden nicht da waren. Jack selbst fuhr einen VW-Käfer und erklärte dazu: »Ich bin so reich, dass ich mich als ganz normaler Mensch ausgeben kann. Geld bedeutet mir nichts.« Wenn er zum Dreh aufs Studiogelände fuhr oder dort ein Interview gab oder über einen neuen Film redete, nahm er immer seinen kleinen Käfer. Der Pförtner am Tor sagte dann: »Oh, natürlich, Mr. Nicholson. Ihr Parkplatz ist direkt dort drüben.« Und Jack tuckerte zum Parkplatz, als ob das Auto es kaum schaffen würde. Das war genial. Er fühlte sich im Käfer wohler als im Mercedes. Ich hätte lieber den Mercedes gehabt.
Als einmal ein mit mir befreundeter Fotograf aus New York in Kalifornien zu Besuch war, nahm er mich mit zu Warren Beattys Strandhaus. Warren wollte ihm die Pläne für das neue Haus zeigen, das er am Mulholland Drive baute. Er war bekannt dafür, dass er sich nicht entscheiden konnte und jedes Detail stundenlang diskutierte. Er war sehr erfolgreich. Er hatte gerade in Zeuge einer Verschwörung unter der Regie von Alan Pakula und in Shampoo mitgespielt, wo er auch am Drehbuch mitgearbeitet hatte, und führte Regie bei Reds , einem Film über die Russische Revolution, wo er ebenfalls am Drehbuch mitgewirkt hatte und auch die Hauptrolle spielte. Aber wenn man ihn reden hörte, fragte man sich, wie er überhaupt etwas zuwege brachte. Ich beschloss, dass ich so nicht sein wollte, wenn ich einmal dieses Niveau erreichen sollte. Andererseits lernte ich auch, dass geborene Schauspieler alle ein bisschen seltsam waren, eben Künstlertypen. Das merkte man sofort. Geschäftsleute benehmen sich auch in der Freizeit wie Geschäftsleute. Politiker benehmen sich wie Politiker. Schauspieler wie Beatty kamen aus der Unterhaltungsbranche und benahmen sich auch so. Sie waren typisch Hollywood. Das war einfach eine andere Welt.
Einer, der nicht dieses Klischee erfüllte, war Clint Eastwood. Der ganze Haufen vom Mulholland Drive ging gern in Dan Tana’s Restaurant am Santa Monica Boulevard. Alle saßen beieinander, nur Clint Eastwood hatte seinen eigenen Tisch auf der anderen Seite des Lokals. Ich ging zu ihm hin
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