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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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und Lothar. Heute Mittag sind sie aus ihrem Ferienhaus in der Toscana zurückgekommen«, ruft meine Frau, die den Grund meines etwas stürmischen Überfalls natürlich sofort durchschaut hat. »Schau doch, wie hübsch die beiden ihre Wohnung eingerichtet haben – alles in Rosa! Auch die Wände. Ist das nicht herrlich, so möchte ich meine neue Wohnung auch haben«, strahlt sie mich an. In dem Moment entdecke ich verblüfft, dass der nette Marcel nicht nur eine polierte Glatze, sondern auch einen langen, gepflegten Zopf hat.
    »Osman, du glaubst gar nicht, wie nett unsere neuen Nachbarn Marcel und Lothar sind«, schwärmt meine Frau weiter. »Wir kommen ganz wunderbar miteinander aus. Wir haben sogar schon Rezepte ausgetauscht. Und Marcel hat mir ein Päckchen italienischen Bio-Risottoreis geschenkt. Heute Abend mache ich uns toscanische Spezialitäten. Es soll herrlich schmecken«, plappert Eminanim wie ein Wasserfall ohne Luft zu holen weiter, um mir genug Zeit zu geben, meinen bösen Schock einigermaßen zu verdauen.
    |192| Mehmet ist da viel direkter, er sagt auf Türkisch:
    »Vater, die beiden haben zwar Glatzen, sind aber Gott sei Dank keine Faschos – nur ein bisschen schwul.«
    Ich atme erleichtert auf – so viel Taktgefühl, dass er diesen Satz auf Türkisch sagt, hätte ich Mehmet gar nicht zugetraut.
    »Dann sind sie als Mörder hochgradig verdächtig, weil Skinhääds Schwule hassen, obwohl die Hälfte von denen bestimmt selber schwul ist. Genauso wie sie Sozialhilfeempfänger hassen,obwohl sie selber von der Stütze leben.«
    »Osman, unsere beiden netten Nachbarn werden uns auch helfen, die Pizzeria von unserem Schwiegersohn zu schmücken, wenn sich die zwei frisch Verliebten dort übermorgen verloben«, verkündet Eminanim wie beiläufig.
    »Welche zwei frisch Verliebten werden sich denn in Luigis Laden verloben?«, frage ich völlig verdutzt. »Unsere neuen netten Nachbarn Marcel und Lothar?«
    »Nein, Marcel und Lothar doch nicht. Die haben schon längst geheiratet – in Dänemark. Ich hab mir eben die ganzen schönen, romantischen Fotos angesehen. Ich meine natürlich unsere beiden Küken, Zeynep und Luigi.«
    »Frau, du siehst doch, dass ich mich von meinem ersten Herzinfarkt noch nicht richtig erholt habe. Was soll denn jetzt dieser Blödsinn? Willst du mich auch unter die Erde beziehungsweise in die Tiefkühltruhe bringen, oder was?«
    »Reg dich nicht auf, Osman, die beiden Kinder haben es so entschieden. Als Mutter kann ich diesem fröhlichen Anlass doch nur zustimmen.«
    »Bei Allah, wir wissen noch nicht mal, ob dieser Italiener mit seinen Sizilianer-Schuhen   …«
    »Wir wissen, dass dieser Italiener ein sehr lieber und |193| hübscher Junge ist. Er ist enorm fleißig und hat einen eigenen, gut gehenden Laden.«
    Es ist mir ja bekannt, dass die türkischen Mütter noch versessener darauf sind, ihre Töchter zu verheiraten, als die Töchter selbst! Deshalb sehe ich in meiner jetzigen Verfassung von einem Kampf ab – erst recht in einer fremden Arena.
    »Ist mir doch egal, macht doch, was ihr wollt. Verloben ist ja nicht gleich heiraten«, nuschele ich und grinse siegessicher, da ich ja zum Glück die Aufnahmen von den beiden Luigis in der Hinterhand habe, die ich, wenn es hart auf hart kommt, auf den Tisch knallen kann.
    »Osman, ich muss dir noch was sagen, ich habe eben aus Versehen die ganzen Filmaufnahmen aus unserem Keller gelöscht!«
    Wie gesagt, ich weiß ja schon länger, dass die türkischen Mütter noch schärfer darauf sind, ihre Töchter zu verheiraten, als die Töchter selbst. Aber dass sie so weit gehen, ohne mit der Wimper zu zucken einen Mörder als Schwiegersohn zu akzeptieren und dabei auch noch tatkräftig alle Spuren und Beweise zu beseitigen, das hätte ich nicht gedacht!
    Ich verabschiede mich von meinen neuen netten Nachbarn und verspreche Marcel hoch und heilig, dass ich auf jeden Fall bald eines seiner toscanischen Öko-Gerichte probieren werde. Er verspricht mir ungefragt, den Verlobungssaal meiner Tochter Zeynep bildhübsch zu gestalten. Sein Mann Lothar meint, ich sei bei ihnen in der Wohnung immer willkommen, nur solle ich das nächste Mal etwas leiser eintreten und die Füße abputzen.
    Ich gehe nach unten zum Auto, um Adolf wieder zu seinem |194| Ruheraum in unserem Keller zu begleiten. Das war doch ein sehr anstrengender Tag für eine Leiche. Eminanim meinte vorhin, die Polizei hätte stundenlang Spuren gesucht und würde bestimmt so schnell nicht

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