Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan
Claudel am Ende recht, und es gab gar keine Verbindung zwischen den Morden? Litt ich langsam unter Wahnvorstellungen? Vielleicht war Alsas Mörder ein Sammler von Tierpfoten. Oder ein durchgeknallter Fan von Edgar Allan Poe. Klack. Und wieso ein er? Warum keine sie?
Als ich den Wagen um viertel nach elf in die Garage fuhr, fühlte ich mich bis ins Mark hinein erschöpft. Kein Wunder, denn schließlich war ich seit achtzehn Stunden auf den Beinen gewesen. Heute nacht würde mich nicht einmal ein Hotdog am Schlafen hindern.
Birdie hatte nicht auf mich gewartet, sondern lag, wie immer, wenn er alleine war, zusammengerollt in dem kleinen, hölzernen Schaukelstuhl neben dem Kamin. Als er mich hörte, blickte er auf und blinzelte mich mit seinen runden, gelben Augen an.
»Hallo Bird, wie war denn dein Katzentag heute?« schnurrte ich und kraulte ihn unter dem Kinn. »Machst du dir eigentlich auch manchmal so blöde Gedanken wie ich?«
Birdie schloß die Augen und streckte seinen Hals. Ich wußte nicht, ob er das tat, um meinen Liebkosungen zu entgehen oder um sie noch mehr zu genießen. Als ich meine Hand zurückzog, gähnte er herzhaft, legte den Kopf wieder auf die Pfoten zurück und sah mich mit halb gesenkten Augenlidern an. Ich ging ins Schlafzimmer und wußte, daß er mir irgendwann in der Nacht dorthin folgen würde. Ich löste die Spangen aus meinem Haar, schälte mich aus den Kleidern und ließ mich ins Bett fallen.
Es dauerte nicht lange, bis ich in tiefen und traumlosen Schlaf gesunken war. Weder Gespenster noch quälende Gedanken suchten mich heim. Irgendwann einmal spürte ich etwas Warmes und Schweres auf meinen Beinen und wußte, daß Birdie ins Bett gekommen war. Gleich darauf glitt ich wieder hinüber in die schwarze Leere des Schlafs.
Dann wachte ich auf einmal mit klopfendem Herzen und weit offenen Augen auf. Ich hatte schreckliche Angst und wußte nicht weshalb. Der Übergang war so abrupt, daß ich mich erst einmal orientieren mußte.
Im Zimmer war es stockdunkel, nur die Leuchtziffern des Radioweckers sagten mir, daß es ein Uhr siebenundzwanzig war. Birdie war verschwunden. Ich lag mit angehaltenem Atem in der Finsternis und lauschte in die Stille. Warum signalisierte mir mein Körper auf einmal höchste Alarmstufe? Hatte ich etwas gehört? Aber was? Hatte Birdie etwas bemerkt und war aus dem Bett gesprungen? Wo war er? Sonst schlich er doch auch nicht nachts in der Wohnung herum.
Ich versuchte, mich zu entspannen und lauschte noch angestrengter, aber das einzige Geräusch, das ich hörte, war mein eigener Herzschlag. In der Wohnung war es unheimlich still.
Und dann hörte ich es. Es war ein leises Klicken, gefolgt von einem nicht viel lauteren metallischen Klacken. Ich lag da wie gelähmt und wagte nicht zu atmen. Ich zählte bis zehn, bis fünfzehn, bis zwanzig. Eine der Leuchtzahlen auf dem Radiowecker sprang um. Gerade dachte ich, ich hätte mir das Geräusch bloß eingebildet, als ich es wieder hörte. Klick. Klack. Ich preßte die Backenzähne wie einen Schraubstock aufeinander und ballte die Hände zu Fäusten.
War jemand in meiner Wohnung? Im Lauf der Zeit waren mir die normalen nächtlichen Geräusche hier vertraut geworden. Dieses Klicken und Klacken war etwas anderes. Es war ein akustischer Eindringling. Es gehörte nicht hierher.
So leise wie möglich schlug ich die Decke zur Seite und schlüpfte aus meinem Bett. Ich war froh, daß ich meine Kleider einfach vor dem Bett auf den Boden hatte fallen lassen, denn nun fand ich rasch meine Jeans und mein T-Shirt und konnte sie mir überziehen, bevor ich auf Zehenspitzen zur Tür schlich.
Dort blieb ich kurz stehen und suchte nach irgendeiner Waffe, aber ich fand keine. Der Mond verbarg sich hinter den Wolken, aber das Licht einer Straßenlaterne drang durch das Fenster des zweiten Schlafzimmers herein und tauchte den Gang in ein schwaches Dämmerlicht. Ich tastete mich an den Badezimmern vorbei in Richtung auf die Tür zum Innenhof. Alle paar Schritte blieb ich stehen und lauschte mit angehaltenem Atem und weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Als ich an der Küchentür war, hörte ich es wieder. Klick. Klack. Es kam aus der Nähe der Glastür, die nach draußen führt.
Ich ging nach rechts in die Küche und schaute durchs Fenster hinaus auf die Terrasse. Dort bewegte sich nichts. Ich verfluchte meine Abneigung gegen Schußwaffen und suchte in der Küche nach etwas, womit ich mich gegebenenfalls verteidigen könnte. Groß war
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