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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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abhanden gekommen war.
    Seine Vehemenz überraschte mich. Ich fragte mich, ob ihn die Abscheulichkeit des Verbrechens so erregte oder darüber hinaus auch die Tatsache, daß der Täter ein religiöses Objekt entweiht hatte. Bestimmt war Charbonneau, wie die meisten Menschen in der Provinz Quebec, traditionell katholisch erzogen worden und hatte in seiner Kindheit sämtliche Dogmen der Kirche eingetrichtert bekommen. Auch wenn sich viele Menschen später von dieser Erziehung emanzipieren, so bleibt ihnen doch häufig eine Achtung der religiösen Symbole. Auch Leute, die sich nie ein Kreuz in die Wohnung hängen würden, hätten Hemmungen, eines zu verbrennen. Obwohl ich in einem anderen Land und mit einer anderen Sprache aufgewachsen war, konnte ich das gut verstehen. In dieser Hinsicht sind die Menschen überall gleich. Uralte Traditionen sterben eben nur langsam aus.
    Wieder schwiegen wir lange, bis LaManche etwas sagte. Er wählte seine Worte sorgfältig. Ich konnte nicht sagen, ob ihm die Tragweite dessen, was wir soeben gesehen hatten, bewußt war. Mir jedenfalls war sie das nicht. Obwohl sein Ton milder war als der, den ich gewählt hätte, sprach er mir aus der Seele.
    »Mr. Charbonneau, ich finde, daß Sie und ihr Kollege sich so bald wie möglich mit Dr. Brennan und mir zusammensetzen sollten. Sicher ist Ihnen aufgefallen, daß es in diesem Fall ein paar beunruhigende Parallelen zu einigen anderen Morden gibt.«
    Er hielt inne, damit Charbonneau über das Gehörte nachdenken und im Geist seinen Terminkalender durchgehen konnte.
    »Die Autopsie wird noch bis heute Abend dauern, und morgen ist ein Feiertag. Wäre es Ihnen am kommenden Montag recht?«
    Der Detektive sah erst LaManche, dann mich mit ungerührtem Gesicht an. Ich konnte nicht sagen, ob er nicht richtig zugehört hatte oder ob er von den anderen Fällen wirklich nichts wußte. Ich traute es Claudel ohne weiteres zu, daß er seinem Kollegen nichts von meinen Überlegungen erzählt hatte. Charbonneau ließ sich nichts anmerken.
    »Ich werde sehen, was sich machen läßt«, sagte er.
    LaManche hielt seine melancholischen Augen auf Charbonneau geheftet und wartete.
    »Okay, okay. Wir kommen. Aber jetzt muß ich wirklich los und mich um die Fahndung nach diesem Drecksack kümmern. Wenn Claudel mich sucht, sagen Sie ihm, daß ich gegen acht im Präsidium bin.«
    Charbonneau war so durcheinander, daß er LaManche gegenüber nicht einmal auf französisch umgeschaltet hatte. Er würde eine Menge mit Claudel zu besprechen haben.
    Noch bevor Charbonneau richtig aus der Tür war, fuhr LaManche mit der Autopsie fort. Der Rest war Routine. Er öffnete mit einem Y-förmigen Schnitt die Brust und nahm die Organe heraus, die er dann wog und einzeln untersuchte. Die Position der Statue wurde ebenso genau beschrieben wie der Schaden, den sie in der Scheide der Toten angerichtet hatte. Dann nahm Daniel ein Skalpell und schnitt rings um den Schädel die Haut ein. Er klappte das Gesicht nach vorn, die Kopfhaut nach hinten und entfernte mit einer kleinen Stichsäge ein Stück der Schädeldecke. Ich trat einen Schritt zurück und hielt den Atem an, als sich der Raum mit dem Kreischen der Säge und dem Geruch von verschmorten Knochen füllte. Das Gehirn der Toten sah normal aus bis auf ein paar dunkle Klümpchen, die wie Kaulquappen auf der glänzenden, grauen Hirnmasse hockten. Es waren die subduralen Hämatome, die von den Schlägen auf den Kopf herrührten.
    Ich wußte, was die Quintessenz von LaManches Autopsiebericht sein würde. Das Opfer war eine gesunde junge Frau, an deren Körper keinerlei Anzeichen für körperliche Abnormalitäten oder Krankheiten zu entdecken waren. Ein unbekannter Täter hatte ihr mindestens fünfmal so stark auf den Schädel geschlagen, daß mehrere Knochenbrüche und geplatzte Blutgefäße die Folge gewesen waren. Dann hatte er ihr eine Statue in die Vagina gestopft, ihr den Bauch aufgeschlitzt und eine Brust abgeschnitten.
    Ein Schauder durchlief mich, als ich mir die Qualen der jungen Frau vorstellte. Daß das zerfetzte Gewebe ihrer Vagina stark geblutet hatte, war ein Beweis dafür, daß Margaret Adkins noch am Leben gewesen war, als der Täter ihr die Statue in den Unterleib gerammt hatte.
    »… sagen Sie Daniel, was Sie brauchen, Temperance.«
    Ich hatte LaManche nicht zugehört, aber seine Stimme riß mich aus meinen Gedanken. Er war offenbar mit seinen Untersuchungen fertig und schlug vor, daß ich meine Knochenproben entnehmen

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