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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Armenhaus und trug ihr glattes Haar so kurz geschnitten, daß es ihr schmales Gesicht noch länger machte, als es ohnehin schon war. Außerdem ließen die wenigen Haare zusammen mit ihrem blassen Teint die übergroße Brille mit den rosa getönten Gläsern zum markantesten Punkt ihres Gesichts werden.
    »Ja, Lucie, danke, daß Sie gleich vorbeigeschaut haben«, sagte ich und räumte einen Stuhl für sie frei.
    Als Lucie sich setzte, zog sie die Füße an und steckte sie hinter die Stuhlbeine. Sie erinnerte mich dabei an eine Katze, die sich genüßlich auf einem Kissen niederläßt.
    »Haben Sie heute eine Führung durchs Institut machen müssen?«
    Obwohl ihre Mundwinkel lächelnd zuckten, sah sie mich verständnislos an.
    »Die Japaner.«
    »Ach, die. Sie kommen von einem kriminaltechnischen Labor in Kobe. Sind fast alle Chemiker. Es macht mir nichts aus, sie herumzuführen.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie mir helfen können, aber fragen kostet ja nichts«, begann ich.
    Ihre Augen hinter den dicken Brillengläsern betrachteten die Reihe von Schädeln, die in dem Regal hinter meinem Schreibtisch stand.
    »Die sind für Vergleichszwecke«, erklärte ich.
    »Sind das richtige Totenschädel?«
    »Ja, alles echt.«
    Lucie drehte den Kopf in meine Richtung, so daß ich ein verzerrtes Bild meines eigenen Gesichts in jedem ihrer rosa gefärbten Brillengläser sah. Ihre Mundwinkel verzogen sich ein wenig, dann entspannten sie sich wieder. Lucies Lächeln war so abgehackt wie das Blinken einer Glühbirne mit Wackelkontakt und erinnerte mich irgendwie an meine Taschenlampe im Unterholz des Klostergeländes.
    Ich erklärte Lucie, was ich wollte. Als ich damit fertig war, legte sie den Kopf in den Nacken und starrte an die Zimmerdecke, als könne sie dort die Antwort auf meine Frage finden. Dann überlegte sie eine ganze Weile, während ich dem Geräusch eines Computerdruckers in einem der Nachbarbüros lauschte.
    »Vor 1985 haben wir bestimmt nichts«, sagte sie, wobei ihr Lächeln wieder kurz aufflackerte.
    »Ich weiß, daß meine Bitte ein wenig ungewöhnlich ist, aber es wäre toll, wenn Sie es versuchen könnten.«
    » Ville de Québec aussi ?«
    »Nein, im Moment genügen mir die LML-Fälle.«
    Lucie nickte, lächelte noch einmal und ging. Kaum war sie draußen, klingelte wie auf Bestellung das Telefon. Es war Ryan.
    »Könnte die Vermißte auch jünger sein?« fragte er.
    »Wieviel jünger?«
    »Siebzehn.«
    »Nein.«
    »Vielleicht sind ihre Knochen –«
    »Nein.«
    Schweigen.
    »Dann hätte ich noch eine Siebenundsechzigjährige anzubieten.«
    »Ryan, diese Frau brauchte weder Clearasil noch ein Alterstonikum.«
    Ryan blieb hartnäckig. »Gibt es denn nicht eine Krankheit, bei der man vorzeitig altert und –«
    »Schlagen Sie sich das aus dem Kopf. Die Vermißte muß zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig sein.«
    »Okay.«
    »Und sie wurde möglicherweise zwischen 1989 und 1992 vermißt gemeldet.«
    »Das haben Sie mir bereits gesagt.«
    »Aber da wäre noch etwas. Möglicherweise hatte sie Kinder.«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe eine Delle an der Innenseite eines ihrer Schambeine gefunden. Gut möglich, daß sie von einer Geburt stammt. Suchen Sie also eine Vermißte mit Kind.«
    »Danke für die Information.«
    Ryan legte auf, aber unmittelbar darauf klingelte das Telefon wieder.
    »Gibt’s noch was, Ryan?«
    »Ich bins Mom.«
    »Hallo Darling, wie geht es dir?«
    »Gut, danke.« Eine Pause. »Bist du immer noch sauer wegen unseres Gesprächs gestern abend?«
    »Natürlich nicht, Katy. Ich mache mir bloß Sorgen deinetwegen.«
    Eine lange Pause.
    »Also, gibt es vielleicht sonst noch was Neues?« brach ich schließlich das Schweigen. »Wir haben gar nicht darüber geredet, was du in den Sommerferien vorhast.« Eigentlich hätte ich ihr eine Menge zu sagen gehabt, aber ich fand es besser, wenn ich zuerst einmal sie reden ließ.
    »Nicht viel. Charlotte ist genauso langweilig wie immer. Hier kann man so gut wie gar nichts unternehmen.«
    Toll. Eine volle Ladung pubertärer Negativität, wie üblich. Genau das hatte ich gebraucht. Ich versuchte, mir meinen Ärger nicht anmerken zu lassen.
    »Was macht dein Ferienjob?«
    »Geht so. Manchmal gibt es gutes Trinkgeld. Gestern habe ich vierundneunzig Dollar verdient.«
    »Ist doch toll.«
    »Die decken mich ganz schön mit Arbeit ein.«
    »Wunderbar.«
    »Am liebsten würde ich aufhören.«
    Darauf sagte ich nichts.
    Auch Katy schwieg.
    »Katy, du weißt doch, daß du

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