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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Osteoporose, besonders dafür, ob soziale Umstände Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf haben. Wir arbeiteten mit Versuchstieren, hauptsächlich Rhesusaffen, die wir in Gruppen sozialem Streß aussetzten und an denen wir dann den Knochenschwund maßen.«
    »Haben Sie jemals mit Wildtieren gearbeitet?«
    »Nur mit Inselkolonien.«
    »Tatsächlich?« Die bernsteinfarbenen Augenbrauen hoben sich interessiert.
    »Auf Cayo Santiago in Puerto Rico. Und dann habe ich mehrere Jahre an einer Forschungsstation auf Morgen Island vor der Küste von South Carolina gelehrt.«
    »Waren dort Rhesusaffen?«
    »Ja, Dr. Bailey, aber ich bin eigentlich hier, um etwas über den Affen zu erfahren, der aus Ihrem Labor verschwunden ist.«
    Bailey ignorierte meinen nicht allzu eleganten Übergang. »Wie sind Sie denn von Affen auf Leichen gekommen?«
    »Über die Skelette. Affen haben ähnliche Knochen wie Menschen.«
    »Stimmt, das haben sie.«
    »Nun, wie war das mit dem Affen?«
    »Dazu kann ich Ihnen nicht allzu viel sagen.« Er rieb seine Turnschuhe aneinander, beugte sich vor und wischte sich irgendetwas von seinem Hosenbein. »Eines Morgens war der Käfig einfach leer. Wir dachten, daß vielleicht jemand den Riegel nicht richtig eingehakt hat und daß Alsa – so hieß der Affe – deshalb die Tür aufmachen konnte. Diese Tiere sind blitzgescheit und verfügen mit ihren kleinen Händchen über eine phänomenale Fingerfertigkeit. Nun, jedenfalls suchten wir das ganze Gebäude nach Alsa ab und verständigten schließlich die Campuspolizei. Wir taten alles, was man in einem solchen Fall tun kann, aber Alsa blieb verschwunden, bis ich eines Tages den Artikel in der Zeitung las. Der Rest dürfte Ihnen bekannt sein.«
    »Was für Experimente haben Sie mit Alsa durchgeführt?«
    »Eigentlich gehörte sie nicht zu meinen Projekten. Eine meiner Studentinnen arbeitete mit ihr. Meine Forschungen befassen sich mit dem Kommunikationssystem der Tiere unter besonderer, aber nicht ausschließlicher Berücksichtigung der Pheromone und anderer olfaktorischer Signalstoffe.«
    An der veränderten Tonlage und der Verwendung von Fachjargon erkannte ich, daß er diese Zusammenfassung schon etliche Male zuvor an den Mann oder die Frau gebracht hatte. Vermutlich war es seine übliche Standardformulierung, wenn er sich und seine Arbeit vorstellte. Solche Formulierungen richten sich alle nach dem M.e.m.e.-Prinzip: Möglichst einfach, möglichst eindrucksvoll. Sie werden bei Cocktailparties, Treffen mit Sponsoren und anderen gesellschaftlichen Ereignissen gerne verwendet. Wir alle haben eine solche Formulierung, und er hatte mich gerade mit seiner bekannt gemacht.
    »Was war das für ein Projekt?« bremste ich seine Selbstdarstellung. Er hatte sich jetzt schon genügend in Szene gesetzt.
    Bailey lächelte trocken und schüttelte den Kopf. »Es ging darum, inwieweit amerikanische Affen fähig sind, eine Sprache zu erlernen. Daher hat Alsa auch ihren Namen: L’Apprentissage de La Langue du Singe Americain. Kurz ALSA. Marie-Lise wollte Quebecs Antwort auf Penny Patterson werden, und aus Alsa hätte sie gerne die KoKo unter den südamerikanischen Affen gemacht.« Bailey fuchtelte mit einem Kugelschreiber in der Luft herum, schnaubte verächtlich und ließ den Arm wieder sinken und mit einem satten Geräusch auf den Schreibtisch fallen. Ich sah ihm ins Gesicht. Es sah entweder müde oder entmutigt aus. Was von beiden wirklich der Fall war, konnte ich nicht sagen.
    »Wer ist Marie-Lise?«
    »Die Studentin.«
    »Und hatte sie Erfolg mit ihrer Arbeit?«
    »Das kann niemand sagen, denn dazu hatte sie viel zu wenig Zeit. Das Projekt war noch keine fünf Monate alt, als der Affe verschwand.« Wieder ein trockenes Lächeln. »Und Marie-Lise tat es ihm bald darauf nach.«
    »Hat sie ihr Studium abgebrochen?«
    Er nickte.
    »Wissen Sie, weshalb?«
    Bailey dachte lange nach, bevor er mir antwortete. »Marie-Lise war eine gute Studentin. Ich bin mir ziemlich sicher, daß sie einen guten Abschluß gemacht hätte. Das Studium hat ihr großen Spaß gemacht. Nach Alsas Tod war sie am Boden zerstört, aber ich glaube nicht, daß das der Auslöser war.«
    »Was war es dann?«
    Bailey kritzelte kleine Dreiecke auf eines der Hefte. Ich ließ ihm Zeit.
    »Sie hatte einen Freund, der nicht damit einverstanden war, daß sie studierte. Er hat sie ziemlich unter Druck gesetzt. Marie-Lise hat nur ein oder zweimal mit mir darüber gesprochen, aber ich glaube, daß sie sehr darunter

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