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Tote essen kein Fast Food

Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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Hedis Boje nicht zu benutzen. Ich setzte mich an den Rand der Öffnung im Boden, klemmte mir die Taschenlampe zwischen die Zähne und ließ mich Knoten für Knoten in die Tiefe hinab. Beim letzten Knoten angekommen begegnete ich auch einem von Tante Hedis Wollknäueln wieder, einem grünen, das Frida an dem nach unten hängenden Nylonseil festgebunden hatte. Der Faden der Ariadne! Nicht schlecht. Durch ihr Geschenk an Theseus hatte Ariadne dafür gesorgt, dass der sich in das Labyrinth mit dem fiesen Stiermenschen Minotaurus wagen und ihn ein für alle Mal zur Strecke bringen konnte.Diese alten griechischen Mythen haute mein Vater mir bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten um die Ohren. Ob das bei Frida auch so war? Oder hatte sie den Trick aus der Sendung mit der Maus ? Egal. Ich konnte jedenfalls nur hoffen, dass kein Jungfrauen verspeisendes Ungeheuer im Bunker saß und sich schon die Lippen leckte.
    Mit klammen Fingern prüfte ich, ob mein Handy noch in der Hosentasche saß, auch wenn es mir hier unten nicht viel nützen würde. Zumal wenn meine potenziellen Gesprächspartner sämtlich nicht zu erreichen waren. Entschlossen straffte ich die Schultern und umfasste den dicken Hals der Stabtaschenlampe mit beiden Händen. Und go!
    Um die Ecke von da, wo ich auf der alten Armeedecke gesessen hatte, bog, wie Jan gesagt hatte, ein schnurgerader, lichtloser Gang ab. Ich ließ den scharfen Strahl der Taschenlampe an seinen nackten, schartigen Betonwänden entlanggleiten und folgte Fridas Ariadnefaden. An einigen Stellen ragte ein scharfkantiges Stück Beton in den höchstens eineinhalb Meter breiten Gang, umgeben von hellem Dünensand, der durch irgendeine Lücke gerieselt oder geweht sein musste. An anderen stolperte man über dicke Feldsteine oder Kiesel.
    Das hier war mit Abstand der unheimlichste Ort, an dem ich je war. Beim Gehen hatte ich das Gefühl, der Tunnel würde immer schmaler. Die Decke und die rissigen Wände rückten mir immer näher auf die Pelle und das undurchdringliche Dunkel in meinem Rücken griff nach mir und beschleunigte meine Schritte. Wie ein Automat setzte ich einen Fuß vor den anderen und versuchte, nicht zu denken. Doch das war unmöglich. Wie spät war es? Wie lange war ichschon so gegangen? Hier drin verlor man sofort jegliches Zeitgefühl. Der Tunnel schien einen weiten Bogen zu machen und führte stetig abwärts. Hier war Frida alleine reinmarschiert? Respekt. Aber natürlich auch vollkommen bescheuert. Und dann noch, ohne jemandem einen Piep davon zu sagen. Andererseits: Hätte ich auch nicht gemacht.
    Meine Ohren waren im Hab-Acht-Modus, bereit, auch noch das kleinste Geräusch aufzufangen. Aber alles, was ich hörte, war einmal das Fiepen einer Maus bei einem der hellen Sandhaufen sowie das Echo meiner eigenen Schritte, das unheimlich von den Wänden zu tropfen schien. Das grüne Wollband hatte ich vom Boden aufgehoben und ließ es durch meine Hände gleiten, bis ich schließlich mit angstschweißfeuchten Fingern einen Knoten in dem Wollfaden ertastete. Ich richtete den Lichtkegel der Taschenlampe gerade nach vorn. Irgendwie sah es aus, als würde der Gang dort in etwas anderes münden. Ich konnte nicht erkennen, was das war. Aber genau an dieser Stelle musste auch Frida innegehalten haben, um ein zweites Wollknäuel ans Ende des ersten zu knoten. Ich rieb den kleinen Knubbel zwischen meinen Fingern. Ob es noch weit war? 130 Meter Lauflänge stand auf der schwarz-weißen Banderole, die ich kurz darauf auf dem Boden fand. Ich begann, meine Schritte zu zählen.
    Mein Gefühl hatte mich nicht getrogen. Nach etwa hundert Metern stieß ich auf Fridas roten Rucksack, der mitten im Stollen bäuchlings auf dem Boden lag. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Was Gutes oder eher das Gegenteil? Ich bückte mich und hob ihn auf. Im Schneckentempo schlich ich weiter. Kurz darauf knickte der Gang leicht nach rechts ab und verbreiterte sich zu einem etwa vier mal fünf Metergroßen Raum, dessen niedrige Decke ich problemlos mit der Hand berühren konnte. Sie war eiskalt.
    Der Raum schien leer bis auf eine Ecke, in der sich eine seltsame Ansammlung von Gegenständen häufte. Auf einer Unterlage aus mehreren großen Pappen, die offensichtlich aus zerlegten Supermarktkartons hervorgegangen waren, lag ein dunkler Daunenschlafsack, dessen Kunststoffoberfläche im

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