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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zukommt.« Nanny packte das betäubte Wesen am einen Ende. »Hast du jemals den alten Sumkins kennengelernt?«
    Der Wolf sah ganz normal aus; er wirkte nur recht dünn. Ganz deutlich zeichneten sich die Rippen ab, und das Fell war verfilzt. Oma zog einen Eimer voll mit trübem Wasser aus dem Brunnen – er befand sich direkt neben dem Abort – und leerte ihn über dem Wolf.
    Dann setzte sie sich auf einen Baumstumpf und beobachtete das Geschöpf. Einige Vögel zirpten in den hohen Wipfeln.
    »Der Wolf hat gesprochen«, sagte sie. »Er wollte ›nein‹ sagen.«
    »Ich hatte einen ähnlichen Eindruck«, gestand Nanny. »Aber ich hielt es für meine ausschweifende Phantasie.«
    »Auf Phantasie können wir verzichten«, erwiderte Oma. »Die Dinge sind auch so schon schlimm genug.«
    Der Wolf stöhnte. Oma reichte die Bratpfanne ihrer Kollegin. Nach einer Weile sagte sie: »Ich sehe mich in seinem Kopf um.«
    »Darauf würde ich an deiner Stelle verzichten«, sagte Nanny Ogg. »Aber du bist nicht ich«, stellte Oma fest. »Ich bin ich. Und ich möchte Bescheid wissen. Halte dich mit der Bratpfanne bereit.« Nanny nickte. Oma Wetterwachs konzentrierte sich.
     
    Es ist sehr schwer, das menschliche Bewußtsein zu sondieren. Die meisten Menschen denken an so viele Dinge gleichzeitig, daß man kaumbestimmte Überlegungen von anderen trennen kann.
    In den Köpfen von Tieren sieht die Sache anders aus. Dort herrscht kein so großes Durcheinander. Das Bewußtsein der Fleischfresser hat eine besonders einfache Struktur, erst recht vor den Mahlzeiten. In der psychischen Welt existieren keine Farben, aber wenn das doch der Fall wäre, könnte man sich den Geist eines hungrigen Fleischfressers etwa so vorstellen: heiß, purpurn und pfeilspitz. Das Selbst der Pflanzenfresser ist ebenfalls einfach geformt: silberne Federn, fluchtbereit gespannt.
    Oma Wetterwachs sah kein gewöhnliches animalisches Bewußtsein, sondern eine Art Doppel-Ich.
    Manchmal hatte sie das Ich von Jägern im Wald gespürt, wenn sie des Abends auf der Veranda saß und die Gedanken treiben ließ. Gelegentlich fühlten sie so – oder wenigstens den Schatten dieses Empfindens. Ja, wenn sich ein Jäger der Beute näherte … Dann vereinten sich die Myriaden Gedanken hinter seiner Stirn manchmal. Hier passierte genau das Gegenteil. Hier versuchte ein Fleischfresser, wie ein Mensch zu denken.
    Kein Wunder, daß darin Wahnsinn keimte.
     
    Oma Wetterwachs öffnete die Augen.
    Nanny Ogg hatte die Bratpfanne hoch erhoben. Ihr Arm zitterte. »Nun?« fragte sie. »Wer ist es?«
    »Ich könnte jetzt ein Glas Wasser gebrauchen«, sagte Oma. Ihr Inneres war in Aufruhr; trotzdem war sie vorsichtig. »Aber nicht aus dem Brunnen.«
    Nanny entspannte sich ein wenig. Wenn sich eine Hexe in einem fremden Bewußtsein umsah, konnte man nie ganz sicher sein, wer zurückkehrte. Doch damit hatte Oma Wetterwachs kaum Probleme. Magrat versuchte dauernd, sich selbst zu finden, aber Oma verstand nicht einmal das Konzept der Suche. Sie wußte immer genau, wo sie sich befand. Wenn sie nicht zurückfinden konnte, so gab es keinen entsprechenden Weg.
    »In der Küche gibt’s einen Krug mit Milch«, sagte Nanny.
    »Welche Farbe hat sie?« »Nun … Sie ist noch immer weiß, im großen und ganzen.« »Na schön.« Als ihr Nanny Ogg den Rücken zuwandte, erlaubte sich Oma Wetterwachs ein leichtes Schaudern.
    Sie starrte den Wolf an und fragte sich, auf welche Weise sie ihm helfen konnte. Ein normaler Wolf hätte sich nicht in eine Hütte gewagt – nicht einmal dann, wenn er in der Lage gewesen wäre, die Tür zu öffnen. Normale Wölfe hielten sich von Menschen fern. Es sei denn, sie gehörten zu einem großen Rudel, das einen langen, harten Winter hinter sich hatte. Wenn sie tatsächlich angriffen, so bewiesen sie damit nicht, daß sie groß und böse waren. Sie folgten nur ihrem wölfischen Instinkt.
    Dieser spezielle Wolf versuchte, ein Mensch zu sein.
    Vermutlich gab es kein Heilmittel für ihn.
    »Hier ist die Milch«, sagte Nanny Ogg.
    Oma griff nach dem Becher, ohne hinzusehen.
    »Jemand hat den Wolf davon überzeugt, eine Person zu sein«, erläuterte sie. »Und anschließend überließ man das arme Geschöpf sich selbst. Inzwischen sind einige Jahre vergangen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich … habe seine Erinnerungen gesehen«, sagte Oma Wetterwachs. Und auch seine Triebe, fügte sie in Gedanken hinzu. Es mochte einige Tage dauern, bis sie sich nicht mehr versucht fühlen würde,

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