Tote essen keinen Döner
Hoffnung, dass der Mörder mich dann auch nicht sehen kann.
»Du brauchst dein hässliches Gesicht gar nicht zu verstecken, du Mistkerl!«, brüllt mich der Killer mit seltsam vertrauter Stimme an.
»Bitte, bitte, bring mich nicht um!«, flehe ich ihn an und werfe mich zu seinen Füßen nieder.
Igiitt, ein Transvestit! Der Killer ist ein Transvestit! Er läuft mit schäbigen Frauenschuhen herum.
»Ich habe mit der ganzen Geschichte nichts zu tun! Lassen Sie mich gehen! Ich wollte hier nur ein paar Pornohefte angucken. Ich bin nämlich schon seit fünfundzwanzig Jahren verheiratet, wissen Sie?«
»Du ekelhaftes, perverses Schwein!«
»Das mag ja sein, aber bitte, bitte bringen Sie mich nicht um!«
Wer hätte gedacht, dass Adolf nicht einem politischen, sondern einem sexuell motivierten Mord zum Opfer gefallen ist?
|41| »Osman, steh doch endlich auf, du Idiot!«, kreischt der Transvestit, der aussieht wie Eminanim. Es gibt Transen, die haben Marlene Dietrich zum Vorbild, andere Märilyn Monro oder Zarah Leander. Aber Eminanim als Vorbild? Nein – das ist wirklich Eminanim!
»Osman, ich glaub’s einfach nicht! Wir stecken bis zum Hals in den unglaublichsten Schwierigkeiten, und du schleichst mitten in der Nacht in die Wohnung von diesem Mann und blätterst in aller Ruhe in seinen ekelhaften Pornoheften. Ich fass es nicht! Wie krank bist du eigentlich?!«
»Frau, was fällt dir ein, mir mitten in der Nacht einen solchen Schrecken einzujagen? Was Adolfs Tod angeht, konnte dir bisher ja noch nichts nachgewiesen werden, aber an meinem Herzinfarkt wärst du jetzt ganz alleine schuld gewesen!«
»Osman, du machst mich fertig! Es ist seit Jahren das Gleiche: Immer wenn wir in riesigen Problemen stecken, schaffst du es, eine noch größere Dummheit anzustellen. Wie kannst du es denn riskieren, dass man dich um diese Zeit in der Wohnung des Toten erwischt? Wie willst du denn eine solche Situation der Polizei erklären?«
»Eminanim, ich versuche, eine Spur zu finden, die mich zu seinem Mörder führt. Nur deshalb bin ich in diese Wohnung gekommen!«
»Du meinst also, eines von den nackten Weibern in diesen schmierigen Pornoheften hat ihn umgebracht? Soviel ich weiß, ist er nicht beim Onanieren gestorben, sondern er wurde erschossen. Das hast du mir zumindest gesagt.«
»Stimmt, aber als ich Geräusche an der Tür gehört habe, dachte ich, der Mörder kommt zurück, und da wusste ich |42| nicht, was ich tun sollte. Deswegen habe ich, schlau wie ich bin, versucht, den Verbrecher auf eine falsche Fährte zu locken: indem ich seine Aufmerksamkeit auf diese Hefte gelenkt habe.«
»Und was sollte es bedeuten, dass du schon so schrecklich lange verheiratet bist?«
»Mit irgendwas musste ich doch versuchen, den Mörder einzulullen … um ihn blitzschnell zu entwaffnen.«
»Indem du seine Schuhe ableckst?«
»Eminanim, sei mal ruhig, da ist wieder jemand an der Tür. Ich glaube, diesmal ist es wirklich der Killer, denn zwei neugierige Ehefrauen habe ich ja nicht«, flüstere ich. »Mehmet, komm rein, mein Junge, die Tür ist offen«, ruft sie.
»Was macht ihr denn hier?«, fragt Mehmet und macht alle meine Sicherheitsmaßnahmen zunichte, indem er das große Deckenlicht anmacht.
»Bist du verrückt geworden, niemand darf wissen, dass wir hier sind«, brülle ich.
»Mein Gott, Vater, die ganzen Nachbarn schlafen doch schon um die Uhrzeit, aber wenn du weiter so rumbrüllst, nicht mehr lange.«
»Sag mal, Eminanim, woher hast du eigentlich gewusst, dass Mehmet vor der Tür steht? Habt ihr euch hier verabredet oder erkennst du ihn mittlerweile an seinem Geruch?«
»Genau, an seinem frisch aufgetragenen Rasierwasser. Mehmet rasiert sich immer nur nachts.«
»Leute, ich wollte doch nur bei der Spurensuche helfen. Sechs Augen sehen besser als vier. Hier zum Beispiel: Bei diesem Konzert werden mit Sicherheit all seine Freunde |43| sein«, sagt Mehmet und zeigt auf eines der Plakate, die ich vorhin schon entdeckt hatte.
»Schnüffel woanders, diese Beweisstücke habe ich alle schon inspiziert. Aber stell dich dabei nicht so schusselig an wie deine Mutter«, sage ich und deute auf Eminanim, die mit zugehaltener Nase in der Küche auf Spurensuche ist. So was habe ich auch noch nie gesehen: Sie ist die erste Schnüfflerin, die mit zugehaltener Nase schnüffelt.
»Schaut her, ich habe eine Geburtstagskarte gefunden, von seiner Freundin«, ruft sie.
»Wie heißt sie denn, steht die Adresse drauf?«, frage ich
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