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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Brustplatte eines jungen Mannes ab. Unter einem dichten, roten Haarschopf schauten blau geschwollene Augen hervor, und an seiner linken Schläfe konnte ich ein kleines, schwarzes Loch entdecken. Selbstmord. Nathalie war die neue Pathologin am LML und durfte noch keine Mordopfer obduzieren. Daniel legte das Skalpell, das er eben geschärft hatte, auf den Tisch. »Wollen Sie sich die Knochen von St. Lambert ansehen?« fragte er mich.
    » Oui, s’il vous plait. In Nummer vier?«
    Er nickte und verschwand in der Leichenhalle.
    Die Autopsie des Skeletts nahm mehrere Stunden in Anspruch. Dabei bestätigte sich meine ursprüngliche Vermutung, daß es sich bei den Knochen um die Überreste einer weißen, etwa dreißigjährigen Frau handeln mußte. Obwohl nur noch wenig Gewebe vorhanden war, befanden sich die Knochen in gutem Zustand und enthielten sogar noch etwas Fett.
    Die Frau war zwei bis fünf Jahre tot. Bis auf einen noch nicht vollständigen Bogenschluß am fünften Lendenwirbel wies ihr Skelett keinerlei Besonderheiten auf. Ohne den Kopf würde eine Identifizierung kaum möglich sein.
    Ich bat Dan, die Knochen ins Labor zu schicken, wusch mir die Hände und ging hinauf in mein Büro. Der Stapel mit rosa Gesprächsnotizen war in der Zwischenzeit noch höher geworden. Ich rief Ryan an und gab ihm die Ergebnisse meiner Untersuchung durch. Er hatte sich inzwischen die Vermißtenmeldungen angesehen, die ihm die Polizei von St. Lambert überlassen hatte.
    Einer der rosa Zettel bezog sich auf einen Anruf von Aaron Calvert aus Norman, Oklahoma. Er hatte schon am Vortag angerufen, und als ich ihn jetzt zurückrief, sagte mir eine zuckersüße Stimme, daß er gerade nicht in seinem Büro sei. Die Frau versicherte mir, daß es ihr unendlich leid täte und versprach mir hoch und heilig, ihm etwas auszurichten. Nach soviel professioneller Freundlichkeit hatte ich erst einmal genug. Ich legte die anderen Mitteilungen beiseite und ging zu Lucie Dumont.
    Lucies Büro war mit Computerterminals, Monitoren, Druckern und anderen elektronischen Geräten vollgestopft. Unzählige Kabel liefen zu dicken Bündeln zusammengefaßt am Boden entlang oder verschwanden durch Löcher in der Zimmerdecke. Auf Regalen und Aktenschränken stapelten sich Computerausdrucke, und von manchen dieser Stapel hingen die Blätter des Endlospapiers hinab bis auf den Boden.
    Lucies Schreibtisch stand vor einer hufeisenförmigen Konsole. Mit ihrem Bürostuhl rollte sie auf dem grau gekachelten Fußboden von einem Terminal zum nächsten. Wenn ich an Lucie dachte, sah ich immer nur einen vom grünlichen Licht der Computermonitore umflorten Hinterkopf vor mir. Ihr Gesicht drehte sie einem nur selten zu.
    Heute allerdings war Lucies Bürostuhl von fünf Japanern in Anzug und Krawatte umstanden. Dicht gedrängt nickten sie jedesmal feierlich, wenn Lucie auf einen Bildschirm deutete und ihnen etwas erklärte. Ich verfluchte mein schlechtes Timing und ging weiter ins histologische Labor.
    Inzwischen war hier das Skelett aus St. Lambert eingetroffen, und ich begann damit, die Einschnitte an den Gelenken zu untersuchen, so wie ich es schon bei den Knochen von Trottier und Gagnon getan hatte. Ich beschrieb und vermaß jeden Schnitt und machte Abgüsse von den falschen Ansätzen. Ebenso wie bei den anderen beiden Skeletten hatte der Täter mit Messer und Säge gearbeitet. Unter dem Mikroskop sahen die Einschnitte an allen drei Toten hinsichtlich ihrer Lage und Spuren der Werkzeuge ziemlich ähnlich aus.
    Die Hände der Frau waren an den Handgelenken abgesägt worden, alle anderen Glieder hatte der Mörder fachgerecht abgetrennt. An der Wirbelsäule fand ich auch hier Messerspuren, die von einem tiefen Schnitt in den Bauch der Frau zeugten. Obwohl der Kopf und die oberen Halswirbel fehlten, zeigten die Spuren am sechsten Halswirbel, daß sie enthauptet worden war. Der Täter war also seiner Vorgehensweise treu geblieben.
    Nachdem ich die Knochen wieder verpackt hatte, ging ich zurück in mein Büro. Auf dem Weg schaute ich bei Lucie vorbei, aber jetzt war sie mitsamt der japanischen Delegation verschwunden. Ich klebte ihr eine Notiz an den Bildschirm.
    Während meiner Abwesenheit hatte natürlich Calvert angerufen. Gerade als ich den Hörer abnahm, um ihn zurückzurufen, stand Lucie Dumont mit vor der Brust gefalteten Händen in der Tür.
    » Vous avez laissé un message pour moi, Dr. Brennan?« fragte sie mit einem raschen Lächeln.
    Sie war dünn wie eine Suppe im

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