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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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griechischen Inseln erinnerte.
    Schließlich das Opfer. Es lag in einem kleinen Zimmer links von der Eingangstür, von dem aus man in ein Gästeschlafzimmer und die Küche kam. Durch die offene Küchentür sah ich einen Tisch mit Resopalplatte, auf dem mehrere Untersetzer aus Plastik lagen. Im Zimmer mit der Leiche gab es einen Fernseher, ein Sofa und ein Sideboard. Und die tote Margaret Adkins.
    Sie lag mit weit gespreizten Beinen auf dem Rücken und war vollständig bekleidet. Allerdings hatte der Mörder das Oberteil ihres Trainingsanzugs bis weit über ihren Kopf hochgezogen und ihr damit gleichzeitig die nach oben gestreckten Arme zusammengedrückt. Die Hände hingen schlaff über den Rand der Trainingsjacke hinaus. Mich erinnerte die Haltung der Toten an die dritte Stellung, wie sie Ballettelevinnen bei ihrem ersten Auftritt einnehmen.
    Der Schlitz in ihrer Brust klaffte tief und war trotz des vielen Blutes, das die Leiche und große Teile des Zimmers wie ein dunkelroter Schleier überzog, genau zu erkennen. An der Stelle, wo sich einmal der linke Busen befunden hatte, war in der Brust ein purpurrotes Viereck zu sehen, an dessen Ecken sich blutige Messerschnitte kreuzten. Die Wunde erinnerte mich an die Öffnungen im Schädel, die ich an historischen Maya-Totenköpfen gesehen hatte. Diese Verstümmelung hier hatte allerdings nicht dazu gedient, Schmerzen zu lindern oder böse Geister zu befreien. Der böse Geist, der hier gewütet hatte, hatte sich bestimmt nicht in Margaret Adkins befunden. Er war vielmehr über die junge Frau hergefallen, um einer perversen, verkorksten Seele für eine Weile Erleichterung zu verschaffen.
    Dabei hatte der Täter die Trainingshose der jungen Frau nach unten gezogen, so daß sich der elastische Bund über die Knie spannte. Blut war zwischen den Schenkeln der Toten nach unten gelaufen und hatte am Boden eine Pfütze gebildet. Margaret Adkins trug noch immer Socken und Turnschuhe.
    Wortlos steckte ich die Photos zurück in den Umschlag und gab ihn Charbonneau.
    »Ziemlich brutal, oder?«, fragte er und entfernte einen Tabakkrümel von seiner Unterlippe. Nachdem er ihn eingehend inspiziert hatte, schnippte er ihn fort.
    »Stimmt.«
    »Das Arschloch hält sich wohl für einen gottverdammten Chirurgen. Ich hasse diese Messercowboys.« Er schüttelte den Kopf.
    Ich wollte gerade etwas auf seine Worte erwidern, als Daniel mit den Röntgenbildern kam und sie an eine Leuchtfläche an der Wand klipste.
    Wir sahen die Bilder, die mit Margaret Adkins’ Kopf begannen, eines nach dem anderen an. Wenn Daniel eine neue Aufnahme an die Leuchtwand befestigte, gab der Film ein Geräusch wie weit entferntes Donnergrollen von sich. Die frontalen und seitlichen Aufnahmen des Schädels zeigten mehrfache Frakturen. An Schultern, Armen und Brustkorb war nichts Außergewöhnliches zu sehen. Aber dann kamen wir zu dem Röntgenbild, das Margaret Adkins’ Becken zeigte, und zuckten alle gleichzeitig zusammen.
    »Ach du Scheiße«, sagte Charbonneau.
    »Gott im Himmel.«
    »Was ist denn das?«
    Dann starrten wir schweigend auf die kleine menschliche Figur, die hell aus Margaret Adkins’ Unterleib hervorleuchtete. Es gab nur eine einzige Erklärung dafür. Der Mörder mußte die Statue in die Vagina geschoben und so hoch in die Leibeshöhle gestoßen haben, daß sie von außen nicht mehr zu sehen war. Ihr Anblick rief ein Gefühl in mir hervor, als würde jemand mit einem glühenden Schürhaken in meinen Eingeweiden herumstochern. Unwillkürlich griff ich mir an den Bauch. Mein Herz hämmerte von innen gegen die Rippen. Ich konnte die Augen nicht von dem Röntgenfilm nehmen.
    Die kleine Statue, deren weiße Umrisse einen starken Kontrast zu der dunkelgrauen Masse der sie umgebenden Organe bildeten, hatte den Kopf gesenkt wie eine steinzeitliche Venusfigur.
    Eine ganze Weile sagte niemand etwas. Im großen Autopsiesaal war es mucksmäuschenstill.
    »Ich habe sowas schon mal gesehen«, sagte Daniel schließlich und schob sich mit einer entschlossenen Handbewegung die Brille auf die Nase. Dabei verzog sich sein zuckendes Gesicht wie das einer Gummipuppe.
    »Das ist die Madonna von sowieso. Sie wissen schon. Die Jungfrau Maria.«
    Wir alle besahen uns noch einmal die Figur auf dem Röntgenbild. Das Vorhandensein der Statue ließ das Verbrechen noch aggressiver und obszöner erscheinen.
    »Dieser Hurensohn ist wirklich völlig durchgeknallt«, sagte Charbonneau, dem seine übliche Abgebrühtheit gründlich

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