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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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im Schnee irgendwelchen Schlitten nachzujagen.
    »Oh.«
    »Im Kopf steckt er zwischen zwei verschiedenen Spezies fest.«
    »Können wir ihm helfen?« fragte Nanny.
    »Nein«, antwortete Oma. »Das Problem ist zu alt. Er hat sich bereits daran gewöhnt. Und er verhungert. Weil er sich weder auf die eine noch auf die andere Weise ernähren kann. Das Wesen ist weder ganz Wolf noch ganz Mensch. Und deshalb leidet es.«
    Erst jetzt hob sie den Kopf. Nanny zuckte unwillkürlich zusammen, als sie in Omas Augen sah.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, wie man sich dabei fühlt«, fuhr Esme Wetterwachs fort. »Jahrelang umherzustreifen, auf halbem Wege gefangen zwischen Mensch und Wolf.« Sie wiederholte: »Du kannst dir nicht vorstellen, wie man sich dabei fühlt.«
    »Vielleicht doch«, erwiderte Nanny. »Mir genügt ein Blick in dein Gesicht, um sogar eine sehr deutliche Vorstellung davon zu gewinnen. Wer hat dem Geschöpf solche Qualen beschert?«
    »Ich habe einen gewissen Verdacht.«
    Die beiden Hexen drehten sich um.
    Magrat und das Mädchen näherten sich. Neben ihnen schritt ein Holzfäller. »Ha!« schnaufte Oma. »Ja. Natürlich. Es muß immer ein gutes Ende geben.« Bei den letzten Worten wurde ihre Stimme zu einem Zischen.
    Eine Pfote berührte ihre Wade.
    Oma Wetterwachs blickte auf den Wolf hinab.
    »Briieette«, knurrte er. »Ainnn Ennnde. Jetsssss.«
    Esme kniete nieder und griff nach der Pfote.
    »Ja?« vergewisserte sie sich.
    »Jaaaa!«
    Sie stand auf und war wieder die personifizierte Autorität, als sie dem näherkommenden Trio zuwinkte. »Herr Holzfäller?« rief sie. »Hier gibt es Arbeit für dich …«
     
    Der Holzfäller verstand nicht, warum der Wolf den Kopf so bereitwillig auf den Baumstumpf legte.
    Oder warum die Alte – jene alte Frau, in der die Wut so brodelte wie Perlgraupen im kochenden Eintopf – nachher auf einem Begräbnis bestand. Sie verbot ganz ausdrücklich, das Tier zu häuten und die Reste ins Gebüsch zu werfen.
    Und so endete der große böse Wolf.
    Eine Stunde später. Immer mehr Holzfäller kamen auf die Lichtung mit Großmutters Häuschen, denn dort schien sich Interessantes zu ereignen. Für gewöhnlich gab es beim Holzfällen nicht viel Abwechslung.
    Magrat reinigte den Boden mit soviel magischer Unterstützung, wie sie ein Eimer mit Seifenwasser und eine Bürste zur Verfügung stellen konnten. Nanny Ogg säuberte die Wände – obgleich sich ihr eher flüchtiges Interesse an der verantwortungsvollen Rolle einer Hausfrau schlagartig auf null reduziert hatte, als ihre älteste Tochter groß genug geworden war, um einen Staublappen zu halten. Die Großmutter schien nicht genau zu wissen, was um sie herum geschah. Immer wieder bot sie sowohl Magrat als auch Nanny eine Untertasse mit Milch an. Spinnen, die seit Generationen an der Decke wohnten, wurden mit höflichem Nachdruck aufgefordert, das Haus zu verlassen.
    Oma Wetterwachs wanderte mit dem obersten Holzfäller über die Lichtung. Der breitbrüstige junge Mann trug mit eisernen Beschlägen geschmückte Armbänder aus Leder und glaubte offenbar, hinreißend auszusehen. Er irrte sich.
    »Seit Jahren trieb er sich im Wald herum, habe ich recht?« sagte er. »Lauerte dauernd in der Nähe von Dörfern und so.«
    »Und ihr habt nie versucht, mit ihm zu reden?« fragte Oma.
    »Mit ihm zu reden? Meine Güte, es war ein Wolf , habe ich recht? Mit Wölfen redet man doch nicht. Tiere können nicht sprechen.«
    »Hmm. Ich verstehe. Und die Großmutter? Hier im Wald arbeiten recht viele Holzfäller, oder? Habt ihr die Bewohnerin dieses, äh, Hauses jemals besucht?«
    »Wie bitte? Natürlich nicht!«
    »Warum nicht?«
    Der junge Mann beugte sich näher zu Oma Wetterwachs herab und erklärte in einem verschwörerischen Tonfall:
    »Es heißt, sie sei eine Hexe, habe ich recht?«
    »Im Ernst? Und woher willst du wissen, daß sie eine Hexe ist?«
    »Alle Anzeichen weisen darauf hin, habe ich recht?«
    »Welche Anzeichen?«
    Vages Unbehagen erfaßte den Holzfäller. »Nun, sie … sie lebt ganz allein im Wald, habe ich recht?« »Und?« »Und … und … sie hat eine krumme Nase. Und sie redet mit sich selbst.«
    »Ach?«
    »Und sie hat keine Zähne, habe ich recht?«
    »Potzblitz«, kommentierte Oma. »Kein Wunder, daß ihr eine solche Person gemieden habt, stimmt’s?«
    »Da hast du recht!« Der Holzfäller seufzte erleichtert.
    »Wahrscheinlich könnte sie euch mit einem Blick in irgend etwas Schreckliches verwandeln, nicht wahr?« Oma

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