Tote essen kein Fast Food
Tat ungewöhnlich.â Martin schenkte Svea und sich Kaffee nach. âNormalerweise senden sie diese Suchmeldungen nur ein, zwei Tage.â
âDann kann man dem Mädchen nur wünschen, dass sie genügend Medikamente mitgenommen hatâ, sagte Svea.
âWo würdest du dich verstecken, Fanny, wenn du abhauen wolltest?â Während Frida ihr Franzbrötchen mampfte, schienen die Nutellapunkte in ihrem Gesicht zu pulsieren, als würden sie abwechselnd kleiner und wieder gröÃer werden.
âKeine Ahnung. Willst du mich loswerden oder was?â
âAlso, ich würde hierher fahren. Nach Sylt. Und im Strandkorb von deiner Tante Hedi wohnen.â
âUnd Marzipan? Den würdest du zu deiner Mama in die Wüste schicken? In einem dicken braunen Briefumschlag?â
âDieâ, sagte Frida. âEs muss âdieâ heiÃen. Marzipan ist ein Mädchen. Sonst könnte sie doch nicht schwanger sein.â Sie leckte ihren Zeigefinger ab. âMarzipan würde ich natürlich mitnehmen. In meinem Rucksack. Aber dann müsste ich bald abhauen, sonst wird sie zu schwer.â
âSoll das heiÃen, die wächst noch?â
âJa, klar. Sie wird noch ungefähr einen halben Meter länger und sechs Zentimeter dicker. Sie ist noch ziemlich jung.â
âEin Teenie und schon schwangerâ, sagte ich. âWie habt ihr das denn hingekriegt?â
âDas wirst du ja wohl wissen, wie das gehtâ, sagte Frida. âHattest du keinen Sexualkundeunterricht in der Schule?â
Martin brach in schallendes Lachen aus, während ich an Ãko-Rebhuhn denken musste. Meinen Biolehrer, der sich einen abgebrochen hatte mit seinen Eierstöcken, Mutterkuchen und der Spermiendichte. Vor allem mit der Spermiendichte, die er bei unserer Generation in Gefahr sah, weil sie dem âDauergefunkeâ der Handys in den Jungs-Hosentaschen ausgesetzt sei. âSeid mal leise, das ist gerade wichtigâ, hatte Jonathan gerufen und zum Gejohle der ganzen Klasse demonstrativ sein Handy ausgeschaltet. âIch will noch Kinder. Wenigstens drei Stück.â
âUaaaahlll-Kundeâ hatten wir Ãko-Rebhuhns Unterricht genannt, der ihm selbst ziemlich peinlich zu sein schien.
âUnd, wo würdest du dich nun verstecken?â, riss Martin mich aus meinen Gedanken.
âWas? Keine Ahnung.â Ich zuckte die Schultern. âUnd auÃerdem: Das würde ich dir jetzt ganz bestimmt nicht auf die Nase binden. Vielleicht brauche ich mein Versteck ja noch mal.â
âAlso, der Strandkorb ist jedenfalls besetztâ, erklärte Frida.
âSylt käme sowieso nicht infrageâ, sagte ich. âDa ist es viel zu voll.â
Ich sollte mich täuschen. Denn man kann sich da sehr gut verstecken â an Orten, so einsam wie ein Grab. Das Grab entdeckte ich drei Tage später. Aus Versehen und vollkommen unfreiwillig ...
5
Ich bin kein Fan von Patchwork. Weder in Form von bunten Tagesdecken noch von bunt durcheinandergemixten Familienbestandteilen. Es sah allerdings danach aus, als müsste ich mich mittelfristig mit beiden Phänomenen abfinden. Frida hatte sich in dem kleinen Raum neben Tante Hedis Wohnzimmer eingerichtet. Dort schlief sie auf einer Matratze am Boden, die sie tagsüber unter einer aus bunten Stoffresten zusammengesetzten Steppdecke versteckte. Als Nachttisch diente ihr Tante Hedis kleiner weiÃer Hocker mit den schwarzen FüÃen. Ansonsten lebte sie aus ihrem Rucksack.
Es war mir ein Rätsel, wie sie und ihre Mutter es geschafft hatten, ihren kompletten Klamottenbedarf für zwei Wochen plus eine schwangere Kornnatter samt Behausung in den Gepäcktaschen der Harley Davidson unterzubringen, die jetzt ziemlich cool vor unserem Haus parkte. Wenn auch mit Beiwagen. âWenn du für die Wüste packst, dann bist du es gewohnt, mit wenig Platz auszukommen, und beschränkst dich auf das Nötigsteâ, hatte Svea erklärt und binnen einer Minute die Harley entladen. Das Nötigste bestand in ihrem Fall aus zwei äuÃerst knappen Bikinis sowie diversen eng sitzenden Kleidern, wie sich im Laufe des Urlaubs herausstellte. Ansonsten trug sie Martins Oberhemden und eine kurze Jeans. Wusste gar nicht, dass Martin auf so was steht.
Nach einer unbequemen Nacht im Vogelzimmer und Wand an Wand mit Frida hatten er und Svea Tante Hedis Dachboden inspiziert und, oh Wunder, welche Freude, hochkant an
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