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Tote essen kein Fast Food

Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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Anzeige. Wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.“
    â€žBisher sind Sie der Einzige, der sich öffentlich ärgert“, gab ich zurück. „Und wie erregt Sie dabei sind, kann ich nicht beurteilen.“
    Mister Shadow schnappte nach Luft. Okay, der Spruch war ganz schön dreist. Und hätte ich gewusst, was ich damit lostrat, hätte ich mir lieber dreimal auf die Zunge gebissen und Jasper mit eingekniffenem Schwanz nach Hause gebracht. Hab ich aber nicht.
    Jedenfalls war’s das dann. Der Schattenmann machte einen Schritt auf mich zu und packte mich am Arm, was bestimmt nicht in seiner Arbeitsplatzbeschreibung stand. Sein Blick brannte in meinem Gesicht wie tiefgekühltes Trockeneis auf der Haut. Statt zu meiner Verteidigung aufzuspringen und wenigstens der Show halber ein Knurren hören zulassen, legte Jasper die Stirn in Kummerfalten und blickte ihn treu aus seinen braunen Augen an. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich selbst zu verteidigen.
    Mit einer plötzlichen Bewegung aus meinem Fecht-Training riss ich mich los und rannte, so schnell das in dem tiefen Sand möglich war, über die Düne Richtung Inselinneres. Was mindestens ebenso verboten war, wie nackt am Textilstrand herumzulaufen oder mit Hasso oder Waldi in der Null-Hund-Zone. Ich war schon aus der Puste, als ich auf dem Dünenkamm ankam. Aber der Schatten schien mir nicht zu folgen. Das Einzige, was ich zwei Minuten später hinter der Düne auftauchen sah, als ich mich kurz umdrehte, war Tante Hedis Hut.
    Eine Zehntelsekunde darauf verschwand auch er aus meinem Blickfeld. Zusammen mit mir selbst. Ich war noch keine hundert Meter weit gekommen, als sich unter mir der Boden auftat. Das heißt: Da war gar kein Boden. Der kam erst zweieinhalb Meter tiefer. Er war aus Beton und verdammt hart und verdammt kalt.
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    Hallo Mama,
    zu liebe M. kann ich mich nicht überwinden – und vielleicht ist ja sogar das Mama gelogen und ich sollte dich mit hallo Susanne anreden. Oder mit hallo Susanne S., wie in der Bildzeitung. Sozusagen mit emotionalem Sicherheitsabstand, mit Stacheldraht um deinen Namen. Damit du mir nicht mehr zu nahe kommen kannst. Damit es mich nicht mehr verletzen kann, was du getan hast. Und wie du mich belogen hast. Von meinem ersten Atemzug an.
    Die ganze Geschichte fühlt sich an wie irgend so ein Schund aus der BILD. Oder eine von diesen bescheuerten Real-Soaps aus den RTL-Nachmittags-Shows, wo sich die beklopptesten Protagonisten mit emotionalem Müll bewerfen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie beschissen es sich anfühlt, plötzlich mitzuspielen in dieser unterirdischen Liga. Das nette Mittelstands-Kid mit dem Notendurchschnitt von 1,6 – schön blöd – wird zum Bastard, zur Hauptdarstellerin in einer Jauchegrube. Und hat keine Ahnung, wie es da hineingekommen ist. Soll ich dir sagen, wie ich mich fühle? WIE DER LETZTE DRECK, und so seh ich im Moment auch aus, hier unten in meiner Gruft. Ich ekle mich vor mir selbst. Aber es gibt jemanden, der mich noch mehr ekelt: dich.
    Ich muss aufhören, sonst muss ich kotzen. Und davon wird’s hier nicht gemütlicher ...
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6
    Scheiße, dachte ich, als ich wieder denken konnte. So eine Scheiße! Der Erdboden hatte mich buchstäblich verschluckt. Zweieinhalb Meter über mir war ein halber Quadratmeter blauer Himmel mit gezacktem Rand zu sehen. Vor mir, hinter mir und neben mir: ein schwarzes NICHTS. Mittendrin saß ich und konnte noch nicht genau beurteilen, was mir am meisten wehtat und in wie viele Teile ich mich zerlegt hatte. Um den linken Knöchel herum tat es sauweh, und wie es aussah, schwoll er binnen Minuten so dick an wie eine Avocado. Wenn ich denn was hätte sehen können. Durch das Loch in der Decke, oder was das war, drang kaum Licht zu mir herunter, und das bisschen, das durchkam, wurde auf der Stelle von der muffigen Dunkelheit um mich herum aufgesogen. Mein linker Ellbogen war blutig aufgeschrammt. Zumindest schmeckte es nach Blut, als ich an der Flüssigkeit an meinem Unterarm leckte. Ein bisschen wie Eisen. Und am Hinterkopf entwickelte sich eine fette Beule.
    War das der Grund, warum es auf Sylt verboten war, durch die Dünen zu laufen, wo man wollte? Weil es gemeingefährlich war und man mir nichts, dir nichts in betonbewehrte Mega-Löcher fallen konnte? Hatten die Verbotsschilder überall und die hohen Geldstrafen, die einem bei Missachtung angedroht

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