Tote essen kein Fast Food
klappte ihr Handy zu und trat aus der Küche nach draußen. „Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht zu erreichen … Oh, hallo, Fanny.“ Sie sah erleichtert aus, als sie uns bemerkte, und dann leicht irritiert. „Ist Frida nicht bei euch? Ich hatte gehofft, du hast sie im Schlepptau.“
Zum Glück nicht, dachte ich. Das hätte gerade gar nicht gepasst. „Nee“, sagte ich. „Ich hab sie heute zuletzt beim Mittagessen gesehen. Wo ist sie denn hin?“
„Sie ist kurz vor vier mit Jasper los“, sagte Svea und runzelte die Stirn. „Zum Weststrand, hat sie gesagt, und ich dachte eigentlich, sie ist mit dir zusammen weg.“
„N…nein“, sagte ich mit einem Anflug von schlechtem Gewissen, weil ich mich in den letzten Tagen nicht sehr um Frida gekümmert hatte. „Wir waren zwar auch am Strand, aber Frida haben wir dort nicht gesehen.“
„Dabei hätte sie euch auffallen müssen.“ Svea flocht ihre langen schlanken Finger zwischen die kräftigen von Martin und wirkte weit weniger gelassen als sonst. „Sie hatte Jasper eins von Martins ollen Unterhemden übergezogen. Gegen Sonnenbrand.“
„Typisch“, grinste ich. „Das ist übrigens Jan“, setzte ich hinzu, um etwas Anteilnahme zu zeigen. „Er hat mich neulich zusammen mit Frida aus diesem Loch geholt.“
„Svea“, sagte Svea und reichte Jan die Hand. Jetzt war mir klar, woher Martins plötzliche Lockerheit kam. „Irgendwas machen wir falsch“, bemerkte sie an Martin gewandt. „Ständig verschwindet eins von unseren Kindern.“
Oder von unseren Eltern, dachte ich, aber das behielt ich für mich.
„Das klärt sich bestimmt gleich auf“, sagte Martin. „Wahrscheinlich kommt sie in fünf Minuten quietschvergnügt um die Ecke und hat selbst gefangene Krebse in ihrem Kescher. Außerdem passt Jasper auf sie auf.“
„Warum beruhigt mich das jetzt nicht?“, fragte Svea trocken. „Ich warte noch genau eine halbe Stunde. Dann gehe ich los und suche sie.“
Frida kam nicht in dieser halben Stunde. Und auch nicht in der nächsten. Svea und Martin waren bereits losgefahren. Ich sollte zu Hause die Stellung halten, falls Frida von alleine wieder auftauchen würde. „Du meldest dich sofort, wenn sie da ist, okay?“, hatten sie mir eingeschärft.
„Na klar.“ Es war jetzt kurz nach acht. Jan hatte sich vor einer Viertelstunde verabschiedet, was ungefähr fünf Minuten in Anspruch genommen hatte (hmmm). Er wurde zumZwillinge-Hüten erwartet, da sein Onkel und seine Tante sich in einer Strandbar mit Freunden verabredet hatten und dabei auf die Gesellschaft von Max und Moritz keinen Wert legten.
„Tut mir echt leid“, Jans Grübchen vertiefte sich um ein, zwei Millimeter, „aber irgendwie muss ich mir die Ferien hier ja verdienen.“
Ich begleitete Jan ein kleines Stück bis dort, wo die Heidelandschaft anfing. Dort verabschiedeten wir uns noch mal. „Ich muss jetzt wirklich los, Fanny“, nuschelte er zwischen zwei Küssen. „Sonst krieg ich Stress mit Max’ und Moritz’ Eltern.“
„Den kriegst du sowieso. Und zwar mit Max und Moritz höchstselbst“, grinste ich. „Aber ich muss ja auch zurück. Auf Frida warten.“
Ich blickte ihm erst noch sehnsüchtig nach, bekam dann aber doch ein ungutes Gefühl im Bauch. Wo steckte Frida nur?
Martin und Svea hatten den Jeep bis zur Weststrandhalle genommen und wollten den Strand und den Dünenkamm in Richtung Kampen nach ihr absuchen. Vielleicht hatte sie es sich ja verbotenerweise in einer der sandigen Kuhlen gemütlich gemacht und war darin eingeschlafen. So richtig vorstellen konnte ich mir das angesichts von Fridas Aktionsdrang allerdings nicht. Bei Jasper schon eher.
Die inzwischen dunkelorangefarbene Sonne näherte sich jetzt rasch dem Horizont und war von List aus hinter den Dünen des Ellenbogens nur noch zu erahnen. Lila-orangefarbene Schlieren verfärbten den Himmel dramatisch. „Unheilschwanger“, das Lieblingswort meines Deutschlehrers,kam mir in den Sinn und es klang genauso blöd wie immer in meinen Ohren. Noch höchstens eine halbe Stunde, dann würde die Sonne wie eine reife Pflaume ins Meer plumpsen.
Ich ging nach Hause. Es war deutlich kühler geworden und ich griff mir die hellblaue Fleecedecke vom Sofa, bevor ich mich mit meinem Krimi draußen in den Strandkorb setzte. Eigentlich brauchte ich den gar nicht. Schließlich hatte ich genügend Dinge zum Darüber-Nachdenken und zum Träumen. Ich zündete die beiden großen kugeligen Windlichter aus rotem Wachs an, die Svea
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