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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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Schultern. „Und außerdem: Das würde ich dir jetzt ganz bestimmt nicht auf die Nase binden. Vielleicht brauche ich mein Versteck ja noch mal.“
    „Also, der Strandkorb ist jedenfalls besetzt“, erklärte Frida.
    „Sylt käme sowieso nicht infrage“, sagte ich. „Da ist es viel zu voll.“
    Ich sollte mich täuschen. Denn man kann sich da sehr gut verstecken – an Orten, so einsam wie ein Grab. Das Grab entdeckte ich drei Tage später. Aus Versehen und vollkommen unfreiwillig …

5
    Ich bin kein Fan von Patchwork. Weder in Form von bunten Tagesdecken noch von bunt durcheinandergemixten Familienbestandteilen. Es sah allerdings danach aus, als müsste ich mich mittelfristig mit beiden Phänomenen abfinden. Frida hatte sich in dem kleinen Raum neben Tante Hedis Wohnzimmer eingerichtet. Dort schlief sie auf einer Matratze am Boden, die sie tagsüber unter einer aus bunten Stoffresten zusammengesetzten Steppdecke versteckte. Als Nachttisch diente ihr Tante Hedis kleiner weißer Hocker mit den schwarzen Füßen. Ansonsten lebte sie aus ihrem Rucksack.
    Es war mir ein Rätsel, wie sie und ihre Mutter es geschafft hatten, ihren kompletten Klamottenbedarf für zwei Wochen plus eine schwangere Kornnatter samt Behausung in den Gepäcktaschen der Harley Davidson unterzubringen, die jetzt ziemlich cool vor unserem Haus parkte. Wenn auch mit Beiwagen. „Wenn du für die Wüste packst, dann bist du es gewohnt, mit wenig Platz auszukommen, und beschränkst dich auf das Nötigste“, hatte Svea erklärt und binnen einer Minute die Harley entladen. Das Nötigste bestand in ihrem Fall aus zwei äußerst knappen Bikinis sowie diversen eng sitzenden Kleidern, wie sich im Laufe des Urlaubs herausstellte. Ansonsten trug sie Martins Oberhemden und eine kurze Jeans. Wusste gar nicht, dass Martin auf so was steht.
    Nach einer unbequemen Nacht im Vogelzimmer und Wand an Wand mit Frida hatten er und Svea Tante Hedis Dachboden inspiziert und, oh Wunder, welche Freude, hochkant an die Wand gelehnt und hinter einem Vorhang verborgen ein altmodisches Doppelbettgestell entdeckt. „Wunderschön.“ Verzückt strich Svea über den geschwungenen dunkelbraunen Rahmen mit dem Wiener Geflecht, auf dem ihre Finger eine glänzende Spur im Staub hinterließen. Nachdem wir zu viert das gute Stück zerlegt und die enge Bodentreppe hinunterbugsiert hatten, stellte sich heraus, dass Tante Hedi sich wohl doch nicht ausschließlich für den Schilfrohrsänger und den dunklen Wasserläufer interessiert hatte. Eingeritzt ins Holz entdeckten wir am Fußende ein angestaubtes Graffito: „H + P“, umrandet von einem dicken Herz, das einem Hintern ähnelte. „Wie romantisch.“ Svea war begeistert.
    „Voll die coole Socke, deine Tante“, erklärte Frida, während Martin sinnierte.
    „Sie mal einer an. Die gute Tante Hedi. Wer hätte das gedacht.“ Er schüttelte ein paar Staubflocken aus seinen Haaren. „Wer wohl P war? Ich kann mich an keinen Peter oder Paul hier erinnern.“
    „Vielleicht ja auch Pauline?“, grinste Svea und Martin warf ihr einen gespielt pikierten Blick zu. „Hast du was dagegen, wenn ich es weiß lasiere? Dann bleibt die Inschrift erhalten.“ Martin hatte nichts dagegen und so zogen die beiden zwei Tage später in Tante Hedis Schlafzimmer ein – Wand an Wand mit mir! – und das alte Singlebett verschwand unzeremoniell auf dem Dachboden.
    Wie ich es geahnt hatte, wurden Frida und ich am nächsten Tag in die XXL-Sandkiste am Lister Strand verfrachtet. Allerdings zum Glück nicht gemeinsam wie befürchtet. Martin fuhr uns zwar zusammen und mit vielen Belehrungen gegen halb elf hin, Frida erklärte aber zu meiner Erleichterung, sobald die Jeeptür mit einem blechernen Klicken hinter ihr zugefallen war, dass sie kein Kindermädchen brauche. „Ich bin schon groß und schwimmen kann ich wie ein Fisch.“
    „Umso besser. Ich leide nicht am Mary-Poppins-Syndrom.“
    Frida schob sich eine weiß umrandete Sonnenbrille auf die Nase, die einen Großteil ihrer Nutellasprossen bedeckte, klemmte sich die Taucherflossen unter den Arm und marschierte entschlossen auf die Bohlentreppe zu, die an der Strandhalle vorbei zum Strand führte. Es ist das Letzte. Frida ist wirklich fast so groß wie ich und hat die gleiche Schuhgröße (auch ohne Taucherflossen). Mit zehn! Das ist unfair hoch fünf. Und zu verstehen schon mal gar nicht. Die mendelschen Erb-Regeln, mit denen uns Öko-Rebhuhn in den letzten Wochen vor den Ferien ausgiebig genervt hat,

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