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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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der hohen Gräser ein Ding herangetaumelt – ein Ding, das einmal ein Mensch gewesen war – ein blutbesudeltes, furchterregendes Ding, das Kane vor die Füße fiel, sich vor Schmerzen wand und sein verwüstetes Gesicht dem aufgehenden Mond entgegenhob, stammelte und jammerte, dann wieder zu Boden fiel und im eigenen Blut starb.
    Der Mond war jetzt aufgegangen, und es war heller geworden. Kane beugte sich über die blutige Leiche, die mit ihren unsäglichen Verstümmelungen vor ihm lag. Er schauderte – eine Seltenheit für ihn, der doch mit eigenen Augen die Gräuel der Spanischen Inquisition und der Hexenjäger gesehen hatte.
    Ein fahrender Gesell, vermutete er; und dann wurde ihm plötzlich bewusst, als hätte sich eine eisige Hand auf seinen Rücken gelegt, dass er nicht allein war. Er blickte auf, seine kalten Augen durchdrangen die Schatten, aus denen der Tote herangetaumelt war. Er sah nichts, doch er wusste – fühlte – dass andere Augen seinen Blick erwiderten, schreckliche Augen, Augen nicht von dieser Welt. Er richtete sich auf und zog eine Pistole aus dem Gürtel, wartete. Das Mondlicht breitete sich wie ein See aus blassem Blut über das Moor, und Bäume und Gräser nahmen ihre vertrauten Formen an.
    Die Schatten schmolzen, und jetzt sah Kane! Zuerst glaubte er, was da vor ihm in den hohen Gräsern tanzte, sei nur ein Schleier von Nebel, ein Streifen von Dunst aus dem Moor. Er sah genauer hin. Wieder Illusion, dachte er. Dann begann das Ding Gestalt anzunehmen, vage und undeutlich. Zwei scheußliche Augen flammten ihm entgegen – Augen, in denen sich all der Schrecken barg, der seit grauer Vorzeit das Erbe des Menschen war – Furcht erweckende irrsinnige Augen mit einem Wahnsinn, der irdischen Wahnsinn weit überstieg. Die Umrisse des Dings waren nebulös und unscharf, ein Zerrbild menschlicher Gestalt, ähnlich und doch auf widerwärtige Art unähnlich.
    Das Gras und die Büsche dahinter waren deutlich durch das Ding zu sehen.
    Kane spürte das Blut in seinen Schläfen hämmern, und doch war er so kalt wie Eis. Es überstieg sein Vorstellungsvermögen, wie ein so instabiles Wesen wie das, das da vor ihm waberte, einem Menschen körperlichen Schaden zufügen konnte, und doch bezeugte das stumme Grauen zu seinen Füßen, dass das Scheusal mit schrecklicher, materieller Wirkung handeln konnte.
    Eines stand für Kane fest: Er würde nicht über die Moore gejagt werden, von ihm würde es keine Schreie geben, keine Flucht, um immer wieder zu Boden gezerrt zu werden. Wenn er sterben musste, dann würde er auf beiden Beinen stehend sterben, mit seinen Wunden vorne am Körper.
    Jetzt riss sich ein nebulöser hässlicher Mund weit auf, und wieder kreischte ganz nahe bei ihm das dämonische Lachen hinaus, die Seele erschütternd. Und inmitten jener Drohung des Verderbens richtete Kane seine lange Pistole bewusst auf das Scheusal und feuerte. Ein ohrenbetäubender Schrei der Wut und des Spotts antwortete auf den Knall, und das Ding kam über ihn wie eine fliegende Rauchwolke, die langen, schattigen Arme ausgestreckt, um ihn zu Boden zu zerren.
    Kane bewegte sich mit der dynamischen Geschwindigkeit eines ausgehungerten Wolfs und feuerte die zweite Pistole ab. Wieder ohne jene Wirkung, und so riss er seinen langen Degen aus der Scheide und stieß ihn mitten in den nebelhaften Angreifer. Die Klinge sang, als sie, ohne auf körperlichen Widerstand zu stoßen, durch den Nebel drang, und Kane spürte, wie eisige Finger seine Gliedmaßen packten und bestialische Krallen seine Kleider und die Haut darunter zerfetzten.
    Er ließ den nutzlosen Degen fallen und versuchte, seinen Gegner zu packen. Doch es war, als kämpfe er gegen flüchtigen Dunst, einen fliegenden Schatten, bewaffnet mit Krallen wie Dolchen. Seine wilden Schläge trafen ins Leere, seine mächtigen Arme, in deren Griff starke Männer gestorben waren, schlugen ins Nichts und packten Leere. Nichts war greifbar oder wirklich, nur die affenähnlichen Finger, die mit ihren krummen Klauen nach ihm griffen, und die irren Augen, die sich tief in die schaudernden, untersten Bereiche seiner Seele brannten.
    Kane wurde bewusst, dass er sich wirklich in verzweifelter Gefahr befand. Schon hing ihm die Kleidung in Fetzen herunter, und er blutete aus einem Dutzend tiefer Wunden. Aber er hatte keine Angst, und der Gedanke an Flucht kam ihm nie in den Sinn. Er war noch nie vor einem Widersacher geflohen, und wenn ihm der Gedanke gekommen wäre, hätte ihm das die

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