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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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gefunden?«
    »Was für Teile.«
    »Nun ja, Alsa wurde schließlich…« Jetzt war es an mir, mich möglichst einfach auszudrücken. »… zerstückelt. Manche Körperteile waren nicht in der Sporttasche, in der man das tote Tier gefunden hat. Ich frage mich, ob sie vielleicht hier aufgetaucht sind.«
    »Was fehlte denn überhaupt?« Baileys rosafarbenes Gesicht sah mich fragend an.
    »Ihre rechte Hand, zum Beispiel. Sie wurde direkt am Handgelenk abgetrennt.«
    Es gab keinen Grund, ihm zu erzählen, daß mehrere Frauen auf dieselbe Weise verstümmelt worden waren und daß ich nur deshalb hier war.
    Dr. Bailey schwieg eine Weile. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und starrte an die Decke. Seine Wangen waren jetzt mehr rhabarber- als himbeerfarben. In dem Regal hinter ihm gab ein kleiner Radiowecker ein leises, summendes Geräusch von sich.
    Nach einer kleinen Ewigkeit brach ich das Schweigen.
    »Wie beurteilen Sie die ganze Sache eigentlich im nachhinein? Was, glauben Sie, ist wirklich passiert?«
    Bailey antwortete mir nicht sofort. Als ich schon dachte, er würde mein Frage einfach ignorieren, sagte er doch noch: »Ich glaube, daß es einer von diesen Mutanten aus der Gosse war, von denen es in der Nähe der Universität leider viel zu viele gibt.«
    Zunächst glaubte ich, daß das seine abschließenden Worte waren, denn er saß ganz ruhig da und atmete tief. Dann fügte er im Flüsterton etwas an, das ich nicht auf Anhieb verstand.
    »Wie bitte?« fragte ich.
    »Marie-Lise hatte etwas Besseres verdient.«
    Das war eine etwas seltsame Bemerkung, fand ich, enthielt mich aber jeglichen Kommentars. Die Hauptleidtragende war schließlich Alsa gewesen. Auf einmal schrillte ohne Vorwarnung draußen auf dem Gang eine Glocke. Ich sah auf die Uhr. Es war genau zehn.
    Nachdem ich Dr. Bailey eine belanglose Antwort auf seine Frage nach meinem Interesse für einen seit vier Jahren toten Affen gegeben hatte, bat ich ihn, mich anzurufen, falls ihm noch etwas zu der Sache einfiele. Dann dankte ich ihm für seine Geduld, verabschiedete mich und ging. Ais ich sein Büro verließ, starrte er wieder an die Decke, und ich vermutete, daß er in Gedanken wieder irgendwo in der Vergangenheit war.
     
    Weil ich mit der Main noch immer nicht vertraut war, hatte ich meinen Wagen an derselben Stelle wie neulich geparkt. Keine Experimente, sage ich mir immer. Das letzte Mal war ich auf meiner großen Gabby-Suchexpedition hier gewesen. Obwohl erst zwei Tage vergangen waren, kam es mir wie eine halbe Ewigkeit vor.
    Jetzt war es merklich kühler als damals, und es regnete immer noch ganz leicht. Als ich die Universität verließ, zog ich den Reißverschluß meiner Jacke zu und machte mich auf den Weg zu meinem Wagen. Ich ging auf der Rue St. Denis an einer ganzen Reihe von schicken Boutiquen und Bistros entlang nach Norden. Obwohl die beiden Straßen nur ein paar Blocks voneinander entfernt liegen, trennen Welten die Rue St. Denis vom Boulevard St. Laurent. Erstere wird eher von jüngeren Leuten mit viel Geld frequentiert, die hier Ausschau nach einem Kleid, silbernen Ohrringen, einem Partner fürs Leben oder einer Affäre für eine Nacht halten. Die Rue St. Denis ist eine Straße der Träume, wie es sie wohl in jeder größeren Stadt gibt. Montreal hat sogar zwei dieser Straßen: Die Crescent Street für die englischsprachigen und die Rue St. Denis für die französischsprachigen Einwohner.
    Als ich an der Rue de Maisonneuve an der Fußgängerampel stand, sah ich rechts von mir den Busbahnhof, hinter dem man die sterblichen Überreste des Affen Alsa gefunden hatte. Wer immer das Tier getötet hatte, er hatte sich nicht weit von der Universität seines Kadavers entledigt. Vermutlich hatte Bailey recht mit seiner Annahme, daß jemand aus der Umgebung den Affen auf dem Gewissen hatte.
    Ich beobachtete ein junges Paar, das aus der U-Bahn kam. Die beiden rannten ganz nah aneinandergedrängt durch den Regen.
    Es könnte natürlich auch ein Pendler getan haben, dachte ich. Genau, Brennan, der Typ klaut sich einen Affen, nimmt ihn in der U-Bahn mit nach Hause, tötet und zerlegt ihn und bringt ihn dann in der Metro wieder zurück zum Busbahnhof. Tolle Idee.
    Als die Ampel grün zeigte, überquerte ich die Rue St. Denis und folgte dem Boulevard de Maisonneuve nach Westen. Noch immer dachte ich über mein Gespräch mit Dr. Bailey nach. Irgendetwas an dem Professor hatte mich beunruhigt. Aber was? War es, daß

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