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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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    Der Ford-Transit fuhr immer weiter, immer weg

«
    Plötzlich knallt Abdullah die Haustür in den Rücken und die Möbelpacker rufen:
    »Nicht im Weg herumstehen, Leute! Sonst werden wir nie fertig.«
    Abdullah beobachtet mit großen Augen, wie die Möbelpacker |18| mit einer Kommode zur Balkontür reinkommen, um sie dann über die Hintertreppe wieder in den Garten rauszutragen.
    »Ich will mich ja nicht einmischen, aber ist das normal, was die da machen?«, fragt er irritiert.
    »Das ist die künstlerische Freiheit der Möbelpacker«, sagt Mehmet, »Packer-Metapher nennt man so was.«
    In diesem Moment stürmt unsere neue Nachbarin Frau Weißbrot vom Dachgeschoss in unser Wohnzimmer. Als die alte Dame meine Familie erblickt, bleibt sie erschrocken stehen und fängt an zu brüllen:
    »Hilffeee, Hilfeee, Einbrecher, Mördeeerrrrr!«
    »Aber nicht doch, gnädige Frau«, versucht Eminanim sie zu beruhigen.
    »Hilfeee, Einbrecher, Mördeeerrrrr, Ausländeeerrrr!«
    »Nermin, gib ihr eine volle Tasse von deinem komischen Tee«, ruft Mehmet.
    »Oma Elfriede, das sind doch nur die neuen Mieter«, stellt Abdullah-Ibrahim uns vor.
    »Gute Frau, wir tun Ihnen nichts. Wir wohnen ab heute nur hier«, sage ich.
    »Hilfeee, Einbrecher, Ausländer, Hausbesetzer!«
    »Oma Elfriede, hören Sie mir mal zu. Ich habe ein neues Gedicht geschrieben. Sie finden doch meine Gedichte immer so schön«, sagt mein Arbeitskollege sanft.
    »Hey, weg da!«
    Wieder knallt meinem Kumpel die Tür in den Rücken.
    »Abdullah, geh doch endlich von der Tür weg.«
    »Der liebe Abdullah-Ibrahim hat früher auch schöne Gedichte geschrieben«, sagt die Oma plötzlich ruhig.»Besonders die, die er über mich und meinen Alois verfasst |19| hat, waren herrlich. Und viel früher, noch vor Abdullah-Ibrahim und seiner Familie, da habe ich mit meinem Mann Alois in dieser Wohnung gewohnt. Aber danach sind wir nach oben in die etwas kleinere Dachgeschosswohnung gezogen. Und dieses Fenster war früher der Lieblingsplatz meines verstorbenen Mannes. Hier saß er den ganzen Tag und hat die Straße beobachtet. Als die Wohnung frei wurde, habe ich ihn wieder an seinen Lieblingsplatz gestellt«, sagt sie, geht zur Fensterbank, nimmt vorsichtig die Dose mit dem schwarzen Pfeffer, den Hatice eben großzügig über die Brötchen gestreut hat, und streichelt sie liebevoll und zärtlich.
    »Darf ich bekannt machen? Das hier ist mein Mann Alois Weißbrot. Als vor ein paar Wochen sein gutes Herz plötzlich aufgehört hat zu schlagen, habe ich ihn sofort einäschern lassen. Wenn Sie es mir erlauben, würde ich ihn noch eine Weile hier am Fenster verweilen lassen, damit er wie früher glücklich die Straße beobachten kann.«
    Ich spüre, wie sich mein Magen zu drehen beginnt. Alle im Raum laufen grün an und geben Würgegeräusche von sich. Eine Sekunde später fängt die große Rennerei an. Nermin schaltet am schnellsten, deshalb ist das Badezimmer leider schon besetzt. Auf die Gefahr hin, das Treppenhaus zu versauen, laufe ich in den Keller und versuche mein Glück in der Waschküche. Vorher entschuldige ich mich noch bei meinem Kumpel:
    »Abdullah-Ibrahim, wir haben uns alle irgendwie den Magen verdorben, aber mach dir keine Sorgen, weder deine Brötchen noch deine Gedichte sind daran schuld!«

|20| Mord im Karnickelweg
    Auf halbem Wege in die Waschküche höre ich meine Frau im Keller kreischen.
    »Hiiiilfeee, Hiiiiiiiiilllfeeeeee!«, schreit sie so laut, als würde nicht sie den Opa, sondern er sie aufessen – und das bei lebendigem Leibe.
    »Frau, brüll doch nicht das ganze Haus zusammen«, rufe ich unten angekommen, »du bist nicht die Einzige, die Herrn Weißbrot mit viel Käse runtergeschlungen hat.«
    »Osman, ich   … ich   … ich bin eine Mörderin!!«
    »Eminanim, übertreib doch nicht so! Der Mann war schon tot«, rufe ich in die Plastiktüte vor meinem Mund und laufe auch in die Waschküche rein.
    »Ich bin eine Mörderiiiinn!«
    »Ich würde sagen, du bist eine Kannibalin, so wie wir alle.«
    »Da, da, da«, stottert meine Frau und zeigt mit riesengroßen Augen auf einen regungslosen Körper, der auf dem Kellerboden liegt. »Ich habe ihn umgebracht! Mein Gott, ich habe diesen armen Adolf umgebracht!«
    »Wie hast du das denn so schnell geschafft?«, frage ich genauso schockiert.
    »Die Kellertür ging nicht auf! Ich habe gerüttelt und gerüttelt! Dann habe ich ihr einen Tritt gegeben und es |21| hat gekracht. Ich

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