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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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bohrte den kleinen Finger in ihr Ohr und drehte ihn nachdenklich.
    »Dazu sind Hexen durchaus imstande.«
    »Oh, kein Zweifel, kein Zweifel«, entgegnete Oma. »Bin froh, daß so viele starke junge Männer in der Nähe sind. Ts, ts. Darf ich mir mal deine Axt ansehen?«
    Der oberste Holzfäller reichte sie ihr.
    »Meine Güte, ist ziemlich groß«, sagte Oma Wetterwachs. »Und bestimmt kannst du gut damit umgehen, nicht wahr?«
    »Beim Waldfest habe ich zwei Jahre hintereinander den Silbernen Gürtel gewonnen«, verkündete der Mann stolz.
    »Zwei Jahre hintereinander? Zwei Jahre hintereinander? Herrje, das ist gut. Das ist sogar sehr gut. Und ich kann das Ding kaum heben.« Oma hielt die Axt in einer Hand und schwang sie ungeschickt. Der Holzfäller sprang zurück, als die Klinge dicht an seinem Gesicht vorbeisauste und sich in den nächsten Baumstamm bohrte.
    »Oh, entschuldige bitte«, sagte Oma. »Wie dumm von mir! Mit technischen Dingen kam ich noch nie gut zurecht!«
    Der junge Mann lächelte nachsichtig und versuchte, die Axt aus dem Holz zu ziehen.
    Plötzlich sank er auf die Knie, und die Farbe wich aus seinem Gesicht.
    Oma beugte sich vor, bis ihre Lippen auf einer Höhe mit dem Ohr des Holzfällers waren.
    »Du hättest die Großmutter besuchen und mit dem Wolf sprechen können«, sagte sie leise. »Aber du hast es nicht getan, habe ich recht?«
    Der Mann versuchte zu antworten, doch die zusammengebissenen Zähne wollten sich nicht voneinander lösen.
    »Ich sehe ganz deutlich, wie sehr du das alles bereust«, fuhr Oma Wetterwachs fort. »Ja, ganz deutlich sehe ich, daß du nun begriffen hast, dich falsch verhalten zu haben. Bestimmt kannst du es gar nicht abwarten, Großmutters Häuschen sowie den Garten in Ordnung zu bringen und dafür zu sorgen, daß sie jeden Tag frische Milch bekommt und genug Feuerholz hat, habe ich recht? Oh, es würde mich kaum überraschen, wenn du großzügig genug bist, ihr ein neues Haus zu bauen, mit einem richtigen Brunnen und so. In der Nähe des Dorfes, damit sie nicht mehr so oft allein ist, habe ich recht? Manchmal kann ich in die Zukunft sehen, und derzeit weiß ich ganz genau, was geschehen wird. Habe ich recht?«
    Schweiß perlte im Gesicht des Holzfällers. Seine Lungen schienen sich kaum mit Luft füllen zu wollen.
    »Ich weiß, daß du dein Wort halten wirst, und darüber freue ich mich sehr.« Oma Wetterwachs sprach noch immer im Plauderton. »So sehr, daß ich dir besonderes Glück bescheren werde. Das Holzfällen bringt gewisse Gefahren mit sich. Man kann sich dabei verletzen. Wenn ein Baum in die falsche Richtung kippt. Oder wenn sich der Kopf der Axt vom Schaft löst – man stelle sich vor, wie er einen Arm oder einen Kopf trifft.« Der junge Mann schauderte, und Oma sagte: »Vor solchen Dingen möchte ich dich mit einem kleinen Zauber schützen. Weil ich so dankbar bin. Weil du der Großmutter hilfst. Alles klar? Du brauchst nur zu nicken.«
    Dem Holzfäller gelang es, andeutungsweise den Kopf zu bewegen. Oma Wetterwachs lächelte.
    »Na bitte!« Sie richtete sich auf und strich einige welke Blätter von ihrem Kleid. »Weißt du, das Leben kann sehr angenehm sein, wenn man sich gegenseitig hilft.«
     
    Gegen Mittag brachen die Hexen auf. Bis dahin wimmelte es auf der kleinen Lichtung von Leuten, und überall ertönten die Geräusche des Fleißes: Hämmer pochten; Sägen ratzten.
    Neuigkeiten von Oma Wetterwachs sprachen sich besonders schnell herum. Drei Holzfäller gruben den Gemüsegarten um, und zwei weitere stritten sich darum, wer den Schornstein reinigen durfte. Vier andere legten einen neuen Brunnen an, der überraschend schnell tiefer wurde.
    Großmütterchen gehörte zu den Personen, die von einer Idee besessen sind, bis diese von einer anderen verjagt wird. Sie bot weiterhin allen Anwesenden Milch aus Untertassen an.
    In der allgemeinen Hektik fiel niemandem auf, daß die Hexen verschwanden.
    »Man braucht nur ein gutes Beispiel zu geben«, sagte Magrat. »Dann sind andere Leute sofort bereit, ebenfalls mit anzufassen. Es ist gar nicht notwendig, sie unter Druck zu setzen und so.«
    Nanny Ogg sah Oma an.
    »Du hast mit dem obersten Holzfäller gesprochen«, stellte sie fest. »Worüber?«
    »Über Sägemehl«, erwiderte Oma Wetterwachs.
    »Ach, tatsächlich?«
    »Einer der Holzfäller hat mir gesagt, daß im Wald seltsame Dinge geschehen«, meinte Magrat. »Er sprach von Tieren, die sich wie Menschen benehmen. Nicht allzu weit entfernt wohnte eine

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