Tote essen kein Fast Food
Jasper nicht an den Strand.“ Unser Strandkorb – der mit meinem roten Anti-Smiley beziehungsweise: Piktogramm! auf dem Rücken – war der letzte vor der imaginären Grenze zum Hundestrand. Niemand konnte etwas gegen Jaspers Anwesenheit haben, es sei denn, er war mit dem Zentimetermaß unterwegs. Oder mit dem Gängelband, wie dieser miesepetrige Pedant.
„Und wenn er doch kackt“, kam in diesem Augenblick eine Stimme um die Ecke, „dann pack ich seine Würstchen mit meiner Schaufel in eine von diesen kleinen schwarzen Tüten.“ Frida hatte den Eismann offensichtlich gefunden, denn von ihrem T-Shirt tropfte eine rosafarbene Cornetto-Erdbeer-Spur in den Sand, als sie sich energisch vor dem Schattenmann aufbaute und ein schwarzes Plastikknäuel aus der Tasche ihrer Shorts zog. „So eine.“
„Und die Schaufel machst du dann im Meer sauber, stimmt’s?“, sagte er.
„Klar“, antwortete Frida liebenswürdig, bevor ich es verhindern konnte. „Wo denn sonst?“
Der Schattenmann hatte jetzt selbst den Standort gewechselt und sich so in die Sonne gedreht, dass ich sein Gesicht erkennen konnte. „Dann machen wir jetzt mal Nägel mit Köpfen, die Damen“, sagte er und seine grünen Katzenaugen blitzten mich kalt an. Er hatte einen schmalen Mund ohne jede Farbe und die intensive Sonneneinstrahlung der letzten Tage hatte sein Gesicht eher gerötet als gebräunt. So unfroh, wie er seinen Job versah, war das Zur-Strecke-Bringen von Touris wohl das Einzige, was ihm Spaß machte im Leben. „Ihr bringt jetzt diesen Hund hier weg oder ihr bekommt eine Anzeige. Wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.“
„Bisher sind Sie der Einzige, der sich öffentlich ärgert“, gab ich zurück. „Und wie erregt Sie dabei sind, kann ich nicht beurteilen.“
Mister Shadow schnappte nach Luft. Okay, der Spruch war ganz schön dreist. Und hätte ich gewusst, was ich damit lostrat, hätte ich mir lieber dreimal auf die Zunge gebissen und Jasper mit eingekniffenem Schwanz nach Hause gebracht. Hab ich aber nicht.
Jedenfalls war’s das dann. Der Schattenmann machte einen Schritt auf mich zu und packte mich am Arm, was bestimmt nicht in seiner Arbeitsplatzbeschreibung stand. Sein Blick brannte in meinem Gesicht wie tiefgekühltes Trockeneis auf der Haut. Statt zu meiner Verteidigung aufzuspringen und wenigstens der Show halber ein Knurren hören zulassen, legte Jasper die Stirn in Kummerfalten und blickte ihn treu aus seinen braunen Augen an. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich selbst zu verteidigen.
Mit einer plötzlichen Bewegung aus meinem Fecht-Training riss ich mich los und rannte, so schnell das in dem tiefen Sand möglich war, über die Düne Richtung Inselinneres. Was mindestens ebenso verboten war, wie nackt am Textilstrand herumzulaufen oder mit Hasso oder Waldi in der Null-Hund-Zone. Ich war schon aus der Puste, als ich auf dem Dünenkamm ankam. Aber der Schatten schien mir nicht zu folgen. Das Einzige, was ich zwei Minuten später hinter der Düne auftauchen sah, als ich mich kurz umdrehte, war Tante Hedis Hut.
Eine Zehntelsekunde darauf verschwand auch er aus meinem Blickfeld. Zusammen mit mir selbst. Ich war noch keine hundert Meter weit gekommen, als sich unter mir der Boden auftat. Das heißt: Da war gar kein Boden. Der kam erst zweieinhalb Meter tiefer. Er war aus Beton und verdammt hart und verdammt kalt.
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Hallo Mama,
zu liebe M. kann ich mich nicht überwinden – und vielleicht ist ja sogar das Mama gelogen und ich sollte dich mit hallo Susanne anreden. Oder mit hallo Susanne S., wie in der Bildzeitung. Sozusagen mit emotionalem Sicherheitsabstand, mit Stacheldraht um deinen Namen. Damit du mir nicht mehr zu nahe kommen kannst. Damit es mich nicht mehr verletzen kann, was du getan hast. Und wie du mich belogen hast. Von meinem ersten Atemzug an.
Die ganze Geschichte fühlt sich an wie irgend so ein Schund aus der BILD. Oder eine von diesen bescheuerten Real-Soaps aus den RTL-Nachmittags-Shows, wo sich die beklopptesten Protagonisten mit emotionalem Müll bewerfen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie beschissen es sich anfühlt, plötzlich mitzuspielen in dieser unterirdischen Liga. Das nette Mittelstands-Kid mit dem Notendurchschnitt von 1,6 – schön blöd – wird zum Bastard, zur Hauptdarstellerin in einer Jauchegrube. Und hat keine Ahnung, wie es da hineingekommen ist. Soll ich dir sagen, wie ich mich fühle? WIE DER LETZTE DRECK, und so seh ich im Moment auch aus, hier unten in meiner
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