Tote essen kein Fast Food
gekauft hatte, und merkte ziemlich schnell, dass das zum Lesen nicht reichen würde. Taschenlampe. Wo war unsere Taschenlampe? Widerstrebend stand ich auf, doch sie hing nicht mehr an ihrem Haken in der Diele. Ob Martin sie mitgenommen hatte? Wäre ja naheliegend. Oder sie lag irgendwo bei Frida im Zimmer, wie das meiste, was man in letzter Zeit vermisste. Ich ging nachsehen, aber in Fridas Tohuwabohu war keine Taschenlampe. Dafür machte ich eine andere Entdeckung.
Auf dem Weg nach draußen gab ich Marzipans Terrariumdeckel einen Klaps. „Wir werden deine Freundin schon finden“, sagte ich leichthin zu ihr. „Wer soll dich sonst mit toten Mäusen füttern? Ich bestimmt nicht.“ Die werdende Mutter, die sich zu einer Art dreilagiger Acht zusammengerollt hatte, zeigte sich wenig beeindruckt von meiner fürsorglichen Ansprache. Träge lag sie unter ihrem knochenfarbenen Kletterast, den Frida am Strand gefunden hatte. Dabei fiel mein Blick auf etwas blau-silbern Schimmerndes auf dem Boden vor dem Terrarium. Es waren zwei Batterien. Daneben lag die aufgerissene Plastikhülle der neuen, durch die sie offenbar ersetzt worden waren.
Ich ging in die Knie und spielte nachdenklich mit den beiden Metallröllchen in meiner Hand. Wozu brauchte Frida die? Meines Wissens besaß sie weder einen Gameboy noch anderen technischen Schnickschnack. Und für ein Handy brauchte man keine Batterien. Mein Gesicht verzog sich zu einer ungläubigen Grimasse, als mir die logische Erklärung zu dämmern begann. Ich wusste, was die Batterien zu bedeuten hatten. Ich wusste es sehr genau. Ich brauchte nur eins und eins zusammenzuzählen: Diese Dinger waren dazu gedacht, eine Taschenlampe zu bestücken, und zwar ebenjene, die jetzt nicht mehr an ihrem Haken hing. Und selbige Taschenlampe wiederum war unverzichtbar, wenn man beabsichtigte, heimlich einen unterirdischen Stollen zu erforschen. So wie Frida.
„Diese kleine Irre.“ Wütend schlug ich mit der flachen Hand noch mal auf Marzipans Terrarium, worauf Fridas Kuscheltier sich doch noch zu einer Reaktion herabließ und böse züngelnd hochfuhr. „Die hat doch den totalen Sockenschuss.“ Dabei musste ich an die Geräusche denken, die mich in dem alten Bunker so sehr erschreckt hatten, und mein Herz fing an zu rasen.
16
Ausgerüstet mit einem stabilen s-förmigen Metallhaken, den ich in Martins Survival-Kit gefunden hatte, dem Seil von Tante Hedis Gummiboje und ihrer uralten XXL-Taschenlampe aus der Besenkammer machte ich mich zwanzig Minuten später auf den Weg. Hoffentlich funktionierte die noch. Vorsorglich hatte ich die restlichen von Fridas neuen Batterien eingesteckt, doch Tante Hedis Scheinwerfer tat mir den Gefallen und leuchtete auf Knopfdruck einwandfrei.
Mein Versuch, Martin zu erreichen, hatte lediglich dazu geführt, dass es im Badezimmer klingelte, wo sein Handy neben dem Seifenspender lag. Svea konnte ich auch vergessen, da ich idiotischerweise ihre Nummer aus meiner Kontaktliste gelöscht hatte, sobald ich wieder ohne Krücken laufen konnte. Auf die Idee, dass sie natürlich auf Martins Handy gespeichert sein musste, kam ich in der Eile nicht. Blieb nur Jan. Aber klar, „der Teilnehmer ist vorübergehend nicht zu erreichen“, quäkte es in mein Ohr. „Sie haben die Möglichkeit …“ Verdammter Mist! Wahrscheinlich hatten Max und Moritz das Ding im Planschbecken auf der Terrasse versenkt.
Mir blieb nichts anderes übrig, als Martins Handy auf dem Küchentisch zu deponieren, ihm und Jan eine SMS zu schicken und zu hoffen, dass sie sie bald entdecken würden.„Frida ist im Bunker. Ich hol sie da raus“, lautete meine Message. Ich gebe zu, der Wortlaut klang deutlich cooler, als mir beim Gedanken an den Bunker zumute war.
Der Strandbus fuhr natürlich nicht mehr um diese Uhrzeit. Und Fahrrad hatte ich hier keins. Also zurück durch die Heide. Es war nicht wirklich gemütlich, nach Sonnenuntergang dort herumzulaufen, mitten zwischen den gespenstischen Büschen, die Gnomen-gleich auf der Erde hockten. Wenn doch wenigstens Jan bei mir gewesen wäre. Oder Jasper. In Martins leuchtend weißem Feinripphemd hätte er mir in der Dämmerung super den Weg weisen können. Sonnenbrand! So ein Quatsch. Aber Svea hatte die Nummer problemlos geschluckt. Ohne den Hauch eines Zweifels; schließlich war sie Fridas schräge Ideen und Aktionen gewohnt.
Blöd war Frida wirklich nicht, das musste man ihr lassen. Die Kleine hatte ihre Mutter ganz lässig ausgetrickst. Der wahre Grund
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