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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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Feuchtigkeit und Moder roch ich nichts, jedenfalls keine Spur von Verwesung. Ich wünschte, Jasper wäre bei mir. Bei uns. Aber wo zum Teufel steckte Frida? Irgendwo in diesen unterirdischen Gefilden musste sie sich doch aufhalten. Ich konnte unmöglich die einzige lebende Kreatur hier sein. An der Stelle fiel mir dämlicherweise wieder Gollum ein. Mir schauderte.
    In der Ecke schräg gegenüber dem Schlafsacklager war eine Öffnung in der Wand. Der Gang, dem Frida bis dahin gefolgt war, ging offenbar dort weiter. Ob der etwa zu der Falltür beim Königshafen führte? Mir schien nichts anderes übrig zu bleiben, als weiterzusuchen – und womöglich demjenigen zu begegnen, der sich an diesem unwirtlichen Ort versteckte. Am Ende lauerte der nur darauf, dass ihm unverhofft junge Mädchen ins Netz gingen.
    „Verdammt, Frida“, schimpfte ich leise. „Verdammt! Was mache ich hier eigentlich? Musste das wirklich sein?“ Ich hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als ein schwaches Geräusch mich zusammenfahren ließ. Kam das aus dem zweiten Gang? Im selben Moment sah ich aus dem Augenwinkel, wie sich im Schlafsack etwas zu regen begann. Gleichzeitig löste sich in Zeitlupe der grüne Trekkingrucksack von der Wand und kippte nach vorn auf den Schlafsack. Und auf das, was sich darin bewegt hatte.
    „Hey“, sagte eine erstickte Stimme. „Hey, was soll das?“ Hinter dem Schlafsack glitt langsam ein langes Stück Metall zu Boden, das mit einem dunklen Klirren auf einen Stein schlug. Es war ein Gewehr, und dieses Gewehr in Kombination mit der Stimme aus dem Schlafsack war zu viel für meine Nerven. Ich schnellte herum, ließ den Rest der grünen Wolle fallen, den ich in der Hand hielt, und lief panisch Richtung Loch zurück. Meine Taschenlampe warf hektische Fleckenan die Betonwände. Jetzt bloß nicht stolpern oder an den Betonabbrüchen hängen bleiben, die drohend in den Gang ragten.
    „Fanny!!! Bleib stehen, Fanny! Ich bin’s doch bloß“, schrie da eine mir wohlvertraute Stimme hinter mir her. Ich strauchelte und kam atemlos zum Stehen. Als ich es endlich schaffte, mich umzudrehen, erblickte ich eine völlig verwuschelte Frida, die mir ihren dreckigen Zeigefinger entgegenstreckte. „Du hast so unheimliche Geräusche gemacht in dem Gang“, sagte sie vorwurfsvoll. „Da hab ich mich versteckt.“
    „Aha“, sagte ich und zählte langsam bis zehn, bis mein tief in die Hose gerutschtes Herz wieder halbwegs an Ort und Stelle saß. Und mein Impuls verflogen war, Frida auf der Stelle eine zu scheuern. „Da kannst du ja froh sein, dass ich es bin, die dich überraschend hier unten besucht.“ Ich holte Luft. „Sag mal, tickst du eigentlich noch ganz klar, alleine hier abzutauchen?“
    „Aber ich wollte doch nur …“, fing Frida an.
    „Ist schon klar, was du wolltest.“ Ich war wirklich sauer. „Mann, Frida, das ist hier kein Abenteuerspielplatz. Wie konntest du einfach allein hier reinmarschieren, ohne irgendwem Bescheid zu sagen? Svea ist schon ganz verrückt vor Sorge.“
    „Ist ja schon gut“, erwiderte Frida, jetzt doch etwas kleinlaut. „Aber ich fand das einfach gemein von dir und Jan. Dass ihr den ganzen Spaß alleine haben solltet, obwohl ich es war, die dich damals gerettet hat. Ich bin schließlich kein Kleinkind mehr. Und auch kein Weichei. Außerdem wollte ich gar nicht so lange hier unten bleiben, aber …“
    „Das hat auch kein Mensch behauptet“, unterbrach ich sie schroff. „Los, komm jetzt mit. Mir reicht’s hier für heute.“
    „Aber“, Frida schälte sich aus dem fremden Schlafsack und sprang auf, „ich musste noch mal hierher zurück, weil ich meinen Rucksack vergessen hatte. Dabei war ich schon fast wieder bei meinem Seil. Dann hab ich mich beim Schlafsack noch mal kurz ausgeruht und bin wohl eingeschlafen.“
    „Eingeschlafen! Hier unten! Na, du hast Nerven.“
    „Wie Drahtseile“, strahlte Frida. „Sagt Mama auch immer.“
    „Und warum lag dann dein Rucksack mitten im Gang, als wärst du in Panik vor irgendwas geflohen?“, fragte ich und warf ihn ihr zu.
    „Na, deinetwegen. Weil du doch so gruselige Geräusche gemacht hast.“ Nachdenklich rieb Frida sich das Ohrläppchen. „Da waren übrigens noch mehr Töne“, erklärte sie plötzlich. „Ganz vorhin. Und nicht von da, wo du hergekommen bist.“ Sie schob sich ihre Wuselhaare aus dem Gesicht. „Die kamen von der anderen Seite.“
    „Aus dem Gang da?“ Frida nickte.
    „Das waren dann wohl Jan und ich.

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